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Dieter Brüll
In der Rubrik Themen wird der Stand der Diskussion über den Beitrag von Dieter Brüll zur sozialen Dreigliederung wiedergegeben. Hier finden Sie hingegen eine Liste seiner Texte zur sozialen Dreigliederung.
Fachlich
Studium der Wirtschaft, Politik und Soziologie. Tätig im Bereich Steuerrecht, Steuersoziologie und Steuerberatung. Außerordentlicher Professor für Steuerrecht an der Katholischen Hochschule Tilburg. Mitbegründer des Internationalen Kulturzentrums Achberg, Kuratoriumsmitglied der „Aktion Dritter Weg“, Mitbegründer der Triodosbank. Mit seinem Sohn Ramon Brüll Gründer der Zeitschrift „Info3“. Dozent an einem freien Lehrgang für Dreigliederung in Holland. Dozent am Priesterseminar der Christengemeinschaft in Stuttgart.
Menschlich
Dieter Brüll wurde in eine deutsch-jüdische Familie hineingeboren; der Vater war Jude. Mit zwölf Jahren – die Deutschen hatten Holland besetzt – geriet er an der Schule in Konflikte mit den Nazis und wurde aus der Schule geworfen. Auf eigenen Wunsch ging er 1934 an die Freie Waldorfschule in Stuttgart und, nachdem die Eltern nach Holland ausgewandert waren, dort auf die Waldorfschule. 1944 war er, wegen der Verbreitung von Propagandamaterial, mehrere Wochen im Gefängnis. Dem Konzentrationslager konnte er knapp entgehen.
Er war beeinflusst von den Ideen Karl Königs, dem er 1956 begegnete. Es wurde ihm immer mehr zum Anliegen, die Ideen der Dreigliederung, so wie er sie verstand, mit der Christologie Rudolf Steiners zu verbinden.
Kritik
Für Dieter Brüll stand das geistige Recht über dem irdischen Geistes-, Wirtschafts- und Rechtsleben. In diesem vierten Gebiet sah er die einzige Quelle des Sozialen, in den drei anderen Gliedern dagegen das reine Unsoziale. → Weiterlesen
Sylvain Coiplet
Zitate
Dieter Brüll [1984] Der anthroposophische Sozialimpuls – Ein Versuch seiner Erfassung
S. 35: „Wir dürfen daraus jetzt den Schluß ziehen, daß das Recht, in seinem vollen Umfang verstanden, mit dem Sozialen zusammenfällt.“
S. 181: „Steiner selbst hat nur den Makroplan explicite behandelt. Erschöpft die Dreigliederung sich darin?“
S. 181: „Auch wenn sie dem Menschen abgelesen ist und darum immer wieder auf den Menschen hingewiesen wird, konnte damit keine mikrosoziale Dreigliederung gemeint sein. Es gibt sie nämlich nicht als Ordnungsprinzip, weil es kein innermenschliches Rechtsleben gibt. [...] Zum Rechtsleben sind immer mindestens zwei Personen nötig. [...] [Der] sozialen Dreigliederung [fehlt] der Mikroplan vollständig.“
S. 181-185: „[Die soziale Dreigliederung] kann sich hingegen ganz auf dem Mesoplan ausprägen. [...] Sowie wir uns aber in die konkreten Probleme vertiefen, stellt sich [...] gerade das Grundprinzip der sozialen Dreigliederung – die vollständige Autonomie der drei Gebiete –, als Zerstörer der Institutionen sowohl des Wirtschafts- wie des Geisteslebens heraus. [...] Andererseits aber mußte oben festgestellt werden, daß im Mesobereich keine vollständige Dreigliederung bestehen kann, weil immer ein Faktor überwiegt, d.h. von drei ganz selbständigen Organen innerhalb einer Institution nicht die Rede sein kann. Dadurch entsteht ein ernstes Problem. Durch die Mitarbeiter selber und ihre menschlichen Beziehungen ist die dreifache Totalität des sozialen Organismus in jeder Institution gegeben. Den Ansprüchen, die diese stellt, kann aber mit einer beschränkten Dreigliederung nicht voll entsprochen werden. Eine zweite, nicht weniger schwerwiegende Herausforderung tritt an die Institutionen heran, wenn Gesetze Forderungen und Verpflichtungen beinhalten, die dem eigenen Rechtsempfinden der Mitarbeiter widerstreben. Insoweit fehlt tatsächlich ein eigenes, selbständiges Rechtsleben, beziehungsweise wird das eigene Rechtsleben eingeengt.“
Mesodreigliederung und Demokratismus
S. 176: „Darum sollte jede gesunde Institution drei Gremien enthalten, für jedes der drei sozialen Glieder eines. Es sollte jedes anders, nämlich nach seiner Eigentümlichkeit, gestaltet sein. Im Wirtschaftsorgan sollen Erfahrungen im Dienste einer gemeinsamen Sache zusammenfliessen, die die Grundlage für einen Entschluss, niemals aber den Entschluss selber abgeben können. Im Organ des Geisteslebens sollen Ideen aufeinanderprallen, die zwar den anderen überzeugen wollen, aber aus Respekt vor der Freiheit des anderen sich ebenfalls niemals zu einem Entschluss auskristallisieren dürfen. Entschlüsse gehören in ein Rechtsorgan hinein.“
Dreigliederung als leere Form (Raum)
S. 163-166: „Der Dreigliederungsgedanke hat keine inhaltliche Bestimmung: [...] Mit dem Inhalt dessen, was dann innerhalb der einzelnen Glieder entsteht, hat aber Dreigliederung nichts zu tun.“
Viergliederung als Weg (Zeit)
S. 60: „Über die den irdischen Sozialkörper bildenden drei Gebiete erhebt sich ein viertes, geistiges Gebiet, das als Quelle des Sozialen in den Sozialorganismus hereinragt. Wir haben jetzt ein viertes Strukturelement gefunden. Auf der einen Seite stehen einander Geistes- und Wirtschaftsleben gegenüber, auf der anderen Seite Rechtsquelle und Gesetzesleben.“ Und kurz davor: „Man kann diesen Gang zum Quell des Rechtes als einen sozialen Entwicklungsweg erleben. Dann aber erscheint die soziale Frage nicht mehr dreigliedrig, sondern viergestaltig.“
Soziales Hauptgesetz (Trennung von Arbeit und Einkommen)
S. 39: „Rein wirtschaftlich kann mein Anteil am Erlös unserer Leistung nicht mehr festgestellt werden. Rechtlich gesehen soll er es nicht.“
S. 44: Es „werden Hunderte von Gesetzen erlassen, die Hunderttausende von Beamten benötigen – statt des einen Gesetzes, das das Einkommen zu einer Rechtsfrage macht.“
S. 165: „Erst wenn Arbeit und Einkommen auseinandergegliedert sind, kann die Einkommensfrage zu einer Rechtsfrage werden [...].“