Solidaritätsfonds für Berliner und Brandenburger Hausprojekte initiiert

21.09.2007

In Berlin und Brandenburg kämpfen viele Alternative Wohn - und Häuserprojekte für Selbstverwaltung und alternative Eigentumsformen, mit dem vorrangigen Ziel, kulturellen Lebensraum gegen den Sog des Privatkapitals zu sichern. Bislang hatten Sie sich dabei vorallem um sich selbst gekümmert, funtionierten als Einheit also jeweils egoistisch. Das soll sich nun ändern. Am Abend des 21. Septembers kamen in der Kulturkantine der Genossenschaft Gewerbehof Vertreter verschiedener Berliner Häuserprojekte mit Vertretern von GLS Bank, Stiftung trias, Senatsverwaltung und Landtag zusammen, um gemeinsam den Grundstein für einen Solidaritätsfond für Berlin und Brandenburg zu legen. Die meisten Initiatoren und Pioniere auf diesem Gebiet haben mittlerweile offenbar erkannt, daß das Überleben der einzelnen Projekte abhängt von ihrem Leben in einem Ganzen, d.h., also von einer organischen Beziehung zueinander. Das, was an diesem Abend Gegenstand der Diskussion war, das ist nichts anderes gewesen als der Dreigliederungsgedanke in der Wirtschaft. D.h. konkret, es soll ein Projekt, dem es gut geht, einem anderen, dem es schlechter geht, aushelfen. Eigentlich selbstverständlich.

Daß diese Idee aber keineswegs für selbstverständlich genommen wird, das hat die Bewegung der sozialen Dreigliederung in den über 80 Jahren ihres Bestehens gelernt. Denn was ist hier eigentlich mit Solidarität gemeint? Es ist gemeint Solidarität in der Wirtschaft, Solidarität im Hinblick auf ein gemeinsames Wirtschaften, für ein gemeinsames wirtschaftliches Ziel. Genau das ist aber hier die Schwierigkeit: es widerspricht der Gewohnheit, den Begriff des Solidarität mit der Wirtschaft zusammenzubringen. Alles, was igendwie nach Gemeinsamkeit, nach Einheit klingt, das wird unwillkürlich mit dem Staat assoziert, erst Recht dann, wenn dieses Gemeinsame geordnet werden soll. Teil an diesem Gemeinschaftlichen hat die Wirtschaft dann noch allenfalls über die Steuer.

So ist der Solidaritätsfond aber nicht gedacht, bis jetzt jedenfalls nicht. Weder handelt es sich darum, vom Senat irgendwelche Gelder zu erpressen, noch darum, die teilnehmenden Projekte nach Staatsmanier zu organisieren und an eine Zentralverwaltung Steuern abzugeben. Andererseits soll, genauso wenig wie Gewinnsucht, auch nicht Idealismus die Triebkraft sein, sondern die Gemeinschaft soll nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten funtionieren, aber eben solidarisch.

Spätestens als es an jenem Abend in der Kulturkantine dieses zu Denken galt, zeigte sich auch dort, daß ein sich gegenseitig Aushelfen auf wirtschaftlichem Gebiet eben doch nicht ganz einfach ist. Es mehrten sich die Stimmen derjenigen, die vorrangig die anwesenden Vertreter staatlicher Einrichtungen in die Verantwortung nehmen wollten, also die Landesvorsitzende der Grünen, Frau Oesterheld, oder Herrn Dr. Hucke von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Es gelang jedoch Rolf Novy Huy von der trias und Werner Landwehr von der GLS Bank mit ruhiger Sachlichkeit, die Aufmerksamkeit wieder auf das Thema des Abends zu lenken.

Nachdem die einzelnen Wohnprojekte sich vorgestellt und die Idee eines Solidaritätsfonds ausnahmslos für unterstützenswert befunden hatten, sollte der Aufbau des Fonds näher betrachtet und dabei auch auf Schwachstellen hin untersucht werden. Es wurde dargestellt, daß der Fond sich auf drei Säulen stützen müsse: die Bürgschaft, das Leihen oder auch das Schenken, und einem Liquiditätsfond. Mit letzterem wurde die Möglichkeit bezeichnet, nicht benötigte Rücklagen kurzfristig einem anderen Projekt zur Verfügung zu stellen. Dieser Punkt schien nicht bei allen auf Zustimmung zu stoßen, so daß er wohl noch einmal überdacht werden muß. Schwierig war auch die Frage nach einer möglichen Rechtsform der Fondsverwaltung. Diese sollte nämlich selbst nicht über finanzielle Mittel verfügen, sondern mehr ein Vermittler sein zwischen den Geschäftspartnern.

Solche und andere Detailfragen müssen ausgearbeitet werden, bis die Teilnehmer der Tagung und hoffentlich auch viele neue Teilnehmer am 20.11.2007 zur Gründung des Fonds zusammen kommen werden. Daß der Fond aber tatsächlich zustande kommt, daran hatte zum Ende der gelungenen Veranstaltung keiner der Anwesenden noch Zweifel.