Bernard Lievegoed

* 1905  1992

In der Rubrik Themen wird der Stand der Diskussion über den Beitrag von Bernard Lievegoed zur sozialen Dreigliederung wiedergegeben. Hier finden Sie hingegen eine Liste seiner Texte zur sozialen Dreigliederung.

Fachlich

Studium der Medizin mit Schwerpunkt Psychiatrie. Arbeit als Hausarzt. Gründung des Zoonehuis, eines heilpädagogischen Heimes. Mitbegründer der Vrije School Zeist und des Verlags Vrij Geestesleven. 1954 Gründung und Leitung des NPI, eines Instituts für Organisationsentwicklung. Außerordentlicher Professor für Sozialpädagogik an der Universität Rotterdam. Professor für Sozialökonomie und Dekan der Volkswirtschaftlichen Fakultät an der Universitär Twente. Mitglied der niederländischen Komimssion für Bildung. Aufsichtsratsvorsitzender der niederländischen Waldorflehrerausbildung VPA (Vrije Pedagogische Akademie). Gründung und Leitung der Vrije Hogeschool (heute Bernard Lievegoed College for Liberal Arts) in Driebergen.

Menschlich

Lievegoed wird als Kind sehr beeindruckt von der indonesischen Natur. Eine frühe Krankheit lässt ihn mit der Frage nach dem Sinn des Lebens zurück. In dem Buch „Grundlegendes zu einer Erweiterung der Heilkunst“ von Ita Wegman und Rudolf Steiner, das er während der Arbeit an seiner Promotion liest, findet er Antworten auf die Fragen, die sich ihm im Verlauf seines Medizinstudiums ergeben haben. Zusammen mit Willem Zeylmans und Hans Grelinger veranstaltet er das Kamp de Stakenberg, das 1930 noch einmal 1000 Jugendlichen ein Freiheitserlebnis ermöglicht. Nach dem Ende des Krieges wird Lievegoed immer mehr als Ratgeber in gesellschaftlichen Fragen hinzugezogen: Erziehung, Gesundheit, Bildung. Von 1961 - 1975 hat er den Vorsitz der niederländischen Anthroposophischen Gesellschaft inne. Er hat zahlreiche Bücher zu Anthroposophie und Waldorfpädagogik verfasst, die teilweise Standardwerke geworden sind.

Zitate

Bernard Lievegoed [1989] Über Institutionen des Geisteslebens

Anerkennungshierarchie

S. 6: „Das Geistesleben ist hierarchisch, aber nicht im herkömmlichen Sinn. Die Hierarchie entsteht hier durch die freie Erkenntnis in einer Gruppe von Menschen, dass eine bestimmte Person auf einem bestimmten Gebiet mehr Einsicht hat als andere. Es ist eine Anerkennungshierarchie, die von unten nach oben entsteht und je nach Thema wechselt.“

Bernard Lievegoed [1970] Soziale Gestaltungen in der Heilpädagogik

Mikrodreigliederung

S. 6: „Es ist nicht selbstverständlich, daß das, was Dr. Steiner ausführt für den makrosozialen Raum, also für die ganze, große soziale Welt – wo ein Geistesleben, ein staatliches Leben und ein ökonomisches Leben sich dreigliedert, auseinandergestaltet und dadurch erkennbar wird in seiner eigenen Gesetzmäßigkeit und dann doch wieder in den Menschen vereinigt werden muß – daß das genau so gilt für den mikro-sozialen Organismus, also für einen Organismus von Menschen, die in einer Arbeit unmittelbar zusammenarbeiten. Ich habe von Anfang an mir das als Frage gestellt und gefragt: Gilt das da auch oder gelten da vielleicht auch noch andere Gesetze? Muß man z. B. versuchen, ein Institut auf der Grundlage der Dreigliederung aufzubauen, wenn man ringsherum in der Welt keine Dreigliederung hat? Manchmal hat Dr. Steiner in vielen entgegengesetzten Bemerkungen – ich habe es auch gehört von Menschen, die mit ihm persönlich darüber gesprochen haben, daß er gesagt hat: Man kann, wenn die große Welt keine Dreigliederung hat, nicht irgendwo eine kleine Autarkie machen, einen kleinen Hof, der nun dreigegliedert ist. Denn das stimmt ja gar nicht. Natürlich ist dort für die Menschen ein Geistesleben da, natürlich ist da ein Rechtsleben, ein Umgangsleben, natürlich ist eine ökonomische Basis da – aber das, was ich für das Große gesagt habe, kann man nicht ohne weiteres auf das Kleine pressen. Da kriegt man Dinge, die dann auch unnatürlich wirken.“

Artikel