Otto Schily und die liberale Staatsauffassung

24.10.2000

Der deutsche Bundesinnenminister Otto Schily hat sich beim Festakt zum 50-jährigen Bestehen des Bundesamtes für Verfassungsschutz in Köln zum geplanten Verbotsantrag gegen die NPD, eine rechtsextremistische Partei, ausgesprochen. Er respektiere selbstverständlich Meinungen, die das Material für einen solchen Verbotsantrag als möglicherweise nicht ausreichend einstufen. Es zeuge jedoch nicht von einer illiberalen Staatsauffassung, ein NPD-Verbot anzustreben. Wer sich dem Rechtsextremismus entschlossen entgegen stelle, tut dies als Ausdruck einer liberalen Staatsauffassung. Das Wiederaufleben von Rechtsextremismus und Antisemitismus sei eine ernste Gefahr.

Diese Gefahr kann man noch ernster nehmen als Otto Schily und sich doch grundsätzlich jedem Parteiverbot entgegen stellen. Jede Überlegung darüber, ob ein solcher Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht Aussicht auf Erfolg hat oder nicht, ist dann irrelevant. Was dem Rechtsextremismus und dem Antisemitismus entgegen gestellt werden muß, ist zweierlei: Ein stärkerer Polizeischutz für alle bedrohten Minderheiten und eine liberalere Staatsauffassung als diejenige Otto Schilys. Wer sich, wie er, mit der sozialen Dreigliederung im Sinne Rudolf Steiners beschäftigt hat und doch vor einer radikalen Freiheit des Geisteslebens zurückschreckt, hat seine Zeit verschwendet.