Hessnatur: Genossenschaft gibt auf - Mitglieder suchen neue Aufgaben

06.03.2014

Aus aktuellem Anlass veröffentlichen wir hier eine Pressemitteilung der Genossenschaft hnGeno. Nachdem die neuen Eigentümer nun ein letztes Kaufangebot Seitens der Genossenschaft unbeantwortet ließen, ist der Rettungs-Plan für Hessnatur demnach endgültig gescheitert. "Das Unternehmen, das spätestens in vier Jahren von Capvis verkauft wird, ist bzw. wird auf eine Weise verändert, dass es für eine Genossenschaft mit den Zielen der hnGeno keinen Wert mehr darstellt", heisst es in der Pressemitteilung. Die Genossenschaft zahlt nun die Treuhandgelder an die Treugeber zurück.

Die Genossenschaft war von Kunden und Mitarbeitern gegründet worden, um die Übernahme des einstigen Öko-Pioniers Hessnatur durch einen Private-Equity-Fonds zu verhindern, und "hessnatur der Verantwortung der fähigen Mitarbeiter und langjährigen Kunden zu übergeben, um es im gemeinsamen Interesse für eine nachhaltige und solidarische Wirtschaft zu einem Vorzeige-Unternehmen aufzubauen." Mitarbeiter des Instituts für soziale Dreigliederung unterstützen dieses Anliegen, indem sie den Hessnatur-Kunden mit wir-sind-die-konsumenten.de ein Sprachrohr verliehen.

Pressetext:

Liebe Treugeberinnen und Treugeber, liebe Freunde der hnGeno,

seit Sommer 2012 ist hessnatur im Besitz des Finanzinvestors Capvis und – dem Vernehmen einiger Presseveröffentlichungen nach – der hessnatur-Geschäftsführung um Marc Sommer, die ebenfalls an dem Versandhaus beteiligt sind. Im Dezember 2013 starteten wir einen letzten Versuch, hessnatur zu kaufen. Leider erhielten wir auf unser Kaufersuchen bis heute keine Antwort. Deshalb gehen wir jetzt davon aus, dass der Eigentümer Capvis, unter normalen Bedingungen und absehbarer Zeit, keinen Verkauf an die hnGeno eG durchführen wird.

Ein weiteres Angebot werden wir nicht abgeben.

Das Unternehmen, das spätestens in vier Jahren von Capvis verkauft wird, ist bzw. wird auf eine Weise verändert, dass es für eine Genossenschaft mit den Zielen der hnGeno keinen Wert mehr darstellt.

Seit der Übernahme verfolgten wir das Vorgehen der jetzigen Geschäftsführung, hielten Kontakt sowohl mit Lieferanten des Unternehmens und der Presse als auch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von hessnatur. Die für uns ersichtliche rückläufige Entwicklung bei hessnatur ließ uns annehmen, dass der Eigentümer zwischenzeitlich seine Meinung hinsichtlich eines Verkaufs an die Genossenschaft geändert haben müsste. Doch dies ist leider nicht so.

Wir haben deshalb nun die Treuhänderin GenoEquity eG gebeten, die Treuhandgelder an Sie als Treugeber zurück zu überweisen, die Rückzahlung wird nach deren Aussagen bis Ende März erfolgen. Über die weitere Entwicklung der Genossenschaft hnGeno eG wird eine Hauptversammlung im April/Mai diesen Jahres entscheiden.

Den Wunsch vieler Treugeber, ein Konkurrenzunternehmen zu hessnatur aufzubauen, haben wir gründlich geprüft. Schweren Herzens mussten wir jedoch feststellen, dass insbesondere juristische Hürden eine direkte Konkurrenz wenig Erfolg versprechend erscheinen lassen. Zudem würde das Eingehen des grundsätzlichen Risikos jeder Neugründung nicht dem Vertrauen entsprechen, das Sie in uns gesetzt haben – das Mandat galt konkret der Übernahme und der verantwortungsvollen Weiterführung von hessnatur.

Noch ein persönliches Wort von mir: Durch mein Ausscheiden bei hessnatur zum 31. März 2013, die Gespräche um die vielen Sorgen der hessnatur-Mitarbeiter, das gerichtliche Verfahren gegen wir-sind-die-konsumenten.de habe ich persönlich lange gelitten und viel Zeit gebraucht, um mich neu auszurichten und ein neues Lebenskapitel aufzuschlagen. Dieser Prozess hat viel Zeit und Kraft gekostet.

Die Ziele und Ideale der hnGeno werde ich nun persönlich an anderer Stelle weiterverfolgen.

Seit Oktober 2013 arbeite ich ehrenamtlich mit der Hanffabrik Uckermark eG an möglichen Umsetzungskonzepten für eine textile Kette mit regionalen Bezug und ich bin zuversichtlich, hier in den nächsten Monaten erste Impulse für eine nachhaltige Textilproduktion starten zu können. Dort wird seit 1996 zertifizierter Hanf angebaut und bisher für natürliche Dämm- und Baumaterialen weiterverarbeitet. Den „ideellen Staffelstab“ der hnGeno eG möchte ich daher auch an Sie weitergeben, um eine Alternative zu hessnatur aufzubauen.
Informationen zur Hanffaser Uckermark eG finden Sie unter www.hanffaser.de oder natürlich über mich.

Die Veränderungen bei hessnatur und die offenbar rückläufige Geschäftsentwicklung verfolgen wir nach wie vor kritisch. Die geäußerten Sorgen hinsichtlich hessnatur, dass ein Private Equity Unternehmen wie Capvis auf Grund übertriebener Gewinnziele die sozialen Aspekte nicht einhält, dass der Verkauf von hessnatur – spätestens im Jahr 2018 – nur auf Grund von Gewinnmaximierung erfolgt und das der entstandene Vertrauensverlust das Unternehmen hessnatur auf Dauer schädigt, teilen wir uneingeschränkt weiter.

Wir sind stolz auf das, was wir alle gemeinsam geleistet haben. Das Ziel, hessnatur der Verantwortung der fähigen Mitarbeiter und langjährigen Kunden zu übergeben, um es im gemeinsamen Interesse für eine nachhaltige und solidarische Wirtschaft zu einem Vorzeige-Unternehmen aufzubauen, konnte zwar nicht erreicht werden. Ohne unsere Anstrengungen wäre die Übernahme des einstigen Öko-Pioniers durch einen Private-Equity-Fonds allerdings sicher weder von den Kunden, noch von der Öffentlichkeit überhaupt bemerkt worden. Jetzt sehen viele Menschen sehr genau hin, und wir sind überzeugt, dass aus diesem Grund die üblichen Mechanismen des Spekulationsgeschäfts nur verlangsamt ihre zerstörerische Wirkung entfalten können.

Ich möchte mich an dieser Stelle herzlich für Ihre Unterstützung und Ihre Ausdauer bedanken.

Sollten Sie an weiteren Informationen Interesse haben, oder einfach nur das Gespräch suchen, melden Sie sich gerne direkt bei mir (per E-Mail unter w.strasheimweitz@gmail.com, mobil unter 0157/80617891 oder privat unter 06033-411104).

Mit freundlichen Grüßen Walter Strasheim-Weitz

Quelle: hnGeno

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