Pisa-Studie: Spitzenreiter Finnland und die Pädagogik Rudolf Steiners

01.06.2002

Pisa-Studie: Spitzenreiter Finnland und die Pädagogik Rudolf Steiners

Die sogenannte Pisa-Studie (In 32 Industrieländern durchgeführte OECD-Vergleichsstudie zum Bildungserfolg von 15jährigen) hat einiges durcheinander gebracht. Für den Grossteil der Bildungsverantwortlichen Europas sind ihre Ergebnisse ernüchternd wenn nicht gar nieder- schmetternd. Am besten abgeschnitten hat - wer hätte das gedacht? - eine kleine Schule in Finnland. Ihr "Erfolgsrezept" müsste interessieren. In der Presse war unlängst denn auch einiges darüber zu erfahren. Hier wird, so war etwa zu lesen, nach der "Zauberformel: 6x6x6" unterrichtet. Sie besagt, dass das Schuljahr in sechs 6wöchige Perioden aufgeteilt wird, in welchen jeweils (während 6 Stunden die Woche) schwergewichtsmässig nur zwei bis drei Hauptfächer unterrichtet werden. Das heisst: Für alle Hauptfächer gibt es immer mal wieder längere Phasen, wo sie überhaupt nicht im Stundenplan erscheinen. Mehr Effizienz und eine Vertiefung des Lernprozesses wird damit angestrebt, was die Studie den finnischen Schulen denn auch attestiert.

So neu und gewagt ist diese Methode aber nun wohlgemerkt auch wieder nicht, wird sie doch in den 800 Rudolf Steiner-Schulen rund um die Welt schon seit bald einmal 80 Jahren praktiziert. "Epochenunterricht" nennt man die gleiche Einrichtung hier. Ein Unterschied besteht allerdings: Das jeweilige Hauptfach wird täglich sogar während zwei Stunden (jeweils 8 - 10 Uhr) unterrichtet. In Finnland ist es, wie gesagt, jeweils eine Stunde am Tag. Das Entscheidende aber, dass Fächer vorübergehend überhaupt nicht im Stundenplan erscheinen, wird in den Rudolf Steiner-Schulen genau so gehandhabt.

Dass man durch "Vergessen" besser, das heisst auch nachhaltiger lernt, ist eine von der Hirn physiologie (Frédéric Vester) längst belegte Tatsache. Das heisst: In den Ruhephasen kann sich das Erworbene vorerst einmal setzen. "Vergessen" heisst eben keineswegs, dass das Erlernte damit unwiederbringlich dem Bewusstsein entschwindet. Es sinkt nur in andere Bereiche ab, um von dort - einmal wieder abgerufen - verwandelt, das heisst auch individualisiert und gefestigt wieder ins Bewusstsein zurückzukehren.

Andere Besonderheiten des finnischen Schulsystems wären da noch: Alle Kinder werden mit sieben Jahren eingeschult. Nicht früher. Die ersten neun Schuljahre bringen die Schülerinnen und Schüler in einer sogenannten Gesamtschule zu. (Das heisst: Keine Leistungsdifferenzierung; alle bleiben zusammen.) Noten gibt es frühestens ab dem 7. Schuljahr. Der übertrittsbedingte Leistungsdruck entfällt damit in den unteren Klassen. Dass überdies die finnischen Schulen selbstverwaltet sind und den Lehrkräften absolute Methodenfreiheit zugestanden wird, mag an ihrem guten Abschneiden im europäischen Vergleich gewiss mitbeteiligt sein.

Was anzumerken bliebe: Die oben erwähnten "Besonderheiten" des finnischen Schulsystems sind in den Waldorf- (oder Rudolf Steiner-) Schulen weltweit genauso anzutreffen.

Weiterführende Links:


Quelle: Freier Pädagogischer Arbeitskreis (FPA), außerdem die drei, 2002/6,76