Rudolf Steiner und John Maynard Keynes

27.05.2012

Zum Vortrag von Christopher Houghton Budd über das Verhältnis von Rudolf Steiners und John Maynard Keynes

Das Hauptanliegen Budds in seinem Vortrag vom 27. Mai 2012 am Goetheanum war die Entwicklung des angelsächsischen Materialismus am deutschen Geistesleben, wie es durch Steiner geprägt wurde. Dabei verwies er auf die Notwendigkeit, den Engländern nicht die Richtigkeit der Anthroposophie vorzuhalten, sondern ihnen ihre Möglichkeiten zur Imagination zu zeigen. In seinen Worten, nichts zu erklären, sondern die erklärende Kraft der Ideen der Dreigliederung zu nutzen.
Keynes aufzugreifen legt den Schluss nahe, dass Budd im Sinne des Vortrags von Steiner zur Dreigliederung vom 17. März 1920 in Zürich auftreten wollte. Er wählte einen prominenten englischen Ökonomen, um als Engländer eine Brücke zur Anthroposophie zu schlagen: „Er (Keynes) sagt, man könne nur erhoffen, dass irgendein Heil für die europäische Zivilisation erfolge aus dem Zusammennehmen aller in Betracht kommenden Kräfte zu einer neuen Seelenverfassung und zu neuen Imaginationen.“ (R. Steiner) Keynes dient Budd als Brückenstein zu einer bestimmten Form des deutschen Geisteslebens.

Budd ist ein gefragter Redner und seine Publikationen zu Wirtschaftsthemen aus einem Standpunkt der Dreigliederung gehen bis ins Jahr 1979 zurück. Vermisst habe ich an seinem Vortrag jedoch die konkreten gesellschaftlichen Fragen. Es ging um Bewusstseinsentwicklungen und Anekdoten zu Reinkarnationsideen. Letztere wurden zwar mit einem Augenzwinkern vorgetragen, die Relevanz für gesellschaftliche Themen blieb jedoch unklar. Auf die Frage, wo er den nun die Differenzen und Parallelen der Dreigliederung zu Keynes sehe, zeigte er einige Differenzen auf. Gemäss der Brückensteinfunktion, die Keynes in seinem Vortrag einnahm, betonte er aber vor allem die Transformationsmöglichkeiten.

Der Vortrag war Teil eines ganzen Wochenendprogramms mit vertiefenden Workshops. Leider konnte ich an diesen nicht teilnehmen. Sie hätten Einblick in die konkreten Wirtschaftsvorstellungen des Redners gewährt. Der Vortrag für sich genommen machte mit den Anekdoten und den esoterischen Hintergründen den Eindruck, als ob hier einem Publikum mit anthroposophischen Hintergrund genüge getan werden sollte. Nähere Auseinandersetzungen mit den Ansichten des Redners scheinen mir aber lohnenswert.

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