Antibiotika und artgemäße Tierhaltung

21.06.2001

Die EU-Kommission hat sich beunruhigt über den exzessiven und unangemessenen Verbrauch von Antibiotika innerhalb der Europäischen Union geäußert. Durch den leichtfertigen Einsatz der Medikamente bei Menschen und Tieren würden die Krankheitserreger zunehmend resistent gemacht. Die Kommission forderte die Mitglieder der EU auf, gemeinsam gegen das Problem vorzugehen. EU-Gesundheitskommissar David Byrne wies auf Studien aus Skandinavien hin, wonach bei einem maßvolleren Antibiotika-Einsatz die Resistenz von Bakterien wieder zurückgehe.

In der Tiermedizin hängt der steigende Einsatz von Antibiotika eng mit der Massentierhaltung zusammen. Es ist daher widersprüchlich, riesige Schweine- und Putenställe mit mehreren 10 000 Tieren zu genehmigen und gleichzeitig den Verbrauch von Antibiotika beschränken zu wollen. Um ihre Investitionen trotz der vielen Krankheiten doch retten zu können, greifen dann viele Bauern zu illegalen Mitteln. Erst im Januar wurde entdeckt, daß Tierärzte im großen Stil gesetzeswidrig Medikamente - unter anderem Antibiotika - in Österreich und Bayern verkauft hatten. Barbara Stamm - die damalige bayerische Sozialministerin - wußte zwar schon lange davon. Wie oft wurde aber das Wohlergehen der Wirtschaft über die Sorge um die Sicherheit der Verbraucher gestellt. Die Hinweise aus Fachkreisen wurden lieber nicht geprüft.

Während bei der Tiermedizin die Verfilzung von Staat und Landwirtschaft ausschlaggebend ist, geht es bei der Humanmedizin um ein anderes Problem. Dort ist der häufige Einsatz von Antibiotika besonders bei Kindern mit Atemwegserkrankungen Besorgnis erregend. Das hat aber weniger mit Skrupellosigkeit als mit der strukturellen Hilfslosigkeit der Ärzte zu tun. Sie werden durch ihre staatliche Ausbildung auf Einfachheit getrimmt und haben es daher am liebsten monokausal. Krankheitsbegleiter halten sie oft für Krankheitserreger und schießen darauf mit antibiotischen Kanonen, ohne die eigentliche Krankheit zu treffen. Kein Wunder, wenn die Resistenz von Krankheiten gegen die konventionelle Medizin zunimmt.