Günther Beckstein und der Einbürgerungstest für Ausländer

09.04.2001

Bayern hat wieder einmal Geschichte geschrieben. Der christlich-soziale Innenminister Günther Beckstein sprach von einer "Pioniertat bei der sachgerechten Würdigung der Integrationsleistungen unserer ausländischen Mitbürger". Vor einem Jahr hatte Bayern als erstes Bundesland für Ausländer, die die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben wollen, einen Deutschtest mit schriftlicher Prüfung eingeführt. Arroganz reimt mit Ignoranz: Es wurde einfach vergessen, daß ältere Bewerber der ersten Zuwanderergeneration Deutsch nicht etwa an der Schule, sondern im Beruf gehabt haben. Es fehlen ihnen an Schriftsprachenkenntnissen. Nun wurde ein neuer Test für sie entwickelt.

Der maximal 30-minütige mündliche Sprachtest besteht aus vier Teilen: Zunächst findet ein gelenktes Gespräch zu Themen wie Arbeiten und Berufe statt. Im zweiten Teil wird das Hörverstehen in Alltagssituationen wie Einkaufen auf dem Wochenmarkt geprüft. Im dritten Teil bekommen die Prüflinge Alltagsgeschichten vorgespielt und müssen dazu Fragen beantworten; im vierten Teil sollen sie ein freies Gespräch führen.

Sieht man vom konkreten Anlaß ab, so hat ein solcher Test schon seine Berechtigung. Zur Mündigkeit gehören in der Tat minimale Sprachkenntnisse. Es fragt sich nur, warum gerade deutsche Sprachkenntnisse. Über die hiesige Politik kann man sich genauso gut durch türkische Zeitschriften unterrichten. Sie sind zwar nicht besonders, aber durch ihre Bild-Zeitung haben viele Deutsche ein Niveau erreicht, das sich nur schwer unterbieten läßt.

Es fragt sich auch, warum ein solcher Sprachtest nicht auf die gesamte Bevölkerung angewendet wird. Das wäre wirklich eine Pioniertat. Das Problem sind nämlich nicht die Ausländer, sondern das allzudeutsche Schulsystem mit seinen drei Schularten. Es produziert soviele Bildungskrüpel, daß das Land kaum noch demokratiefähig ist. Sonst wäre der Erfolg der Bild-Zeitung - auch ein deutsches Unikum - erst gar nicht möglich geworden.

Bei einem allgemeinen Sprachtest würden aber bestimmt soviele Rechtsradikale durchfallen, daß es den Christlichsozialen ihre absolute Mehrheit kosten würde. Eigentlich schade. Ihrem Staatschristentum kann man nämlich nur eines wünschen: Geschichte zu werden.

Mehr zum Thema Einbürgerungstest