Christlicher Heilantrag gegen Homoehe gescheitert

18.07.2001

Das Lebenspartnerschaftsgesetz für Homosexuelle kann wie geplant am 1. August in Kraft treten. Das Bundesverfassungsgericht (BVG) wies am Mittwoch in Karlsruhe den Eilantrag der unionsgeführten Länder Bayern und Sachsen gegen das Gesetz zurück. Damit können schwule und lesbische Paare ab 01.08.2001 ihre Partnerschaft von einer Behörde eintragen lassen, um eheähnliche Rechte und Pflichten zu erhalten.

Ziel des Gesetzes ist es, die Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare abzubauen und ihrer Partnerschaft einen rechtlichen Rahmen zu geben. Die "Eingetragene Lebenspartnerschaft" begründet gegenseitige Unterhaltspflichten und sorgt für eine Gleichstellung der homosexuellen Partner mit Ehepaaren im Namens-, Erb- und Mietrecht. In der Kranken- und Pflegeversicherung ist wie bei Ehepaaren die Möglichkeit zur beitragsfreien Mitversicherung vorgesehen. Vor Gericht steht den Partnern ein Zeugnisverweigerungsrecht zu. Für Kinder eines Partners ist ein "kleines Sorgerecht" vorgesehen, also die Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens. Nach einer Trennung kann ihnen ein Umgangsrecht eingeräumt werden. Für ausländische Partner gilt ein Zuzugsrecht.

Ein weiterer Teil des ursprünglichen Entwurfs ist noch nicht Gesetz geworden, da er der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Darin wollte die Koalition vor allem steuerliche Erleichterungen für homosexuelle Paare durchsetzen. Nicht vorgesehen sind der für Ehepaare geltende Versorgungsausgleich, die Hinterbliebenenrente und das Recht zur gemeinsamen Adoption von Kindern.

Der Eilantrag gegen die Homoehe wurde von der CDU/CSU vordergründig damit begründet, dass die erste Gesetzesnovelle zurückgenommen werden könnte, wenn der weitere Teil der "Homo-Gesetze" nicht durch den Bundesrat kommt. Dann müssen die Homoehen rückgängig gemacht werden. Davor sollten die Betroffenen bewahrt werden. Grundsätzlich wird die Homoehe von seiten der CDU/CSU als verfassungswidrig eingestuft, weil sie angeblich gegen den verfassungsmäßig garantierten Schutz der Ehe verstößt.

Die Verfassungshüter begründeten ihre Entscheidung gegen den Eilantrag damit, dass durch das Inkrafttreten des Gesetzes keine unumkehrbaren Nachteile für das Institut der Ehe zu erwarten seien und das rechtliche Fundament der Ehe nicht verändert werde. Die Richter verwiesen aber darauf, dass die endgültige Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes erst später fallen wird.

Verfassungsschutz macht erst dann Sinn, wenn er Individuen vor dem Staat schützt, oder die Rechte von Individuen einfordert. Vor so einem Hintergrund ist ein verfassungsmäßiger Schutz für verheiratete Partner gegen staatliche Eingriffe ganz im Sinne freiheitlicher Grundwerte. Die CDU/CSU will aber im Gegenteil die Verfassung dazu instrumentalisieren, Individuen weiterhin zu diskriminieren und rechtlich und wirtschaftlich zu benachteiligen, um eine christliche und normdurchsetzte Institution "Ehe" gegen Menschen zu verteidigen, die mit dieser Normen nicht konform gehen.

Die CDU/CSU sollte sich im Einüben des Geistes der Verfassung anstrengen. Ob sie, und alle übrigen Politiker, aber je von der abstrakten Handhabung der Verfassung wegkommen, ist zu bezweifeln. Die Entscheidung des Verfassungsgerichts ist zwar vom Ergebnis richtig gewesen, aber keine endgültige in der Homo-Ehe-Frage. Wir werden schon Zeit bekommen, die Köpfe zu schütteln.

Die Verfassung wird ein Selbstbedienungsladen bleiben, solange sie ein Text ist, in dem alles durcheinander geworfen wird und die Ideale zum Gegenstand der Jurisprudenz gemacht worden sind. Die stabilsten Demokratien kommen ohne Verfassungsgericht aus und gegenwärtig scheint nur der europäische Gerichtshof, als überstaatliches Verfassungsgericht, Sinn zu machen. Die Ideale, die unserer Gesellschaft zu Grunde liegen und in der Verfassung grob reflektiert werden, können erst konkret werden, wenn die Gesellschaft durch Dreigliederung differenziert wird.

Erst wenn eine Dreigliederung des öffentlichen Lebens durchgeführt wird, sind die systemischen Bezugs- und Kristallisierungspunkte vorhanden, die eine Realisierung von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit ermöglicht und die Ideale parallel und ineinandergreifend zu Leben erwecken. Unser Rechtsystem braucht keine Verfassung, sondern Dreigliederung, um erkennen zu können, dass die Homo-Ehe eine Freiheits- und Gleichheitsfrage ist, die eine gerechte Forderung stellt nach einem brüderlichen/partnerschaftlichen Zusammenleben auf einer wirtschaftlichen Grundlage.

Wer in der Homo-Ehe mehr als eine rechtlich-wirtschaftliche Vergesellschaftlichung zweier Personen sehen will, und sie als eine Norminstitution betrachtet, der begeht einen großen Fehler. Dass Ehen mit Liebe und Sexualität verbunden werden, ist die Voraussetzung für einer solche Partnerschaft, aber alle die in der staatlichen Ehe die Legitimierung von Liebe und Sexualität sehen wollen, seien sie homosexuell, konservativ oder sonst etwas, die begehen eine große Sünde gegen den Zeitgeist.