Pharma-Lobby und Verbraucherverbände

05.06.2000

Die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) hat bei der EU-Kommission Beschwerde gegen die Bundesregierung eingelegt, um den "nötigen Patientenschutz" zu erzwingen. Fast 20.000 Medikamente, die vor Inkrafttreten des deutschen Arzneimittelgesetzes von 1976 eingeführt worden sind, befinden sich weiter auf dem Markt, ohne je auf Sicherheit und Wirksamkeit nachgeprüft worden zu sein. Daran hat die jüngste Reform des deutschen Arzneimittelgesetzes trotz der Mahnungen aus Brüssel nichts geändert, obwohl die Bereinigung des Medikamentenmarktes seit 1990 europarechtlich vorgeschrieben ist. Der Bundesregierung wird von der AgV vorgeworfen, vor der Pharma-Lobby "eingeknickt" zu sein.

Der Vorwurf mag stimmen und die Wachsamkeit der Verbraucherverbände kann man nur loben. Mit ihren Forderungen könnten sie aber unbeabsichtigt der Pharma-Lobby einen guten Dienst erweisen, indem sie ihr unbeliebte Konkurrenten vom Leibe schafft. Zur Pharmaindustrie gehören nämlich nicht nur die finanzkräftigen chemischen Konzernen, sondern auch einige kleineren Betriebe, die alternative Medikamente herstellen. Anders als die Großkonzerne setzen sie nicht auf die Massenproduktion einiger wenigen Pauschalmedikamente, sondern auf möglichst individualisierte Medikamente, die durch die Anpassung an den speziellen Fall Nebenwirkungen vermeiden helfen. Mit ihren Erfolgen gefährden diese alternativen Pharmabetriebe die etablierten Pharmariesen. Eine Nachzulassung dieser vielen Spezialmedikamente können sich aber die kleinen Firmen finanziell kaum leisten. Für solche Medikamente sind die schulmedizinisch orientierten Prüfmethoden zudem denkbarst ungeeignet.

Aus diesem Grunde warnen seit Jahren nicht nur diese Unternehmen, sondern auch die Aktion biologische Medizin und die Pressestelle Anthroposophische Medizin vor einer Bereinigung des Medikamentenmarktes von allen biologischen Arzneimitteln. Wunschenswert wäre ein Patientenschutz, der solche Nebenwirkungen nicht zeigt.