Golddeckung und Aktienmarkt

26.03.2002

Der Bundesbank-Präsident Ernst Welteke denkt erneut laut über die Goldreserven der Bundesbank nach. Einen Monat nach seinem, reihum auf Ablehnung stoßenden, Vorschlag zum Verkauf von Goldreserven hat er nun vorsichtig einen Vorschlag hingelegt, der den Deutschen aus der Seele spricht: Nach dem Motto, das Gold muß arbeiten, sollen die Golddepots in Aktiendepots umgewandelt werden: "Wir müssen auf mittlere Frist überlegen, ob wir in geringem Umfang und marktschonend einiges von unserem Gold in Wertpapiere umwandeln können", kündigte der Bundesbankpräsident in einem Zeitungsinterview an.

Unter Ökonomen stößt Weltekes Plan auf ein geteiltes Echo. "Für den Aktienmarkt könnte das gefährlich werden", sagte Thomas Hueck, Leiter der Volkswirtschaftlichen Abteilung bei der Hypo-Vereinsbank. "Sollte die Bundesbank ihre Reserven benutzen, um Marktpflege zu betreiben, wäre das keine sehr gute Idee." Hinzu komme das Marktrisiko: "Hätte die Bundesbank vor fünf Jahren ein Aktienportfolio aufgebaut, hätte sie heute bis zu 30 Prozent ihres Risikokapitals verloren", gibt Hueck zu bedenken.

Für Politiker ist diese Idee aber viel attraktiver, als der Vorschlag Weltekes vor einem Monat. Nun brauchen die Parteien nicht eifersüchtig befürchten, die anderen würden die Goldverkäufe zur Haushaltsstopfung nutzen, und die Goldreserven würden statt Aufbewahrungskosten Kasse bringen.

Eins ist seit dem letzen Monat deutlich geworden: Goldreserven als Währungsdeckung sind in der heutigen Welt unsinnig geworden. Das Geldsystem hat lange eine stabile Ware, nämlich Gold, zwischen die anderen Waren als Austauschmittel hineingestellt, aber diese Ware ist mittlerweise alles andere als stabil. Bis 1968 war der Preis einer 31,1035 Gramm schweren Feinunze auf 35 Dollar fixiert. Danach stieg der Preis in den 70ern kontinuierlich. 1980 war der Höhepunkt erreicht. Die Feinunze kostete 850 Dollar. Danach ging es nur noch bergab. 1985 lag der Tiefstand bei 285 Dollar. Der Wert war um zwei Drittel gefallen. Vor einem Monat dann schließlich konnte man beobachten, wie der Goldkurs genauso nervös wie sonst IT-Aktien auf die Überlegung Weltekes, Teile der Goldreserven zu verkaufen, reagierte - die Goldpreise sanken sofort mit 2%.

Welteke hat mit seinem Bestreben, das Gold zu verscherbeln, durchaus Recht. Auch hat er mit der Idee, die Währung auf Aktien zu fußen, das Währungsfundament kristallklar ausgemacht. Die eigentliche Deckung stellen die Produktionsmittel dar, die im Wirtschaftsprozeß wirklich fruktifiziert werden können. Aber Welteke hat nicht zuende gedacht, denn der Handel und Spekulation mit Aktien verderben die Aktie als Index für Produktionsmittel, und die Deckung stellt nicht bare Sicherheit von Depots dar, seien es Gold- oder Aktiendepots; beide sind für die Deckung ungeeignet. Nur die Grundlage der Volkswirtschaft, die Produktionsmittel, stellen die Deckung dar - und die zu ermitteln ist die Aufgabe der Währungshüter.

Laßt die Aktienidee die Anregung für ein neues Währungsverständnis sein, für die Verwendung der Goldreserven sollte man lieber zu Weltekes ursprünglicher Idee zurückkehren: Zur Stopfung des Haushaltsdefizits durch Schuldenabbau, denn auch hier muß wirtschaftspolitischer Unsinn ausgetrieben werden: Der wirtschaftliche, spekulative Umgang mit Geld, und das ständige Geben und Aufnehmen von Schulden, als sei der Staat ein Unternehmen.