Der Aufbau einer wirtschaftlichen Assoziation

01.03.2005

Falsche Preise sind die Hauptursache von Erwerbslosigkeit (Arbeitslosigkeit). Wirtschaftliche Assoziationen von Erzeugern und Verbrauchern können das Verhältnis der Preise zueinander zum Vorteil aller Wirtschaftsteilnehmer regulieren und in einen gesunden Zustand bringen.

Wie könnte nun eine solche Assoziation in der heutigen Zeit praktisch verwirklicht werden?

Eine Assoziationsbildung wird wohl kaum gelingen, wollte man jetzt etwa die Endverbraucher bestimmter Erzeugnisse in Vereinen zusammenfassen, etwa den Verein der Warmwasser-Verbraucher, um diese dann mit Herstellervereinigungen zu assoziieren. Vielmehr geht es gerade beim Aufbau einer neuen Assoziation um ein allgemeines Verbraucherinteresse, nämlich das an guter Qualität und günstigen Preisen. Dieses Interesse gilt für alle Erzeugnisse und ist nicht nur bei den Endverbrauchern vorhanden, sondern auch bei gewerblichen Verbrauchern. Diesem allgemeinen Verbraucherinteresse steht das allgemeine Erzeugerinteresse an geringem Produktionsaufwand und hohen Preisen für die Produkte gegenüber. Nun hat jeder Erwerbstätige beide Interessen gleichzeitig: er will günstig gute Qualität einkaufen und seine Leistungen teuer verkaufen. Ausgeglichen sind diese verschiedenen Interessen, wenn Preise exis-tieren, die jedem ermöglichen, seinen Lebensunterhalt mit Erzeugnissen in guter Qualität zu bestreiten. Wobei, was zum Lebensunterhalt nötig ist oder was gute Qualität ist, nicht einfach absolut festgelegt werden kann, sondern immer nur in Verhältnis zu dem, was insgesamt erwirtschaftet wird und was die anderen haben. Jede Gruppe zusammenarbeitender Menschen kann daher im Grunde eine Assoziation gründen, in der beide Interessen, sowohl Erzeuger als auch Verbraucherinteresse vertreten sind, und sich bestreben, Preise zu verwirklichen, die beide Interessen zum Ausgleich bringen, die also weder zu billig noch zu teuer sind.

Die Preise sind von den allgemeinen Preisen auf dem Markt abhängig. Sie können durch die Assoziation dadurch beeinflußt werden, daß sie zusätzliche Arbeitsplätze in Bereichen schafft, in denen ein hoher Bedarf herrscht, die Preise hoch sind. Dadurch werden dort die Preise gedrückt - was dem Verbraucherinteresse entspricht - und Verdienstmöglichkeiten auf der Erzeugerseite geschaffen - was dem Produzenteninteresse dient.

Eine Assoziation gründen ist eine unternehmerische und keine politische Sache. Die Tätigkeit der anthroposophischen Banken, etwa der GLS Gemeinschaftsbank eG in Deutschland geht schon in diese Richtung. Die Tätigkeit dort basiert vor allem auf dem Schenken einzelner Mitglieder zugunsten kultureller oder ökologischer Initiativen und Unternehmungen. Eine Verpflichtung der so Beschenkten existiert in Form der guten, gemeinnützigen Sache, für die sie sich einsetzen. Will man jedoch nicht nur bei gemeinnützigen Unternehmen bleiben, sondern solidarisches Wirtschaften auf die allgemeine Wirtschaft, auf gewöhnliche Wirtschaftsunternehmen ausdehnen, müssen an die Stelle eines gemeinnützigen Zweckes vertragliche Verpflichtungen der Wirtschaftenden untereinander treten, um eine solidarische Wirtschaftsgemeinschaft zu schaffen. Insbesondere sollen Unternehmungen und Investitionen der Gemeinschaft dienen. Eine solidarisch wirtschaftende Assoziation aufbauen bedeutet daher, Rechtsformen zu schaffen oder Verträge zu schließen, welche die Beteiligten verpflichten, innerhalb der Assoziation zu investieren. Und zwar so verpflichten, daß der Ertrag aus einer Investition von der Entwicklung der Gesamtassoziation abhängt und nicht von dem des einzelnen Unternehmens innerhalb derselben.

Wie kann eine solche Verpflichtung sinnvoll aussehen?

Jedes Unternehmen innerhalb der Assoziation kann sich verpflichten, seine Überschüsse zu einem gewissen Teil innerhalb der Assoziation zu investieren, also in andere Unternehmen der Assoziation. Es selber kann auf diese Weise natürlich auch Gelder der Assoziation bekommen, sich über die Assoziation finanzieren. Es erhält für Gelder, die es innerhalb der Assoziation investiert, einen von der Assoziationsbank entsprechend der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung der Assoziation festgelegten Zins. Umgekehrt zahlt es Zinsen für Gelder, das es von der Assoziationsbank erhält. Im Laufe der Zeit werden die beteiligten Unternehmen zu einem immer größeren Anteil über die Assoziation finanziert.

Da die Geldgeber innerhalb der Assoziation den gleichen Ertrag erhalten werden, egal ob sie in dieses oder jenes Unternehmen innerhalb der Assoziation investieren, werden sie sich im Sinne der Gesamtassoziation entscheiden.

Jedes Mitglied der Assoziation hat ein Interesse an günstigen Preisen. Jeder Mitarbeiter in der Assoziation hat jedoch auch Interesse an einem guten Einkommen. Hat nun ein Unternehmen im Verhältnis zu den anderen zu hohe Preise, so werden die Menschen in diesem mehr verdienen, die in den anderen weniger. Es werden dann die anderen Assoziationsmitglieder als Geldgeber und Beteiligte Druck ausüben auf ein solches Unternehmen, die Preise zu senken oder weitere Mitarbeiter einzustellen, um je nach Bedarf die Produktion zu erhöhen oder die Leistung zu verbessern. Dieser Interessenausgleich tritt ein, wenn die Assoziation groß genug ist und so interne, also assoziative Wirtschaftsbeziehungen der teilnehmenden Unternehmen untereinander einen bedeutenden Teil der Wirtschaftsleistung ausmachen. Die Forderung nach einer höheren Produktion werden andere Assoziationsteilnehmer dann stellen, wenn ein Erzeuger mit Marktmacht durch knappe Produktion den Preis für seine Ware künstlich hoch hält. Umgekehrt können dann von ertragsschwachen Unternehmen Mitarbeiter abgezogen werden.

Die Finanzierung der Assoziation kann über Wertpapiere laufen. Anstelle herkömmlicher Aktien bieten sich hier befristet gültige Genußscheine an. Jeder Genußschein steht für einen Anteil der in der Assoziation in einer gewissen Zeitspanne erzeugten Waren - oder deren Verkaufserlös in Euro. Die Assoziationsunternehmen werden ihre Mitarbeiter mit solchen Genußscheinen bezahlen, oder deren Gegenwert in Euro. Dieser ist umso höher, je besser sich die Erzeugnisse der Assoziationsunternehmen verkaufen. Daher werden die Mitarbeiter natürlich bestrebt sein, vorzugsweise innerhalb der Assoziationsunternehmen einzukaufen, Aufträge innerhalb der Assoziation vergeben. Sie schaffen sich so quasi ihre Arbeitsplätze selbst.

Der Wettbewerb mit außenstehenden Unternehmen bleibt allerdings erhalten. Denn wenn ein größerer Preisunterschied besteht, lohnt es sich für Mitarbeiter, auch solche Waren extern zu kaufen, die in der Assoziation hergestellt werden, und einen geringeren Wert der eigenen Genußscheine in Kauf zu nehmen. Bei gleichen Preisen werden die Mitarbeiter jedoch nicht einfach nur die bekannteste Marke kaufen, sondern die Produkte der Assoziation berücksichtigen, auch wenn sie von kleineren Anbietern stammen. Gerade kleinere Unternehmen, die sich die hohen Werbekosten bekannter Marken und Konzerne nicht leisten können, haben so durch die Assoziation eine Chance. Daher lohnt sich für sie auch das Mitmachen.

Die Bezahlung nach dem Wert der Genußscheine bedeutet variable Einkommen der Mitarbeiter je nach wirtschaftlicher Lage. Dadurch sind die Arbeitsplätze sicherer. Bei einer Flaute der Nachfrage um 10 % sinken die Einkommen entsprechend, anstatt daß 10 % der Beschäftigten entlassen werden muß, damit der Ertrag noch für die gleichbleibend hohen Einkommen der restlichen reicht. Bei steigenden Gewinnen steigen die Einkommen ohne auf Lohnerhöhungen zu warten.

Einrichtungen im Sinne des sozialen Hauptgesetzes

Eine solche wirtschaftliche Assoziation ist auch eine Einrichtung im Sinne des „sozialen Hauptgesetzes“, über das Rudolf Steiner in seinen Aufsätzen Geisteswissenschaft und soziale Frage gesprochen hat. Je mehr sich beteiligen, um so mehr wird das gemeinsame Ziel eines Ausgleiches der Preise zueinander erreicht - was nichts anderes besagt, als daß der einzelne nicht die Früchte seiner Arbeit für sich beanspruchen kann.

Eine wirtschaftliche Assoziation wird durch ihre Vorteile ein Vorbild für weitere sein. Ist schließlich die Wirtschaft weitgehend assoziativ organisiert, kommen die Früchte der Arbeit des einzelnen weitgehend den anderen zugute. Einzelne können dann weit weniger als heute aus dem Ergebnis ihrer Arbeit persönliche Vorteile für sich erzielen. Es wird nicht mehr möglich sein, daß sich Vorstände selbst bedienen und Millionengehälter genehmigen, oder Unternehmer mit dem Verkauf ihres Unternehmens an der Börse Milliarden machen, während die anderen dadurch arbeitslos werden.

stefan.reeder@gmx.de
0178-833337

Spenden

In Berlin hat sich eine Initiative zum Ziel gesetzt, so eine Assoziation zu realisieren. Bitte Spenden Sie dafür an den gemeinnützigen Verein "Bewegung für soziale Dreigliederung", Konto 42 573 800, GLS-Bank (BLZ 430 609 67), Stichwort "Assoziation". Bitte geben Sie Ihre Adresse an, wenn Sie eine steuerlich absetzbare Spendenbescheinigung wünschen.


Quelle: Trigolog Berlin 03/2005, Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors