Wim Duisenberg und der verspätete Euro

28.12.2000

Wim Duisenberg, der Chef der Europäischen Zentralbank, hat die von der Politik vorgegebene dreijährige Übergangsfrist bis zur Bargeldeinführung des Euros kritisiert. Er ist enttäuscht, daß es nicht gelungen ist, der Öffentlichkeit zu vermitteln, daß der Euro nicht erst noch kommen wird, sondern schon längst vorhanden ist. Das ist ein Manko, hier kann man von einem Scheitern reden. Wim Duisenberg erachtet es als größtes Handikap im Hinblick auf die öffentliche Wahrnehmung des Euro, daß es ihn als Bargeld noch nicht gibt. Das Euro-Bargeld wird in den Staaten der Euro-Zone nämlich erst Anfang 2002 eingeführt. Seit Anfang 1999 existiert die Gemeinschaftsdevise bereits als Buchwährung.

Für sein letztes Jahr ohne Bargeld macht sich Wim Duisenberg aber noch andere Sorgen. Inflationsrisiken hält er zwar für derzeit nicht sehr konkret, weil die Bedrohungen für die Preisstabilität durch sinkende Ölpreise und einen stärkeren Euro abnehmen. In verschiedenen Teilen des Euroraums entwickeln sich aber Anspannungen am Arbeitsmarkt.

Damit meint Wim Duisenberg die Tatsache, daß die Arbeitslosigkeit in vielen Ländern des Euroraums mehr oder weniger stark zurückgeht. Man könnte denken, daß sich jeder darüber freuen sollte. Dies trifft aber nur bei den Gewerkschaften zu, während sich Arbeitgeber Sorgen wegen höheren Lohnforderungen machen. Da eine Zurückhaltung bei Gewinnforderungen für sie kaum in Frage kommt, sind sie bestrebt jede Lohnerhöhung den Konsumenten weiterzugeben, was zur Inflation führt.

Die Europäische Zentralbank sollte am besten den Arbeitgeber wechseln, der Politik kündigen und sich bei den wirtschaftlichen Tarifparteien als unabhängiger Schlichter anbieten. Da läßt sich auf jeden Fall mehr für die Preisstabilität erreichen als mit der bisherigen Geldpolitik. Und nach einer Übergangsfrist könnte die Zentralbank eine ganz neue Währung einführen, wenn bis dahin die beiden Tarifparteien darauf verzichten hätten, Parteien nach politischer Art zu sein, um endlich Wirtschaft zu treiben. Betriebe würden Geld selber schöpfen, nach Maßgabe ihrer brauchbaren Produktionsmittel. Auf solch ein Geld würde es sich lohnen, drei Jahre zu warten.