Angela Merkel auf Gentechnik-Kongress gegen Ökolandbau

17.03.2004

Ohne wenn und aber will sich die CDU/CSU für die Einführung der Agro-Gentechnik stark machen. In diesem Sinne veranstaltete die CDU/CSU-Bundesfraktion einen Kongress zur sogenannten Grünen Gentechnik als Chance für den Standort Deutschland.

Angela Merkel und die Hochglanzgentechnik

Die Parteivorsitzende Angela Merkel versuchte glaubhaft zu machen, mit der Gentechnik lasse sich das Welt-Ernährungsproblem in den Griff bekommen, obwohl der stärkste Widerstand gegen Gentechnik nicht umsonst aus den Entwicklungsländern kommt. Die liebe Dame hat wohl nie etwas anderes gelesen als die Hochglanzbroschüren der Gentechnik-Industrie.

Die Realität sieht aber ganz anders aus. Die Gentechnik ist so kostspielig, daß nur die Industrieländer sie sich leisten können. Sie würde daher - wenn überhaupt - nur der hochsubventionierten amerikanischen Landwirtschaft einen weiteren Vorteil gegenüber den Entwicklungsländern verschaffen, und den heutigen Dumpingpreisen noch eins darauf setzen. Die Folge: Es werden noch mehr Kleinbauern der Entwicklungsländer durch diese unfairen Preise ruiniert und landen dann in die Slums der Großstädte.

Angela Merkel geht es also nicht um das Welt-Ernährungsproblem, sonst hätte sie sich näher damit auseinandergesetzt und die Widersinnigkeit ihrer Argumente eingesehen. Ihr Horizont ist viel enger. Sie glaubt daß es keine Technik geben darf, die nicht auch Deutschland beherrscht, weil Deutschland in dem gegenwärtigen weltweiten Wettbewerb sonst untergehen würde. Die Gentechnik soll also helfen, den Standort Deutschland zu retten. Im Fall der Gentechnik heißt es aber eigentlich, daß Angela Merkel sich dafür stark macht, daß Deutschland, so wie die Vereinigten Staaten, auch vom Elend der Welt profitiert.

Jens Katzek und seine Forderungen an den Öko-Landbau

Von einem solchen Rückenwind beflügelt, sah Jens Katzek von der Gentechnik-Industrie-Vereinigung "Bio Mitteldeutschland" den richtigen Zeitpunkt gekommen, um den Spieß umzudrehen und unter dem Titel Forderungen an den Öko-Landbau Stimmung gegen Ökobauer und Umweltschützer zu machen. Die von Jens Katzek aufgestellten Forderungen waren folgende:

  • Es sind auch langfristig Öko-Landbau-freie Regionen auszuweisen.
  • Es sind Abstandsregelungen gesetzlich festzulegen, die der Öko-Landwirt einzuhalten hat
  • Der Öko-Landwirt hat die volle Informationspflicht gegenüber den Nachbarbauern, gegenüber Gebietskörperschaften und den Fachämtern.
  • Der Öko-Landwirt hat jeweils jährlich die schriftliche Genehmigung der Landeigentümer einzuholen.
  • Die Öko-Landwirte sind zu einem Katalog von Schutzmaßnahmen zu verpflichten, um eine Verunreinigung konventioneller Bestände zu verhindern.
  • Die Kosten für Laborkontrollen zur Ermittlung des Verschmutzungsgrades obliegen den Öko-Landwirten.
  • Der konventionell arbeitende Landwirt in der Nachbarschaft hat in jedem Fall das Vorrecht der Kulturartenwahl vor dem Öko-Landwirt.
  • Die Haftung im Falle von Verschmutzungen z.B. durch Unkrautsamen, Pilzsporen, Mycotoxinkontaminationen beim Nachbarn hat der Öko-Landwirt in jedem Fall zu tragen. Beweislast hat der Öko-Landwirt. Er hat einen sofortigen Schadensausgleich durchzuführen, auch wenn wirtschaftliche Schäden unterhalb der Grenzwerte auftreten (z. B. Imageschaden).
  • Es sollen Voraussetzungen Bürgerentscheide und Vetorechte zum Anbau von Öko-Produkten auf Landes-, Regional-, Kreis- und Kommunalebene geschaffen werden.
  • Der Grenzwert für eine Kontamination von Öko-Produkten im Saatgut ist auf 0,1 % festzulegen.
  • Die Entscheidungsfreiheit des konventionellen Landwirtes darf nicht eingeschränkt werden. Der integrierte Landbau muss Vorrang vor dem Öko-Anbau haben!

Mit dieser Satire sollte laut Jens Katzek den Vertretern des Ökolandbaus klar gemacht werden, wie unglaublich Ihre Forderung gegenüber der konventionellen Landwirtschaft sei, gentechnisch verbesserte Pflanzen nicht zu nutzen. Wer solche Forderungen an den Ökolandbau ablehne, müsse also auch darauf verzichten, die entsprechenden Forderungen an den Gentechniklandbau zu stellen. Beides gehöre für ihn zusammen.

Die "Ökolandwirte sollten sich doch mal vorstellen, wie sie darauf reagieren würden, wenn man "Ökolandbau-freie Regionen" fordern würde." Das Problem ist, daß Jens Katzek und seine Firma Bio Mitteldeutschland solche Ökolandbau-freie Regionen tatsächlich fordern. Dazu bedarf es nicht einmal dieses von Jens Katzek an die Wand gemalten Ökolandbauverhinderungsgesetzes.

Wie die Erfahrung es in den Vereinigten Staaten und Kanada gezeigt hat, reicht es aus, die von den europäischen Ökobauern und Umweltschützern geforderten oder im Angriff genommenen Schutzmaßnahmen in Frage zu stellen. Bis zu zwei Drittel der amerikanischen Mais-, Raps- und Soja-Samen sind mit genmanipuliertem Saatgut verseucht - und nicht 1 Prozent, wie die Gentechnik-Industrie es bisher immer behauptet hat. Angesichts einer solchen Situation geht die von Jens Katzek und Bio Mitteldeutschland geforderte Lockerung der Schutzmaßnahmen auf die Einrichtung Deutschlands - angefangen mit Mitteldeutschland - als Ökolandlanbau-freie Region hinaus.