Lehramtstudium stößt immer mehr ab

26.02.2002

Das Interesse am Lehramtsstudium nimmt weiter ab und wird nach Einschätzung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) "tiefe Spuren" an den Schulen hinterlassen. Das sinkende Interesse werde in den kommenden fünf bis zehn Jahren zu einem Mangel von bis zu 4000 Lehrern führen. Bis 2010 müssten jedes Jahr rund 2000 Junglehrer eingestellt werden, um pensionierte Lehrkräfte zu ersetzen. Dies werde aber angesichts der seit 1997 sinkenden Zahl an neu eingeschriebenen Lehramtsstudenten nicht möglich sein, so der IW-Sprecher.

Erste Probleme treten schon in Rheinland-Pfalz auf. Dort sollen deswegen künftig auch Seiteneinsteiger ohne Lehramtsstudium unterrichten dürfen. Das kündigte der rheinland-pfälzische Innenminister Walter Zuber am 26.02.2002 nach einer Kabinettssitzung in Mainz an. Das Land reagiere damit auf das durch sinkende Studentenzahlen entstandene Fehlen von Lehramtskandidaten in bestimmten Unterrichtsfächern und Schularten, begründete Zuber die Entscheidung. Mit der Öffnung des Schuldienstes für Seiteneinsteiger solle dafür gesorgt werden, dass die Unterrichtsversorgung dennoch "auf einem hohen Niveau" gesichert werde.

Mit dieser Entscheidung macht Rheinland-Pfalz aus der Not eine pädagogische Tugend. Das Lehramtstudium ist so verschult, daß die Schüler bei Seiteneinsteigern meist viel besser bedient sind. Schon allein der Name sagt viel: Lehramt. Er drückt eine ganze Gesinnung aus. Durch eine solche Ausbildung soll die angehende Lehrerin so weit gebracht werden, daß sie die Schule als ein Amt empfindet. Entsprechend ist auch die Motivation der Schüler, nämlich nicht viel besser als bei einem Behördengang.

Vielleicht wird aber gerade durch das Fehlen an Lehramtskandidaten die Schwachstelle jeder staatlichen Bildungspolitik bloßgelegt. Sie kann eine Ausweitung der freien Schulen durch manche Tricks verhindern und dann die Schüler durch die Schulpflicht doch noch zur Staatsschule zwingen. Einem massiven Boykott des Lehramtstudiums ist sie aber völlig ausgeliefert. Das ist ziviler Ungehorsam auf hohem Niveau.