Erfurter Amoklauf und das politische Kampfschießen

08.05.2002

Die Innenminister von Bayern und Baden-Württemberg wollen als Konsequenz aus dem Amoklauf von Erfurt das sogenannte Kampfschießen für Sportschützen verbieten. Bei der am Tag des Schulmassakers vom Bundestag beschlossenen Novelle des Waffenrechts sei das Kampfschießen erlaubt worden, um eine rechtliche Grauzone zu beseitigen, sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Schäuble am 05.05.2002 "Dieser Giftzahn muss dem Gesetz im Bundesrat noch gezogen werden", forderte auch Bayerns Innenminister Günther Beckstein.

Hinter dem Begriff verbergen sich Schießübungen, bei denen der Schütze sich selbst in Bewegung befindet. Die Erlaubnis dafür sei aber nur von einer kleinen Minderheit gefordert worden, sagte Schäuble. Die Innenminister seien sich einig, diese Änderung nun zurückzunehmen, zumal das Kampfschießen für den Schießsport kaum Bedeutung habe.

Weitergehende Änderungen wies der Deutsche Schützenbund als blinden Populismus zurück. Offenbar solle "die furchtbare Tat von Erfurt genutzt werden, dem deutschen Schießsport den Garaus zu machen", heißt es in einer am 07.05.2002 in Wiesbaden verbreiteten Erklärung. Besonders die Heraufsetzung der Altersgrenze lehnt der Verband als überzogen ab. Deutsche Olympiasieger und Weltmeister im Sportschießen werde es damit künftig nicht mehr geben, heißt es.

Dies ist für viele Politiker ein äußerst schlagendes Argument. Selbst Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin benutzte mehrfach diesen Einwand in der ARD-Sendung "Friedman" mit Michel Friedman am 08.05.2002, um gemäßigt in Sachen Waffen vorzugehen.

Es ist aber überhaupt nicht einleuchtend, was Olympiasiege mit dem Rechtsleben zu tun haben, es sei denn, man schiebt ein falsch geartetes Staatsdenken dazwischen. In welcher Welt leben wir denn noch, wo Olympiasiege, wegen des Prestigegehalts, Staatsziel sind, unter die sich das Rechstsleben unterzuordnen hat.

Erfurt belegt, dass Waffen zum töten da sind und keine sportlichen Qualitäten besitzen. Der häßliche Satz, dass der Staat das Gewaltmonopol ist, muß hier unbedingt zu positiver Geltung kommen. Es ist unfassbar, dass es in Deutschland ein paar 100.000 Mitmonopolisten gibt, mit der Potenz zu töten, und das nur, weil sie eine Mitgliedschaft in einem Schützenverein haben.

Jedes unvereingenommene Rechtsdenken muß verlangen, dass die tödliche Gefahr, die von Waffen ausgeht, zu unterbinden ist, und zwar angefangen bei der Waffenerziehung von Kindern durch Spielzeugpistolen. Das Fehlen von solchem Rechtsdenken unter Politikern zeigt nur zu deutlich, dass das Rechtsleben mit dem Staatswesen nicht gleichgesetzt werden kann, sondern davon befreit werden muss.