Schulfreiheit

Definition der Schulfreiheit

Schulfreiheit heißt nicht die Abwesenheit von Schule, sondern - wie bei der Religionsfreiheit - die freie Wahl der Schule. Schulfreiheit schließt die Möglichkeit ein, Schule im Kleinen zu machen - das Homeschooling. Aber noch wichtiger: Schulfreiheit gibt es erst, wenn die staatlichen Lehrpläne nicht mehr verbindlich sind, sondern zur Fußnote der Geschichte geworden sind. Das ist der Unterschied zum Begriff der Schulautonomie, wie er meist benutzt - bzw. mißbraucht wird - nämlich im Sinne einer Autonomie, die sich höchstens darauf bezieht, wie die staatlichen Lehrpläne umgesetzt werden - diese aber nicht ernsthaft in Frage stellt.

Schulfreiheit und soziale Dreigliederung

Vielleicht der wichtigste Aspekt der sozialen Dreigliederung ist die Befreiung der Erziehung von jedem staatlichen Einfluß, was die Inhalte anbelangt. Das Recht der Kinder auf Erziehung durchzusetzen, notfalls gegen den Willen der Eltern, ist dagegen Aufgabe des Staates. Eine staatliche Schulaufsicht darf nur prüfen, ob die Kinder sich in physischer Sicherheit befinden und ob sie nicht wirtschaftlich ausgebeutet werden. Geht sie darüber hinaus und greift sie in die Inhalte der Erziehung ein, so liegt Machtmißbrauch vor.

Dieses Grundprinzip der pädagogischen Freiheit stand Pate bei der Gründung der ersten Waldorfschule 1919. Durch den vermehrten Einsatz von staatlich ausgebildeten OberstufenlehrerInnen ist diese Forderung aber vielerorts verloren gegangen. Man macht eben was man kann. StaatsschullehrerInnen können halt keine Waldorfpädagogik. Dies zeigt, daß die LehrerInnen den Kern, die einzige Realität der Schule darstellen. Statt sich darauf zu konzentrieren, so viele Subventionen wie die Staatsschulen zu kriegen, sollten die Vertreter der Waldorfschulen lieber die Priorität darin sehen, wieder echte WaldorflehrerInnen einzustellen.

Andere freie Schulen haben es anfangs nicht immer so genau mit der nichtstaatlichen Trägerschaft genommen. Mit der Zeit und einigen negativen Erfahrungen sind sie aber auch zur Selbstverwaltung übergegangen. Inzwischen stehen sie der Zivilgesellschaft zum Teil näher als manche Waldorfschulvertreter, die vor lauter Liberalismus vergessen, daß die Schulen sich nicht nur nicht dem Staat, sondern auch nicht der Wirtschaft verkaufen sollen.

Sylvain Coiplet