Dänemark den Dänen - und Assimilierten

18.01.2002

Die Tonlage der ohnehin harten Ausländerdebatte in Dänemark hat nach Bekanntgabe drastisch verschärfter Zuwanderungsbeschränkungen noch an Schärfe zugenommen. Im Klartext sei "Dänemark den Dänen" die Handlungsmaxime der neuen Rechtsregierung, kommentierte das liberale Kopenhagener Blatt "Politiken" am 18.01.2002 und warf der Koalition von Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen sogar vor, "ethnische Reinheit" durch Schließung der Grenzen anzustreben und das "dramatische Maßnahmepaket" der Regierung ließ den Leitartikel der linksliberalen Zeitung "Information" "restlos traurig" werden.

Am 18.01.2002 legte der neue "Minister für Flüchtlinge, Einwanderer und Integration", Bertel Haarder die neuen Einwanderungsbeschränkungen vor: Permanente Aufenthaltsgenehmigungen gibt es künftig erst nach sieben statt bisher nach drei Jahren. Ausländische Ehepartner unter 24 Jahren dürfen überhaupt nicht ins Land geholt werden, über 24 Jährige unter anderem nur nach Hinterlegung einer Banksicherheit über 50 000 Kronen (6700 Euro/ 13 200 DM). Das Recht auf Zusammenführung mit Eltern über 60 Jahren wird abgeschafft, obwohl dies im letzten Jahr aufgrund bisher schon restriktiver Regeln gerade in 71 Fällen geschehen war.

Die neue Wende in Dänemark ist das Wahlversprechen der Regierung und gleichsam Tribut an die Dänische Volkspartei, die mit den härtesten Forderungen in Sachen Zuwanderungsstopp Ende November klarer Wahlsieger neben den Rechtsliberalen von Rasmussen geworden war und nun die unverzichtbare Mehrheitsbeschafferin der Regierung ist.

Als erstes schuf die Regierung ein neues "Ministerium für Flüchtlinge, Einwanderer und Integration", als "milde" Variante des von der Volkspartei geforderten "Heimsendungsministeriums". Parallel dazu wurden alle staatlichen Räte und Institutionen für die Rechte und Wohlfahrt der Ausländer finanziell abgewürgt und real abgeschafft: Das "Amt für ethnische Gleichheit" wird aller Mittel beschnitten, die es nicht für die Wahrnehmung der Verpflichtungen Dänemarks nach dem EU- Gleichbehandlungsdirektiv und der EUMC-Zusammenarbeit braucht. Die Zuschüsse für die "Dokumentations- und Beratungscenter für Rassendiskriminierung" und die Einwanderungszeitschriften werden ganz gestrichen, sowie die Zuschüsse für eine Reihe Einwanderungsvereine und es wird eine strenge Überprüfung der Zuschüsse für "Mellemfolkeligt Samvirkes" Minoritätsabteilung und der "dänischen Flüchtlingshilfe" unternommen.

Die Dänen sind wohl weniger von ethnischer Reinheit besessen, als von kultureller Reinheit (viele rechtsgesinnte Bürger haben beispielsweise, typisch für Dänemark, koreanische Adoptivkinder). Die wohl größte Intoleranz, die den Einwanderern begegnet, ist die unverfrorene, gesellschaftliche Bedingung, sich der dänischen Sprache in allen Lebenslagen (auch in der Privatsphäre) zu befleißigen und sich die subtilsten dänischen Gepflogenheiten anzueignen.

Der dänische Ententeich unterscheidet nicht Fiedertracht, wohl aber Kommunikationsabweichler.

Die vielgerühmte dänische Humanität bei der Fluchthilfe für Juden während des zweiten Weltkrieges schöpfte nicht aus dem Bewußtsein, ethnischen Juden helfen zu müssen, sondern aus dem Bewußtsein, hier dänischen Bürgern zu helfen. Für die kulturell unassimilierten Zigeuner wurde kein Finger gerührt.

Ein Heimsendungsministerium ist der schnelle und gründliche Weg, sich des Multi-kulti-Schreckensgespenstes der Dänen zu entledigen, ein anderer, vor allem auch billigerer, Weg ist das neue "Assimilierungsministerium" von Bertel Haarder, der aus den Ausländern gute Dänen machen soll, durch Drosselung der Einwandererorgane, Schließung der Einwandererschulen und muslimische Friedhöfe, gelenkte geographische Wohnstrukturen ohne Ballungen von Einwandern, Dänischkurse, Arbeitsbeschaffungszwang und nicht zuletzt die Kappung der familiären Bande nach Hause.

Es ist die Ironie des Schicksals, dass gerade eine liberale Regierung sich anschickt, die freie kulturelle Individualität anzutasten und Toleranz abzubauen.

Obendrein war Bertel Haarder früher ein profilierter Vertreter des Freidenkertums und der kulturellen Autonomie, beispielsweise im Bereich der Bildung, wo er früher als Bildungsminister bei Schulen in freier Trägerschaft Akzente setzte und in Dänemark das liberalste europäische Schulsystem schuf. Nach dem Regierungswechsel 1991 setzte er sich nach Straßburg ins Europaparlament ab und redete hier von übernationaler kulturellen Freiheit.

Was ist nur aus der achtungswürdigen Persönlichkeit geworden? Geistig verstümmelt durch die Parteipolitik!