Euro als Auftakt zu einer Wirtschaftsregierung

27.02.2002

Der EU-Kommissionspräsident Romano Prodi hat sich bei den anstehenden EU-Reformen, in Verbindung mit dem EU-Konvent, für eine neue Kompetenzverteilung ausgesprochen. Einerseits kann sich Prodi bei einer Reform der Europäischen Union vorstellen, Machtbefugnisse an die Nationalstaaten zurückzugeben. "Für mich ist es kein Problem, hier wesentliche Teile zurückzugeben", sagte Prodi der "Süddeutschen Zeitung" am 27.02.2002.

Andereseits rief Prodi im EU-Konvent, das eine europäische Verfassung ausarbeiten soll, die 105 Vertreter aus den 15 Mitgliedsstaaten und 13 Kandidatenländern zu einer grundsätzlichen Debatte über die Ziele der europäischen Staatengemeinschaft auf, und legte seine Vorstellungen für eine stärkere Rolle der EU vor: "Wir müssen klären, warum wir zusammenstehen und welche Rolle wir in der Welt spielen wollen." Vor allem in der Außen- und in der Wirtschaftspolitik müsse Europa eine größere Rolle spielen. "Wir können nicht den Euro haben ohne eine Art Wirtschaftsregierung."

Haben wir nicht alle auf dieses Ausspiel gewartet? Eine Wirtschaftsregierung als "Notwendigkeit" für die gemeinsame Währung. Wer auf die Freiheit der unpolitischen Europäischen Zentralbank verträumt und nach guter deutscher Manier vertraute, hat sich mit Brüssel und den Galliern verrechnet: Die Funktionäre in Brüssel spielten schon immer mit der Politik der Funktionsüberleitung (spill-over), und die Politiker in Paris schon immer mit wirtschaftspolitischen Gestaltungsmöglichkeiten durch Währungspolitik.

"Der Euro kommt, die staatliche Wirtschaftspolitik geht", hätte es am 01.01.2002 deutlich lauten müssen, jetzt muß nachgeholt werden.

Mit der Europäischen Zentralbank (EZB) sind die Nationalbanken in Punkto Währung passé, - auch die Deutsche Bundesbank, obwohl ihre Aura für viele Ökonomen und deutsche Politiker immer noch strahlt. Aber die Bundesbank ist währungspolitisch mausetot - und das ist auch gut so; denn trotz ihrer politischen Selbständigkeit beruhte die Bundesbank auf Währungsgrundsätzen, die von der Weltlage und vorallem der EZB überholt worden sind. Die Bundesbank verfolgte die Stategie, eine stabile Währung durch Goldankäufe zu sichern und richtete die Währungsmenge nach irrsinnigen Währungsformeln, mit Variabeln wie Bruttosozialprodukt und Geld-Umlaufszeit.

Nun ist mit der neuen, gemeinsamen Währung das gegenseitige Austarieren der europäischen Währungen Vergangenheit, und die Frage nach barer Währungssicherheit überholt. Einzigster Währungsmaßstab ist längst die reelle volkswirtschaftliche Grundlage geworden. Die europäischen Nationalbanken können also ruhig ihre Goldreserven verkaufen, wie es der Bundesbank-Präsident Ernst Welteke für Deutschland am 20.02.2002 vorschlug - die Währung fußt schon lange auf einer völlig anderen Grundlage.

Aber nach der Abschaffung der Goldreserven müssen für die Währung neue Grundlagen gefunden werden. Als Deckung für die Währung können aber auch nicht die Warenproduktion und Zirkulation herhalten, wonach man heutzutage die Geldmenge zu regeln trachtet, sondern die zukünftige Deckung für die Geldnoten müssen die real vorhandenen, volkswirtschaftlichen Produktionsmittel sein, die im Wirtschaftsprozeß wirklich fruktifiziert werden können.

Auch müssen die Geldnoten in ihre Gültigkeitsdauer, als alterndes Geld, an die Lebensdauer der Produktionsmittel gebunden sein. Die Währung muß deshalb einem Wirtschaftsorganismus überantwortet werden, der die reelle Menge an Produktionsmitteln und deren Lebensdauer ermitteln kann, - ob dies die EZB kann, ist die Frage, - eine staatliche Wirtschaftsregierung aber auf keinen Fall.