Patric I. Vogt „Zukunft beginnt im Kopf“

Eine Rezension von Angelika Oldenburg

17.07.2025

Bibliographische Notiz und Zusammenfassung

Das Büchlein ist gut geeignet, um Menschen an die Dreigliederung heranzuführen und kann, weil es frisch und klar geschrieben ist, auch die alten Hasen erfreuen.

Angelika Oldenburg

„Es wird nicht alles von selbst gut. Es wird nur gut, wenn wir bis zu dieser Grenze des Denkens vordringen und uns klarmachen, dass wir oft mit Begriffen hantieren, die gar keine Wirklichkeit erfassen. Das ist bitter.“

So schreibt Patric. I. Vogt in seinem „Bonustrack“ am Ende seiner Einführung in die Grundgedanken der Dreigliederung, „Zukunft beginnt im Kopf“. In den neun Kapiteln davor legt er die Grundgedanken der Dreigliederung dar und bemüht sich, Begriffe zu entwickeln, die die verschiedenen Ebenen des sozialen Organismus benennen und auseinanderfächern, die also Wirklichkeit erfassen.

Den drei Bereichen Geistesleben, Rechtsleben, Wirtschaftsleben nähert sich Patric Vogt mit der Beschreibung der Urteilsformen, die jeweils angemessen sind. Im Rechtsleben fällen wir demokratische Urteile – jede Stimme hat denselben Rang -, im Geistesleben individuelle: Jeder folgt seinen eigenen Gedankengängen und Intuitionen; am Schluss stimmt man sich ab, aber auf der Basis der Individualitäten. Im Wirtschaftsleben sollte eine Urteilsform geübt werden, die weniger bekannt ist: der Konsent, das Kollektivurteil. Hier gibt es keine Abstimmungen wie im demokratischen Bereich. Denn hier geht es um sachgemäßes Denken, das aus verschiedenen Wahrnehmungs- und Erfahrungsbereichen kommt. Im Wirtschaftlichen - und das ist der Bereich des Kollektivurteils, des Assoziativen - kann jeder Mensch nur für seine eigenen Wirklichkeit sprechen und diese vertreten: Nur der Produzent, beispielsweise, selber kann wissen, unter welchen Bedingungen es möglich ist, eine bestimmte Ware herzustellen, weil nur er diese Umstände am eigenen Leib erfahren hat. Nur der Konsument, beispielsweise, kennt seine wirklichen Bedürfnisse und die seines Umfeldes. Diese Erfahrungen müssen im Gespräch einander vermittelt werden, trotz der unterschiedlichen Erfahrungswelten muss man zu einem gemeinsamen Urteil kommen.

Das Verfahren des Geisteslebens ist die Beratung, das des Rechtslebens die Schaffung von Gesetzen, das des Wirtschaftslebens das Abschließen von Verträgen.

Hat man die Unterschiede dieser Bereiche grundsätzlich verstanden, so werden viele Einzelfragen und Details leichter verständlich. Wobei mit “Verstehen“ nicht nur ein Definieren und Rubrizieren gemeint ist, sondern ein Denken, das zur Wirklichkeit vorstößt.

So gilt für das Geistesleben: „Ein individuelles Urteil fällen“ heißt eben nicht nur, etwas abzunicken, weil es einem irgendwie plausibel erscheint, sondern wirklich die Mühe auf sich zu nehmen, etwas so lange innerlich zu bewegen, bis es einem evident, zur Einsicht geworden ist. Nur dann ist dieses Urteil fähig, schöpferische Taten zu entbinden und, wie Patric Vogt es nennt, den sozialen Organismus „zu verjüngen“.

Für das Rechtsleben hingegen gilt: Gesetze behandeln alle Menschen gleich, abstrahieren, können keine neuen Impulse setzen, müssen aber zuverlässig einen Rahmen setzen, der alle Menschen und alle Eventualfälle gleichermaßen einbindet. Und im Wirtschaftsleben muss der Vertrag die Bedingungen für alle am konkreten Prozess Beteiligten klar beschreiben und gilt nur für einen bestimmten Zeitraum. Er beschäftigt sich mit der Frage: Was brauchen die Beteiligten?

Patric I. Vogt bemüht sich sehr, diese drei Urteilsformen nachvollziehbar zu machen und ihre Bedeutung für den Umgang mit sozialen Fragen herauszuarbeiten. Er nähert sich dem Feld mit immer neuen Zugängen – auch humoristischen, wie dem Vergleich des Geisteslebens mit Bergschuhen, dem des Rechtslebens mit Tanzschuhen und dem des Wirtschaftslebens mit Flip Flops.

Die Arbeitsatmosphäre des Geisteslebens lässt sich als Akademie beschreiben (Einsicht, Kreativität, Erkenntnis), die des Rechtslebens als Parlament (auf Eventualität abzielende Absprachen), die des Wirtschaftslebens als Assoziation (Produktion, Konsumtion, Zirkulation von Waren).

Nachdem also gründlich und für den gewissenhaften Leser nachvollziehbar die unterschiedlichen Qualitäten innerhalb des sozialen Organismus beschrieben wurde, lenkt Patric I. Vogt den Blick auf einige immer wieder auftauchende besondere Fragen: Wieso ist das Kapital Teil des Geisteslebens? Wie steht die Arbeit im sozialen Organismus? Was ist das Verhältnis von Ware und Preis? Wie ist es mit dem Recht auf Eigentum von Grund und Boden? Themen, die allen, die sich mit der Dreigliederung beschäftigen, wohl bekannt sind, die aber hier aufgrund der sauberen Begriffsbildung der grundlegenden Kapitel auch für „Neulinge“ nachvollziehbar werden.

Den Abschluss bilden Vorschläge zum Üben der verschiedenen Urteilsformen, grundlegende erkenntnistheoretische Überlegungen zum „richtigen und falschen Begriffe-Bilden“ und ein „Spickzettel“, der alles bis dahin Ausgebreitete noch einmal zusammenfassst. Und ein ausführliches Literatur- und Quellenverzeichnis.

Das Büchlein ist gut geeignet, um Menschen an die Dreigliederung heranzuführen und kann, weil es frisch und klar geschrieben ist, auch die alten Hasen erfreuen.

Patric I. Vogt, Zukunft beginnt im Kopf. Ein Debattenbeitrag zur Kernsanierung von Rechtsstaat und Demokratie, Books on Demand, Norderstedt, 148 Seiten, Euro 12,50