Tobin-Steuer will Globalisierung staatlich gestalten

11.09.2001

In einer gemeinsamen Pressekonferenz am 11.09.2001 forderten IG Metall, Ver.di, Attac, Misereor, BUND und WEED den Bundeskanzler auf, sich für die Einführung einer Spekulationssteuer auf Devisengeschäfte international einzusetzen. Sie stellten einen offenen Brief an Bundeskanzler Schröder vor.

Mit der Spekulationssteuer, auch Tobinsteuer genannt, sollen u.a. die negativen Folgen der Globalisierung bekämpft und ausgeglichen werden.

Die Presseerklärung kam eine Woche nachdem Schröder in einer Rede gleichzeitig die Chancen der Globalisierung hervorhob, aber auch verlangte, dass die Globalisierung von der Politik durch gesellschaftlichen Ausgleich beeinflusst werde.

Nachdrücklich pries Schröder das europäische Gesellschaftsmodell gegenüber dem der USA. Es sei beispielhaft für die Ausgestaltung der Globalisierung: "Nur Europa steht für den wirtschaftlichen, den sozialen, den kulturellen und ökologischen Ausgleich." Die Kombination aus materieller Lebensqualität, aus demokratischer Partizipation, aus sozialer Absicherung und Chancen zur Bildung als Voraussetzung zur persönlichen Entfaltung sei so nur in Europa zu finden, meinte er. "Dieses europäische Modell hat sich bewährt. Es ist ein Modell, das auch in Zeiten der Globalisierung beste Entwicklungschancen bietet."

Dabei erteilte der deutsche Kanzler Forderungen nach einer Besteuerung von kurzfristigen Devisengeschäften eine Absage. Dies wäre "nur ein Instrument", das zudem zu kurz greifen würde. Auch gebe es rechtliche Bedenken wie praktische Probleme bei der Umsetzung.

Auch wenn Schröder die Spekulationssteuer ablehnt, unterscheiden sich die Auffassungen des Kanzlers und der Tobinsteuer-Befürworter, wie die Globalisierung ausgestaltet werden soll, in eigentlich nichts: Mit staatlichen Eingriffen, z.B. durch Steuern, soll den Bereichen Wirtschaft und Kultur ein sozialer Ausgleich auf die Prämissen der politischen Räson abgezwungen werden.

Steuern sind "nur ein Instrument" der Ausgleichsinstanz Staatsleben, und will man den negativen Folgen der Globalisierung entgegenwirken durch gleichzeitige Differenzierung der Gesellschaftsbereiche und Vergesellschaftlichung der autonomen Gesellschaftsbereiche, sollte man Steuern genau so vermeiden wie deren Vater, - das Staatsleben.

Die Kapitalfrage stellt ganz richtig eines zentrales Globalisierungsproblem dar. Dabei ist aber die Beweglichkeit des Kapitals ein positiver Befund und sollte nicht durch Transaktionssteuern gehemmt werden. Nur die Kapitalakumulation an sich, und die einseitige Verteilung bei der Akkumulation ist für die globale Gesellschaft ein Problem und fördert die schädliche Spekulation.

Der richtige Weg, um dieses Problem zu bewältigen ist, dafür zu sorgen, dass die Kapitalakkumulation durch Schenkung abgebaut werden kann. Die Aufgabe von Dreigliederung muß heißen: Verwandlung des Spekulationskapitals in Schenkungsgelder für das kulturelle Leben. Nur wenn das Geld wirklich zirkuliert, ist es gesund. Der Kapitalismus sucht die Zirkulation durch globale Spekulation zu erreichen, - da hilft auch keine Tobinsteuer. Was aber eintreten muß, ist Verständnis dafür, dass eine gesunde Zirkulation dann vorhanden ist, wenn die Wertschöpfungskette durch das kulturelle Leben transformiert wird:

Wenn Kapital durch Schenkungsgelder abgebaut werden kann, werden die ökonomischen Verstopfungssymptome, wie Rezession, abgewendet und durch die Beschenkung des kulturellen Lebens entsteht neues Wachstumspotential.