Berlusconi beschwört alte römische Geister

31.07.2002

Frage: Wer hat das moderne Recht erfunden? Laßt uns hier die alten Römer ehren, aber wer hat dann die demokratische Gleichheit erfunden? Ob es die Franzosen oder die Engländer waren, darüber kann man sich streiten, aber die Italiener waren es nicht.

Aktuell macht sich ein Italiener mit großem Rechtsgespür - aber ohne Achtung vor der Rechtsgleichheit - daran die italienische Justiz umzukrempeln, um wie ein alter römischer Senator seine politische Macht für seine eigene Bereicherung und Straffreiheit auszunutzen.

Als wahrer Befreier präsentierte sich Silvio Berlusconi in den letzten Jahren den Italienern, als kühner Kämpfer gegen die "Politikaster" aus den alten Parteien, die, abgehoben vom großen Rest des Landes, angeblich nur den eigenen Interessen zugetan waren. Doch der Mann, der sogar plant, sich nach einer dazu notwendigen Verfassungsänderung direkt zum Staatspräsidenten wählen zu lassen, lässt die frühere Garde aus Christdemokraten und Sozialisten weit hinter sich, wenn es um die Pflege persönlicher Interessen geht.

Er nutzt seine Staatsgewalt, um die Richter in Mailand den Gar aus zumachen, die ihm partout den Prozess machen wollen. Fast im Monatsrhythmus muss sich Italiens Parlament mit Gesetzen befassen, die nur ein Ziel haben: Berlusconi den Rücken freizuhalten. Es begann mit dem Gesetz, das das Delikt Bilanzfälschung zur Bußgeldsache herab stufte - und Berlusconi die Einstellung von gleich drei Prozessen eintrug. Und es soll nun weitergehen mit einer Änderung der Strafprozessordnung, die auch den letzten noch laufenden Prozess zum Scheitern bringen würde.

Berlusconis Bemühungen laufen eindeutig darauf hinaus, letzten Endes eine persönliche Immunität zu erreichen. Berlusconi schafft sich so eine Justiz für den Hausgebrauch, und schmeißt zwei zentrale Prinzipien über Bord: die demokratische Gleichheit aller vor dem Recht, und durch sein Zurechtstutzen der mailander Justiz die Freiheit der Justiz vor staatlicher Bevormundung.