Kommunalwahlen im Kosovo

15.08.2000

Die für den 28.10.2000 geplanten Kommunalwahlen im Kosovo untergraben nach Ansicht des russischen Außenministeriums die Friedensbemühungen in der südserbischen Provinz. "Die Grundvoraussetzungen für freie, gerechte und demokratische Wahlen sind zur Zeit nicht gegeben", hieß es in einer Erklärung des Ministeriums vom 15.8.2000, nachdem die Serben angekündigt haben, Sie würden die Wahl boykottieren. Wahlen noch in diesem Jahr, sogar ohne die Beteiligung der serbischen und türkischen Minderheiten, würden alle Bemühungen um die Bildung einer multi-ethnischen demokratischen Gesellschaft zunichte machen. Die Organisation von Wahlen sei mit den Problemen der Friedenssicherung und der Sicherheit verbunden und könne nicht ohne die Zustimmung des UN-Sicherheitsrates beschlossen werden, meint das russische Außenministerium weiter.

Der Leiter der UN-Zivilverwaltung im Kosovo, Tom Koenigs, hatte am 10.8.2000 angekündigt, dass er trotz des serbischen Boykotts Kommunalwahlen abhalten will. Eine Verschiebung der für Herbst geplanten Abstimmung mache keinen Sinn, sagte der Grünen-Politiker: "Wenn die Serben nach der Wahl sehen, dass sie nicht so vertreten sind, wie sie gerne gewollt hätten, dann kommen die zur nächsten Wahl."

Die Frage ist bloß, ob es bei der nächten Wahl eine serbischen oder türkische Wahloption gibt, dort, wo sich nun eine albanische Mehrheit ausbreiten wird. Das Problem wird wohl nicht so sehr sein, eine gerechte Wahl durchzuführen, sondern die serbischen Bedenken sind vielmehr, dass unzählige Serben mittlerweile ihre Heimat notgedrungen verlassen haben, aufgrund der massiven Gewalt gegen sie. Die Serben werden deshalb keine angemessene Repräsentation durch die Kommunalwahlen gewinnen, und ob der Kosovo bis zu den nächsten Kommunalwahlen nicht schon längst geteilt ist, ist trotz der Beteuerungen der UNHCR, den Kosovo in seiner jetzigen Form beibehalten zu wollen, doch sehr wahrscheinlich. Da hilft die Vertröstung Tom Koenigs auf die nächsten Wahlen wenig.

Es ist jetzt schon eine politologische Daumenregel, dass bei einem Demokratisierungsprozeß für das Fortbestehen oder die Sezession eines Landes von maßgeblicher Bedeutung ist, ob die ersten demokratischen Wahlen auf regionaler Ebene oder landesparlamentarisch abgehalten werden. So wurde Spaniens Einheit gerettet weil die ersten demokratischen Wahlen nach der Francodiktatur für das Landesparlament gehalten wurde, während Jugoslawiens Auflösung damit zusammenhing, dass die ersten demokratischen Wahlen in den Teilrepubliken abgehalten wurden.

Ob die UN-Verwaltung mit den Kommunalwahlen lediglich eine Rückkehr zur Zivilgesellschaft bezwecken, oder ob sie, angesichts der großen Kommunen, eine Kantonisierung des Kosovo anstreben, ähnlich dem Vance-Owen-Plan, ist nicht klar ersichtlich. Sie werden aber mit beidem scheitern, denn die Wahlen können sich nur um ethnische Politik drehen und das Land ethnisch territorialisieren. Am Ende wird nicht ein einheitlicher Kosovo mit individuellen Rechten stehen, sondern die Ergebnisse der Kommunalwahlen werden die Vorlage bilden für eine Teilung des Landes zwischen Serbien und den Kosovo-Albanern, wobei die Serben sehr untervorteilt und die Türken völlig unberücksichtigt sein werden.

N.B. Jetzt haben auch die "Ärzte ohne Grenzen" die Notbremse gezogen und ihre Arbeit eingestellt, aus Protest gegen die Passivität der UN-Verwaltung gegenüber den Übergriffen.