Einzelmenschen im Rechts-, Korporationen im Geistes- und Wirtschaftsleben

Quelle: GA 331, S. 079-080, 1. Ausgabe 1989, 22.05.1919, Stuttgart

Sehen Sie, ein Begriff wird in der Zukunft ganz verschwinden müssen, der Begriff der juristischen Persönlichkeit, auch der wirtschaftlich-juristischen Persönlichkeit. Es wird tatsächlich das, was an Steuern zu bezahlen ist, von einzelnen Menschen zu zahlen sein, weil im Staate, im demokratischen Staate, auf dem Boden, auf dem das Recht leben soll, der einzelne Mensch dem einzelnen Menschen gegenübersteht. Die Menschen können nur dann gleich sein, wenn ein Mensch dem anderen als Einzelner gegenübersteht. Auf dem Boden des Wirtschaftslebens und auf dem Boden des Geisteslebens muß es Korporationen geben. Auf dem Boden des Staates kann es nur Recht geben, das ist für alle Menschen dasselbe, das kann auch jeder erwachsene Mensch durchschauen. Davon ist aber das Äquivalent, daß jede Privatperson, daß jeder einzelne nur der Steuerträger ist.

Das kann proportional so eingerichtet werden, daß nie Ungerechtigkeit vorkommt, aber diese Proportionalität wird nicht notwendig sein, wenn wirklich ein Ausgleich unter den Menschen da ist. Die Steuerfrage wird dann etwas ganz anderes sein. Deshalb gelten die Dinge, um die es sich handelt und die heute gefragt werden können, mehr für das Übergangsstadium. Da muß man oftmals ja Dinge machen, die nicht bleiben. Da handelt es sich natürlich darum, daß man allmählich die Wege schafft zu der Besteuerung des einzelnen Menschen, nicht zur Besteuerung von Komplexen [...]