Agrarbündnis für bäuerliche Landwirtschaft

10.01.2002

Das AgrarBündnis hat Verbraucherministerin Renate Künast zur schnellen Umsetzung ihres Aktionsprogramms bäuerliche Landwirtschaft aufgefordert. In seinem jährlichen Kritischen Agrarbericht begrüßte das Bündnis die von Künast eingeleitete ökologische Neuausrichtung der Landwirtschaft. Die Beurteilung der von Künast vor einem Jahr eingeleiteten Agrarwende reicht bei den 20 Mitgliedsverbänden des AgrarBündnisses allerdings von Zuversicht bis Enttäuschung.

Im Unterschied zur industriellen Agrarproduktion bleibt die bäuerliche Landwirtschaft einem Grundkanon von sozialen, tierethischen und ökologischen Werten verpflichtet. Um bäuerlich wirtschaftenden Betrieben eine Existenz zu ermöglichen, müssten EU-Direktzahlungen noch stärker als bisher geplant in die ökologische Landwirtschaft umgeschichtet werden. Exportsubventionen müssten ganz abgeschafft werden, weil sie auf Kosten der Produzenten in den Entwicklungsländern gehen.

Besondere Bedeutung kommt innerhalb des AgrarBündnisses die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. In diesem Verein haben sich sowohl konventionell als auch ökologisch wirtschaftende Bauern und Bäuerinnen zusammengeschlossen. Damit könnte sie zum Bindeglind zwischen diesen beiden oft feindlichen Lager werden. Dies gelingt bisher am ehesten bei Betrieben im Bereich der kleineren und mittleren Größenklassen. Ferner zählen zu den Mitgliedern Menschen anderer Berufsgruppen, die sich als Verbraucher, Umwelt- oder Tierschützer oder als entwicklungspolitisch Engagierte für den Erhalt einer bäuerlichen Landwirtschaft einsetzen. Hiermit unterscheidet sie sich von der französischen Confédération Paysanne, die wegen ihrem Gewerkschaftstatus nur Bauern und Bäuerinnen als Mitglieder aufnehmen darf. Der Confédération Paysanne ist aber etwas gelungen, was man der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft nur wünschen kann, nämlich in der breiten Öffentlichkeit bekannt zu werden.

Durch ihre wenn nicht zahlreiche, wenigstens vielfältige Mitgliedschaft ist die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft mit ihrem Ansatz vielen - auch den Grünen - unbequem. Ihr zentrales Anliegen ist es, die soziale Frage in der Landwirtschaft in das Bewusstsein zu rücken, um zu vermeiden, dass einseitig ökonomisch oder ökologisch begründete Sichtweisen die handelnden Menschen ausblenden und damit die sozialen Auswirkungen unberücksichtigt bleiben. Es ist daher fraglich, ob die Arbeitsgemeinschaft eine radikale Streichung der EU-Direktzahlungen ohne flankierenden Maßnahmen unterstützen würde.

Daran kann man erkennen, daß nicht so sehr die Subventionen selbst, sondern deren Verstaatlichung abgeschafft gehört. Statt einen finanziellen Ausgleich mit der Industrie zu suchen, wurde die Industrialisierung der europäischen Landwirtschaft forciert, in der Hoffnung, das Problem ein für alle Mal zu beseitigen. Hier gibt es aber keine Dauerlösung. Das Preisgefälle zwischen Landwirtschaft und Industrie hat eine Eigendynamik, die immer wieder neu korrigiert werden muß. Landwirtschaft tendiert nämlich - im Gegenteil zur Industrie - wenn sie gesund bleiben soll, zur Selbstversorgung, sei es beim Futter oder bei der Düngung. Dies sind nicht umsonst besondere Anliegen der bäuerlichen Landwirtschaft.

Aufgabe der Industrie ist es, der entgegengesetzten Logik zu folgen, und die letzten Reste an Selbstversorgung zu überwinden. Gemeint ist diesmal die Selbstversorgung mit Kapital. Sie läßt sich nur beseitigen, wenn Unternehmer Kapital allein aufgrund ihrer Fähigkeiten bekommen und daher auf Eigenkapital verzichten können. Es geht also um die Gleichung: Fähigkeit = Kapital. Alles andere birgt die Gefahr einer Kapitalvernichtung und damit auch Arbeitsverschwendung. Dies scheint herzlich wenig mit Agrarpolitik zu tun zu haben. Und doch hat es damit zu tun, wieviel Geld letzten Endes im Portemonnaie übrigbleibt, um sich die teuren Produkte der bäuerlichen Landwirtschaft leisten zu können.