Die Regierung Orbán und die ungarischen Tage

23.08.2011

«Der ungarische Präsident, Pál Schmitt, reiste vergangene Woche - unmittelbar nach dem ungarischen Nationalfeiertag - nach Rumänien, besuchte Vertreter der Rumänienungarn in Siebenbürgen und machte sich selbst zum Programmpunkt des Abschlusstages der "Ungarischen Tage", um eine Messe zur "Einheit der Nation" zu zelebrieren.»
[Zitat aus Pester LLoyd, 23.08.2011]

Ungarn hat die spezielle Situation, dass es als Volk selten homogen ist, auch durch die spezielle Sprache bedingt. Seit den Trianonverträgen nach dem ersten Weltkrieg wurden rundherum erhebliche Teile Ungarns abgeschnitten, was die Menschen noch heute schmerzt. In den umliegenden Ländern, vor allem in der Slowakei und in Rumänien, leben ungarische Minderheiten, die aber doch so stark sind, dass sie für Regierungsqualitionen Zünglein an der Waage sein können. Die Regierung Orbán versucht in diesen umliegenden Ländern die ungarisch-nationalen Kräfte zu stärken.

Was würde ich tun, wenn ich Orbán wäre? – Die Frage erinnert an Kindertage, zugegeben. Doch würde ich genau das tun, was ich hiermit tue: Ich würde mich einsetzen dafür, dass das kulturelle Leben, das Bildungswesen, die Religionen und Kirchen vom Staat unabhängig in Selbstverwaltung entlassen werden. Das kulturelle Leben könnte sich frei gestalten und zeigen, wie fruchtbar es sein kann. Einem solchen Beispiel könnten bald die Nachbarn in der Slowakei und in Rumänien folgen, denn die müssten dann keine Angst mehr haben um ihr Territorium. Für das kulturelle Leben wären die Staatsgrenzen aufgelöst. Das Ziel eines vereinten Volkes wäre den Menschen möglich in dem Bereich, in dem es drauf an kommt, soweit sie das wollen. Denn das Primat sollte heute ja bei den einzelnen Menschen liegen, von denen die Impulse ausgehen.

Orbán müsste sich dann nicht darum kümmern, dass vor allem die altgedienten Religionsgemeinschaften staatliche Anerkennung und Unterstützung finden, er könnte das der Fruchtbarkeit der einzelnen überlassen. Er müsste sich nicht drum kümmern, wer die Oper managt. Er könnte dafür sorgen, dass Schulen, die die Kommunen nicht mehr leisten können, nicht einfach zurückfallen an die Kirchen, sondern dass neue pädagogische Konzepte mit gleich langen Spiessen wirken können. Er müsste nicht aus politischen Gründen die Ungarn in den Nachbarstaaten aufhetzen. Er könnte sich auf die Staatsaufgaben konzentrieren. Und hätte vielleicht Zeit, sich mal um Kernpunkte der sozialen Frage zu kümmern, wie sie Rudolf Steiner im gleichnamigen Buch aufzeigt und zu Ideen kommen, die einem Staatsmann besser anstehen. Dann würde er schätzen lernen, dass wirklich freie Medien eine Hilfe sind beim Regieren, nicht ein Hindernis. – Orbán zeigt sich volksnah, meint, er habe das Ohr nahe am Herzen des Volkes. Warum flüstert ihm das keiner?