Bauernopposition kritisiert Landvergabe in Ostdeutschland

02.07.2002

Bei der Privatisierung der ostdeutschen Landwirtschaft haben, neben den Verwaltungsbeamten, Vertreter der ehemaligen Großbetriebe und des westdeutschen Bauernverbandes, das Sagen gehabt. Sie haben dafür gesorgt, dass Klein-, Familien- und Biobetriebe kaum Boden pachten konnten. Geblieben sind die riesigen Betriebe, die sich jetzt, zusammen mit dem Bauernverband, gegen eine Umstellung der europäischen Agrarpolitik stellen. Nun feierte im Juli die zuständige Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH ihren zehnten Geburtstag und lobt sich selber: Man habe für die Wettbewerbsfähigkeit der ostdeutschen Landwirtschaft gesorgt.

Dies ist aber eine Wettbewerbsfähigkeit, die sich ganz und gar auf die EU-Subventionen stützt.

Die angeblich blühenden Agrarlandschaften Ostdeutschlands werden nun mit den Agrarreformvorschlägen des EU-Agrarkommissars Franz Fischlers in ihren Grundfesten erschüttert und offenbaren die Strukturschwächen in der ostelbischen Gutswirtschaft. Statt der Förderung der Massen- und Überproduktion soll jetzt hauptsächlich eine nachhaltige Agrarstruktur gefördert werden.

Der Entwurf sieht im Kern vor, die Preise für Getreide, Milch und Fleisch drastisch zu senken. Die Bauern sollen künftig durch direkte Ausgleichszahlungen aus Brüssel für Einbußen entschädigt werden. Bisher erhielten sie Subventionen hauptsächlich über Garantiepreise für ihre Produkte. Das ostdeutsche Problem dabei ist nun aber, dass die Ausgleichszahlungen nicht proportional zur Betriebsgröße wachsen, sondern eine Grenze bei 300.000 Euro haben sollen. Dies kommt kleinen Betrieben zugute, große werden benachteiligt.

Die Agrarlobby macht mobil und sagt den landwirtschaftlichen Ruin in Ostdeutschland voraus.

Der Präsident des Bauernverbandes Mecklenburg-Vorpommern Gerd-Heinrich Kröchert prophezeite in einem NDR-Interview, "dass von den ohnehin nur noch vorhandenen 20.000 Arbeitskräften, die die Landwirtschaft in Mecklenburg hat, 4000 bis 5000 durch die EU-Maßnahmen freigesetzt werden". Auch wenn die EU, mit ihren Reformvorschlägen die ostdeutsche Landwirtschaft in ihrer jetzigen Form empfindlich stört, ist dieser Mist in den Agrarfabriken Ostdeutschlands selbst entstanden. Es ist doch eigentlich skandalös, dass in einem so agrarreichen Land wie Mecklenburg-Vorpommern nur 20.000 Leute in der Landwirtschaft beschäftigt sind - 1% der Bevölkerung, mit fast 100 Hektar Agrarflächen pro Landwirt! Der Fehler liegt in der Bodenvergabe, und nicht Franz Fischler ist der Bösewicht. Er versucht mit seiner Reform lediglich den Strukturproblemen der Landwirtschaft Rechnung zu tragen.

Die Agrarmafia der Großbauern und Agrarindustrie sollte sich in Selbstkritik üben und die Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH nicht solche Loblieder auf sich selbst singen. Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und die Interessengemeinschaft für eine gerechte Verteilung öffentlicher Flächen in Ostdeutschland (IG Boden) sehen auf jeden Fall keinen Grund zum Geburtstag zu gratulieren. Zurecht sagen sie, dass die Verdrängung anderer Betriebe und die damit verbundene Landflucht ganzer Regionen nichts mehr mit natürlichem Wettbewerb zu tun hat. "Wenn ich so geschmiert werde, dann kann ich natürlich wettbewerbsfähig arbeiten."

Ein wichtiger Punkt in Sachen Aufbau Ost, ist die Erhaltung der ländlichen Siedlungen und Infrastruktur. Hier könnte Franz Fischlers Reform produktiv wirken, gerade wenn es erstmals die Landwirtschaft in ihrer jetzigen Form zerschlägt.