Europäischer Fonds für die Aufnahme von Fremden

28.09.2000

Konstruktive Ansätze gegen Fremdenhaß und Kulturignoranz

Die EU-Innenminister haben am Donnerstag in Brüssel ihre Beratungen über einen europäischen Flüchtlingsfonds aufgenommen. Der Fonds, der bis 2004 mit 216 Millionen Euro (rund 420 Millionen Mark) ausgestattet ist, soll der Aufnahme und Integration von Flüchtlingen sowie für Sofortmaßnahmen im Fall eines weiteren plötzlichen Flüchtlingsansturms, wie in der Kosovo-Krise, dienen. Die Gelder sollen den Ländern nicht, wie einige Ländern es wollten, als Sockelbetrag, sondern pro Flüchtling ausgezahlt werden. Dass nun die Aufnahme von Flüchtlingen honoriert wird, fügt sich schön in das Umdenken deutscher Politiker ein. So erklärte Bundesinnenminister Otto Schily am 25.09.2000, dass die Bundesrepublik Interesse an Zuwanderung hat.

Im Juli hatte Otto Schily eine 21-köpfige Einwanderungskommission unter dem Vorsitz von Rita Süssmuth einberufen, die bis Mitte 2001 ihre Ergebnisse vorlegen wird. Der BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel sprach sich im Vorfeld für umfassende Einwanderungsregeln aus. Bei dem gegenwärtigen Fachkräftemangel würden 458.000 Einwanderer pro Jahr gebraucht. Daher müssten umfassende Einwanderungsregeln geschaffen werden.

Die ganze Debatte um Zuwanderung steht aber unter ungünstigen Vorzeichen.

Als Grund für die gewünschte Zuwanderung steht erstens der demographisch Niedergang der Bevölkerung, und die damit verbundene Angst um die Rentenabsicherung, und zweitens der Mangel an Fachkräften in gewissen Bereiche, vor allem aber in der IT-Branche.

Dass es in der Zuwanderungsdebatte von politischer Seite vor allem um Eliteeinwanderer geht, ist deutlich. Schily sagte, die Einwanderung müsse im Einklang mit den politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und demographischen Interessen des Landes stehen. Er sprach sich auch gegen den Vorschlag vom EU-Justizkommissar Antonio Vitorino aus, den Nachzug von Familien zu erleichtern. Dies, und der Zuzug von Aussiedlern, schränke den Handlungsspielraum für gesteuerte Zuwanderung ein. Für politisch und wirtschaftlich erwünschte Zuwanderer sei mittelfristig auch eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis möglich, sagte Schily.

Die Tendenz, unter den Zuzüglern zu wählen, ist faul, und die Strategie, die im Frühjahr mit der Debatte um die Greencard aufkam, die Intelligenz aus Entwicklungsländern für den Standort Deutschland abzusahnen, kommt einem ökonomischen Diebstahl nahe, und ist entwicklungspolitisch kontraproduktiv... Außerdem bietet Schily den Zuwanderern unfaire Bedingungen: Sie müssen alles dafür tun, um sich zu integrieren (d.h. für Schily, vorallem die deutsche Sprache zu lernen), auf Nachzug von Familienmitgliedern weitgehend zu verzichten, und sich mit einer "flexiblen" Zuwanderungspolitik abzufinden, sprich sich herausbefördern lassen, wenn sie nicht mehr gebraucht werden.

Die Zuwanderungspolitik sollte aber mit der Asylpolitik gekoppelt werden. Wirtschaftliches Elend ist leider keine Asylgrundlage. Vielleicht wird sich dort aber etwas ändern, wenn die UN demnächst ein verbindliches Menschenrecht auf Nahrung normiert hat.

Mit der Koppelung von Asylpolitik und Zuwanderungspolitik könnten aber gleich drei Probleme gelöst werden: teurere Verwaltungs- und Prozeßkosten können durch eine konstruktive Asylantenpolitik eingespart werden. Den Asylanten kann in ihren fundamentalen ökonomischen Grundbedürfnissen geholfen werden, und die ökonomische Belastung, die die internierten Asylanten darstellen, könnte umgekehrt werden, wenn sie produktiv eingesetzt werden. Arbeitskräfte werden ja für die Zukunft eindeutig gebraucht, und man sollte nicht zu wählerisch sein.

Wenn Asylpolitik Zuwanderungspolitik wird, dann ist die ökonomische Förderung von Einwanderern durch die EU echte wirtschaftliche Subventionspolitik, und die Einwanderer werden einen ganz anderen Stellenwert haben; sie sind dann nicht länger ein Problem, sondern Helfer.