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Betriebsratsgesetz als ewiges Mißverständnis
Die Reform der Betriebsverfassung ist heute vom deutschen Bundestag gebilligt worden. Während die Gewerkschaften grundsätzlich positiv dazu stehen, haben Vertreter der Arbeitgeber und konservative Medien umsonst versucht dagegen Stimmung zu machen. Sie sind wohl daran gescheitert, daß die Änderungen eher kosmetischer Natur sind. Ihre Kritik richtet sich auch weniger gegen das Prinzip der betrieblichen Mitbestimmung selbst als gegen die Kosten, die durch die Freistellung von Mitarbeitern entstehen.
So monierte heute die Amerikanische Handelskammer in Deutschland, daß die direkten und indirekten Personalzusatzkosten sich schon jetzt in 70 bis 80 Prozent addieren und Deutschland zu einem der teuersten Standorte weltweit machen. Im Ausland gebe es wenig Verständnis für eine solche Reform. Die Einführung zusätzlicher Organe der betrieblichen Mitbestimmung sei kontraproduktiv. Durch die sogenannte Reform werden aber keine zusätzlichen Organe geschaffen, sondern wird nur dafür gesorgt, daß die Zahl der Betriebsräte nicht zurückgeht. Besonders internationale Unternehmen hatten gehofft, daß dieser Rückgang nicht weiter auffällt und sind nun enttäuscht worden.
Die Gewerkschaften verweisen ihrerseits darauf, daß die betriebliche Mitbestimmung dazu beiträgt, Streiks zu vermeiden. Werden die Streikkosten berücksichtigt, so steht Deutschland im internationalen Vergleich in der Tat viel besser da. Solche Argumentation klingt sehr betriebsrätefreundlich. Die Gewerkschaften verschweigen aber, daß sie selber die größten Feinde einer durchgreifenden Reform der Betriebsräte sind.
Die Gewerkschaften sind es, welche die Versuche der Betriebsräte, sich zu vernetzen, immer radikal bekämpft haben, schon 1919 und zuletzt 1989 nach dem Mauerfall in Ostdeutschland. Gewerkschaften wollen nämlich die einzigen überbetrieblichen Arbeitnehmervertreter sein. Sie wehren sich auch deswegen gegen besonders schlaue Vorstöße von Arbeitgebervertretern wie Dieter Hundt, Betriebsräte über Tariffragen mitentscheiden zu lassen. Durch ihre Isolierung haben Betriebsräte keinen Überblick über die gesamte wirtschaftliche Lage und können sich gegeneinander ausspielen lassen. Das weiß Dieter Hundt ganz genau. Für diese Isolierung sind aber gerade die Gewerkschaften verantwortlich.
Schaut man sich genauer an, welche zusätzliche Aufgaben den Betriebsräten zukünftig zugedacht werden, so sind es fast ausnahmslos staatliche Aufgaben. Es geht vor allem um Umweltschutz und Nicht-Diskriminierung. Dafür sollte der Staat aber lieber selber sorgen. Richtig interessant werden Betriebsräte erst, wenn sie sich ausschließlich wirtschaftlichen Aufgaben widmen und sich zu diesem Zweck vernetzen. Nicht nur mit anderen Betriebsräten, sondern einerseits mit dem betrieblichen Management und andererseits mit Handelskammern und rein wirtschaftlichen Verbraucherorganisationen. Sie wären dann nicht mehr kontraproduktiv, sondern könnten es dem Staat überlassen, der gar nicht anders kann, als der Produktivität menschliche Grenzen zu setzen. Für solche Betriebsräte hätte vielleicht sogar das amerikanische Ausland Verständnis oder - besser gesagt - ein handfestes wirtschaftliches Interesse.