Bauernpräsident Gerd Sonnleitner outet sich als Agrarfossil

06.07.2001

Da sich inzwischen die Aufregung über das Übergreifen der BSE-Krise auf Deutschland gelegt hat und er sich nicht mehr vor der Presse zu fürchten braucht, bekennt sich nun Bauernpräsident Gerd Sonnleitner wieder offen zur alten guten Zeit. "Wir brauchen keine neue, sondern eine nachhaltige Landwirtschaft" sagte er beim Bauerntag vor den 500 Delegierten der regionalen Bauernverbände. "Umweltschutz darf nicht zur Tyrannei werden". Eine Agrarwende lehne der Bauernverband ab. Der Staat dürfe keine Produktionsform einseitig bevorzugen, wie es in Form des Öko-Landbaus geplant sei. Schon bisher hätten die Landwirte nachhaltig gewirtschaftet, sie müssten jedoch wettbewerbsfähig bleiben. Nicht hinnehmbar seien daher nationale Alleingänge wie beim Pflanzenschutz, der im Vergleich zu den Nachbarstaaten strenger gefasst werde. Sonnleitner forderte, auf Eingriffe zu verzichten und den Markt entscheiden zu lassen.

Vielleicht ist der Vorschlag von Sonnleitner gar nicht mal so schlecht, zwar nicht für ihn und seine Mitstreiter, sondern für den Rest der Menschheit. Würde nämlich der Weltmarkt entscheiden, so wäre Sonnleitner bald ein Bauernpräsident ohne Bauern. Die deutschen Bauern mögen nämlich so gut oder auch so schlecht wirtschaften wie sie nur können, was ihnen fehlt, ist ein wettbewerbsfähiges Klima. Fallen die Subventionen aus, so wird es in Deutschland höchstens noch Landschaftsgärtner geben.

Sonnleitner müßte es eigentlich besser wissen. Er verharrt aber darauf, die Welt auf die Nachbarstaaten zu reduzieren. Es brauchte daher Verbraucherministerin Renate Künast, um ihn daran zu erinnern, was die anderen Länder Europa und Amerika vorwerfen. Ihre Landwirtschafts-Subventionen beziffert UN-Generalsekretär Kofi Annan auf eine Milliarde Dollar täglich. Die künstlich niedrig gehaltenen Preise für Agrarprodukte führen - nicht nur laut Kofi Annan - zu "geringeren Einkommen und Armut in Afrika".

Subventionen sind eigentlich an sich kein Problem. Die Landwirtschaft kann die Arbeitsteilung niemals so weit treiben wie die Industrie, ohne sich selbst dabei zu zerstören, so daß sie im Vergleich zur Industrie immer zu teuer ist. Da sie aber doch gebraucht wird, ist es in Ordnung, wenn sie vom besser bestellten Teil der Wirtschaft direkt statt über Steuern subventioniert wird. Nur fragt sich aber, warum gerade die europäische und nicht etwa die afrikanische Landwirtschaft diese Subventionen erhalten soll. Viel bornierter als der deutsche Bauernverband werden die afrikanischen Bauern wohl nicht sein. Angebaut werden sollte vorrangig dort, wo Boden und Klima nachhaltig das Beste von sich geben, sei es auch in Afrika. Reicht es für die Menschheit insgesamt nicht aus, so müssen auch schlechtere Standorte wie Europa angebaut werden. Sie müssen dann stärker subventioniert werden, weil sie eben nicht so viel hergeben, aber nur so weit als es die Bauern der übrigen Welt ohne Schaden vertragen können.