Reporter ohne Grenzen zählt Gegner der Pressefreiheit auf

08.11.2001

Israel hat scharf gegen eine Liste der Organisation Reporter ohne Grenzen protestiert, auf der Generalstabschef Schaul Mofas als Gegner der Pressefreiheit genannt wird. In einem Brief an die in Paris ansässige Organisation kritisierte Verteidigungsminister Benjamin Ben Elieser die Einstufung "aufs Stärkste". "Die Nennung ist vollkommen deplaziert und zeigt gleichzeitig eine amateurhafte und populistische Haltung", heißt es in dem offenen Brief Ben Eliesers.

Mofas findet sich seit vergangener Woche auf der Liste von insgesamt 39 Gegnern der Pressefreiheit neben Iraks Präsidenten Saddam Hussein, Taliban-Chef Mullah Mohammed Omar und dem libyschen Staatschef Muammar el Gaddafi. Das mag hart für Israel sein, als demokratischer Staat zusammen mit solchen Diktaturen aufgeführt zu werden. Schaut man sich aber die Begründung von Reporter ohne Grenzen genauer an, so wird dies nachvollziehbar. Seit Beginn der zweiten Antifada im Herbst 2000 haben in Israel und Palästina Militär und Polizei die Oberhand bekommen. Bezeichnenderweise wird nicht Ariel Scharon, der israelische Regierungschef, sondern der Generalstabschef an den Pranger gestellt. Journalisten, die nicht nur dem anderen, sondern einem selbst auf die Finger schauen, sind nicht besonders willkommen, wenn man gerade schiessen möchte. Sie werden daher ständig schikaniert, oder sogar selber erschossen.

Aus demselben Grund - dem Primat des jeweiligen Militärs - wird nicht Jasser Arafat, der palästinensische Präsident, sondern sein Sicherheitsdienst von Reporter ohne Grenzen zum Gegner der Pressefreiheit erklärt. Darüber verliert Benjamin Ben Elieser kein Wort. Es zeigt aber gerade die Unparteilichkeit von Reporter ohne Grenzen. Daß nicht einmal Jasser Arafat auf diese indirekte Kritik reagiert, verspricht nichts Gutes für die palästinensische Bevölkerung.

Es scheint viel mehr so zu sein, daß die Gründung eines palästinensischen Staates genauso wenig zur Befreiung der Palästinenser beitragen würde, wie nach dem Zweiten Weltkrieg die Gründung Israels zur Befreiung der Juden. Es konnten manche Juden dem Holocaust entkommen und nach Israel flüchten. Sie nahmen aber aus der ganzen Welt ziemlich unbrauchbare politische Vorstellungen mit. Sollten es die Palästinenser schaffen, israelische Besetzung und Siedlungen loszuwerden, so sind sie in Israel und im westlichen Exil in Berührung mit demokratischen Staatsvorstellungen gekommen. Dies macht sie einerseits den umliegenden arabischen Staaten unbequem. Es verleitet sie aber auch dazu, Erziehung und Wirtschaft als Instrument des demokratischen Staates zu betrachten. Palästinensische Schulbücher sind - wie die aus arabischen Staaten - reinste Propaganda. Und ein palästinensischer Staat würde - wie heute der israelische - dem Nachbarstaat wohl keinen Wassertropfen mehr gönnen.

Wollen Israel und Palästina von ihrem Existenzrecht überzeugen, so sollten sie sich bemühen, erst einmal in die Liste der unbedingten Förderer der Pressefreiheit aufgenommen zu werden. Das würden - zumal seit den Anschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon - nicht einmal die Vereinigten Staaten schaffen.