Brotwährung kennt keine Inflation

07.06.2001

Die Kaufkraft westdeutscher Arbeitnehmer ist in den vergangenen zehn Jahren gleich geblieben. Preise und Netto-Gehälter sind nach dem Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) fast im Gleichschritt gestiegen. Ein westdeutscher Beschäftigter erhält im Jahr 2000 pro Stunde geleistete Arbeit im Schnitt rund 37,07 Mark brutto. Das sind nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben 23,63 Mark. Damit bekommt er zwar 21 Prozent mehr als im Jahr 1991. Parallel dazu sind aber auch die Verbraucherpreise um rund 20 Prozent in die Höhe geklettert. Die Lohnsteigerungen entpuppen sich daher als Illusion.

Hinter diesen Durchschnittszahlen verstecken sich aber riesige Unterschiede. Die Preise der einzelnen Waren und Dienstleistungen haben sich sehr unterschiedlich entwickelt. Es gehört auch zu den Nachteilen der Inflation, daß sie es dem Verbraucher schwerer macht, solche Entwicklungen zu bemerken. Es reicht nicht aus, einfach auf die Preise zu schauen, sondern man braucht gleich Forscher und Wirtschaftsinstitute für die einfachsten Fragen. Fazit des IW: Als Wertmaßstab für die realen Preise könnte man das Brot nehmen. Es kostet genauso viel Mühe und Schweiß wie vor zehn Jahren. Würden sie wirklich die wirtschaftliche Realität über alles stellen, so müßten die Deutschen ihre D-Mark nicht gegen Euro, sondern gegen Brotmarken tauschen.

In solchen Broteinheiten gemessen, kosten heute Textilien und Schuhe etwas weniger und Computer sogar nur noch die Hälfte wie 1991. Wer aber auch noch ein Dach auf dem Kopf haben will, muß dafür viel mehr Brote als damals ausgeben. Nicht für das Dach selbst, sondern für den Boden. Dieser läßt sich im Unterschied zum Brot gar nicht produzieren. Er läßt sich auch nicht beliebig vermehren. Macht man trotzdem daraus kein Recht, sondern eine Ware, so eignet er sich besonders dazu, den eigenen Wohlstand auf Kosten anderer zu vermehren.