Handelskommissar Pascal Lamy will Agrarsubventionen abbauen
Der Außenhandelskommissar der EU, Pascal Lamy, bietet im Agrarbereich eine Reduzierung der Einfuhrzölle um 36 Prozent, der Preisstützung für den Export von EU-Erzeugnisse um 45 Prozent und der Unterstützung der EU-Landwirte um 55 Prozent an. Mit diesem Verhandlungsangebot will er die Weltagrarverhandlungen unter dem Dach der Welthandelsorganisation WTO wieder im Gang bringen.
Bei den letzten WTO-Verhandlungen hatte Pascal Lamy durch Verfahrenstricks, Ermüdungsstrategie und zuletzt Betrug geschafft, trotz des Widerstands der Entwicklungsländer eine neue WTO-Runde einzuleiten. Die Folgen der vorigen WTO-Runde waren nämlich so gravierend für ihre Wirtschaften gewesen, daß sie keine weiteren Liberalisierungen wollten, bevor Lösungen für diese Probleme gefunden wurden. Die Einwände dieser über 90 Länder wurden nicht einmal in die Tagesordnung aufgenommen. Sie wurden daher von der Presse übersehen, die sich auf den Konflikt zwischen USA und Europa um die Agrarsubventionen konzentrierte.
Nun scheint Pascal Lamy nach zwei Jahren endlich grünes Licht für eine Reduzierung der Agrarsubventionen bekommen zu haben. Wohl gesagt "scheint". Pascal Lamy ist nämlich dafür bekannt, daß er nicht so sehr die europäischen Regierungen vertritt als bestimmte Großkonzerne. Die Regierungen wundern sich oft am meisten, wenn sie im nachhinein von Nichtregierungsorganisationen erfahren, was er in ihrem Namen alles macht. Als Vertreter der europäischen Industrieinteressen waren Pascal Lamy die Agrarsubventionen immer ein Dorn im Auge. Sein Heimatland, Frankreich, drohte immer wieder mit seinen ausgeprägten Agrarinteressen all seine Bemühungen nach einer weiteren Liberalisierung der Weltwirtschaft zum Scheitern zu bringen.
Pascal Lamy sieht sich nun ganz nah an sein Ziel, die großen Märkte der Entwicklungsländer zu erobern. Er ist überzeugt, daß es letzten Endes nicht nur ausgesprochenen Exportländern wie Deutschland, sondern auch Frankreich dienen wird. Frankreich wird sich nämlich modernisieren müssen, um mit der Entwicklung Schritt halten zu können. Daß die meisten Entwicklungsländer kaum eine Chance haben, den Anschluß zu finden und fast ihre gesamte Industrie - wie schon geschehen bei der Mongolei - verlieren werden, spielt für ihn keine Rolle. Auf Nachfrage eines Globalisierungskritikers meinte er: Er habe vor zwanzig Jahren für sich entschieden, daß der Freihandel zur besten aller möglichen Welten führe. Was auch passieren möge, sei er nicht mehr bereit, diesen Glauben in Frage zu stellen.
Und solche Denkmumien entscheiden über unsere Zukunft.