Angela Merkel und die Schuluniformen

10.05.2001

Angela Merkel schwärmt von einem "Modellversuch mit schicken Schuluniformen". "Eine Schuluniform stärkt das Gemeinschaftsgefühl", sagte sie der Bild-Zeitung. Das macht allerdings auch der Markenterror, dem sie mit ihrem Vorschlag entgegentreten möchte.

Das Problem beim Markenbewußtsein in den deutschen Schulen ist nicht das mangelnde Gemeinschaftsgefühl, sondern der ausschliessende Charakter. Wer die schicke Marke nicht trägt, gehört nicht dazu. Nun will Angela Merkel den Markenterror durch ihren Werteterror ersetzen. Wer das Schuluniform nicht tragen will, fliegt raus.

Wolfgang Goethe hat einmal einen besseren Vorschlag gegen den Gruppenwahn gemacht, als es eine Angela Merkel je machen können wird. In seiner pädagogischen Provinz muß jedes Kind, bevor er in die Schule hereinkommt, eine Kleidung aus einer Sammlung wählen. Das Geniale dabei: jede Kleidung ist ein Unikat. Es kann niemand ausgeschlossen werden, weil jeder anders ist.

Das ist ein Vorschlag, der den Deutschen dem Nationalsozialismus gegenüber immun gemacht hätte. Das kann man von Angela Merkel mit ihren schicken Schuluniformen nicht sagen. Aber es stimmt schon, daß ein solches Abrichten der Jugend die Wahlchancen ihrer Partei erhöhen würde. Hier zeigt sich einmal mehr, wie gefährlich es werden kann, wenn Politiker die Möglichkeit bekommen, in die Erziehung ihrer Wähler einzugreifen. In einem Land, dem das Gemeinschaftsgefühl nie richtig bekommen ist, ist pädagogische Freiheit genauso wichtig wie Pressefreiheit.

Liebe Angela Merkel, sind Sie sich wirklich im Klaren, auf welchen Niveau Sie sich bewegen? Haben Sie nicht den Eindruck, daß sie irgend etwas verraten, was schwerer wiegt, als die Frage, wer die nächste Regierung stellen wird?