US-Energiepolitik auf Knopfdruck der Wirtschaft

26.03.2002

Der US-Präsident Bush verdankt seine Wahl nicht nur dem veralteten amerikanischen Wahlsystem. Es schockiert natürlich, daß er gewinnen konnte, obwohl er weniger Stimmen bekommen hat als sein Gegner. Dies ist aber nebensächlich. Viel wichtiger ist, daß einige Firmen zu seiner Wahl entscheidend beigetragen haben. Durch ihre wirtschaftliche Macht haben sie ihrem Wunschkandidaten unbegrenzt Werbezeiten im kommerziellen Fernsehen kaufen können. Hier zeigt sich wieder einmal, wie eine entfesselte Wirtschaft alles zur Ware macht. Erstmals die Medien und dann die Präsidenten.

Nun zeigt sich, daß sich die Investition für die Ölfirmen bezahlt gemacht hat. Es wurde nicht umsonst geschmiert. Bei der Formulierung der überwiegend auf Öl- und Atomstrom basierenden Energiepolitik hat sich US-Energieminister Spencer Abraham im vergangenen Jahr ausschließlich von Industrievertretern beraten lassen. Umwelt- und Verbrauchergruppen sind nicht einmal gehört, geschweige denn berücksichtigt worden. Dies geht aus den Unterlagen hervor, die das Ministerium auf richterlichen Druck veröffentlichte.

Neben zahlreichen Umweltgruppen verlangt auch die Aufsichtsbehörde des Kongresses (GAO), dass die Regierung enthüllt, wen sie vor der Veröffentlichung des Energie-Weißbuchs im vergangenen Frühjahr konsultiert hat. Die Arbeitsgruppe unter Vizepräsident Richard Cheney hatte empfohlen, mehr Öl vor den amerikanischen Küsten und im Naturschutzgebiet von Alaska zu fördern und zahlreiche Atomkraftwerke zu bauen.

In den nun veröffentlichten Unterlagen sind nach Presseberichten weite Passagen unleserlich gemacht worden. Außerdem fehlen Anhänge. Die Umweltgruppen, die auf Herausgabe geklagt hatten, kündigten weitere gerichtliche Schritte an.

Während sich das Energieministerium dem richterlichen Druck gebeugt hat, hat das Weiße Haus die Klage der Aufsichtsbehörde angefochten. Die Regierung besteht darauf, sich hinter verschlossenen Türen beraten zu lassen, ohne dass die vertraulichen Gespräche später publik gemacht werden. Bush kann sich aber hinter noch so vielen Türen verriegeln, seine Energiepolitik bleibt durchsichtig. Sie ist - wie schon immer - Wirtschaft im staatlichen Gewand, Politik auf Knopfdruck.