Wir können nicht davon leben, uns gegenseitig die Haare zu schneiden

01.05.2009

Gedanken über unsere gesellschaftliche Verwirrung, die sich seit 2008 nahezu allen Menschen deutlich zeigt. Ausgehend von drei symptomatischen Sätzen, die in der Zeit von 1995 bis 2007 gesagt und geschrieben wurden, soll die Verwirrung dargestellt und ein Zugang zu ihrer Überwindung angedeutet werden.

Wir können nicht davon leben, uns gegenseitig die Haare zu schneiden

So etwa hieß es im Jahre 1995 vom damaligen BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel laut Iserlohner Kreisanzeiger u. Zeitung am 30. 11.1995. Man findet den Satz auch mit Google. (Genau: „Wir können doch nicht dauerhaft davon leben, dass wir uns gegenseitig die Haare schneiden“.)

Dieser triviale Satz ist wahr. Wahr ist auch jeder gleich gebaute Satz, der sich auf eine andere beliebige Industrieware oder Dienstleistung bezieht. Wir können nicht davon leben, uns gegenseitig Autos, Häuser, Programme zu bauen.

Der triviale Satz hat auf seiner Rückseite eine dialektische Ergänzung, nämlich die Aussage, dass wir nur davon leben können, was unsere Leiblichkeit erhält. Was wir unmittelbar zum Leben brauchen, das sind Lebensmittel, Bekleidung und ein sicherer Schlafplatz. Wir sehen auch schnell ein, dass alle Industrie nur von der Landwirtschaft lebt. Walter Rathenau wußte das noch. Er nannte die Industrie ein „fressendes Gut.“ Rathenau wußte zusätzlich, dass zu seiner Zeit 50% der Industrieproduktion überflüssig war.

Heute hat uns Propaganda von solchen Wahrheiten sehr weit abgebracht. Heute heißt es, dass die Landwirtschaft subventioniert werden muß. Trotz dieser Propaganda ist jeder Mensch in der Lage sich mit Hilfe jenes zitierten Satzes die Wahrheit bewußt zu machen.

Jener Satz hat auf seiner Rückseite eine weitere dialektische Ergänzung, nämlich die Aussage, dass wir uns gegenseitig etwas Unterschiedliches leisten müssen. Gegenseitig leisten können wir uns nur unterschiedliche Waren und Leistungen. Es ist tatsächlich nicht der Fall, dass gleiche Leistungen gegenseitig getauscht werden. Es gäbe auch keinen Sinn. Wir können uns aber damit helfen, uns gegenseitig unsere unterschiedlichen Leistungen auszutauschen, weil wir nicht alles alleine können. Wir können uns also damit helfen, dass wir in Arbeitsteilung uns unterschiedliche Leistungen gegenseitig erbringen.

Alle lebenden Menschen leben auf der Erde und wirtschaften miteinander und füreinander in einer Weltwirtschaft. In dieser Arbeitsteilung machen nur noch ganz wenige Menschen Produkte, die sie selber auch benötigen. Was der Mensch braucht, kauft er sich als Ware. Weit überwiegend produziert jeder Mensch nur für die anderen Menschen, nicht für sich selber. Arbeitsteilung bringt also etwas mit sich, was man objektiven Altruismus nennen könnte.

Jede Volkswirtschaftslehre bringt zu Beginn die Unterscheidung von Konsumgütern und Produktionsgütern. Wir sehen schnell ein, dass wir auch nicht davon leben können, uns gegenseitig Produktionsmittel zu bauen. Es ist besser, mit möglichst wenigen Produktionsmitteln möglichst viele Verbrauchsgüter zu erzeugen.

Lassen wir bei unserer wirtschaftlichen Betrachtung das Geld als Tausch-, Investitions- und Rechtsmittel zunächst aussen vor, und beschränken wir uns auf die Gütererzeugung und den Güterverbrauch der Menschen.

Bezieht man die arbeitsteilige Weltwirtschaft auf einen einzigen Produzenten, so kann man eine wirtschaftliche Urzelle des weltwirtschaftlichen Getriebes gedanklich vereinfachen (nach Rudolf Steiner). Ist der Gedanke notwendig? Denkt man an die gesamte Weltwirtschaft, dann kann es einen gruseln ob der vielen Menschen, die sich ja fast alle nicht kennen.

Will man sich also statt der Milliarden wirtschaftenden Menschen auf dem Erdball etwas Überschaubares vorstellen, so kann man die Tatsache der arbeitsteiligen Wirtschaft auf wenige Menschen beziehen. Tut man das, dann kann man bestimmte soziale Phänomene anschauen, ohne sich zwischen Realwirtschaft und sich aufdrängender Machtpolitik in der Irrealwirtschaft zu verheddern.

Darum soll hier der Gedanke der wirtschaftlichen Urzelle angeboten werden.

Ein produzierender Mensch muss für seine Leistung soviel Gegenleistung für sich und seine Angehörigen erhalten, dass er ein weiteres Mal diese Leistung erneut erbringen kann.

Die Menschen in der abgegrenzt gedachten wirtschaftlichen Urzelle bekommen ihre Bedarfsgüter von all den unüberschaubaren Menschen der Welt. Man kann sich auch Zellhaufen oder ganze Organe vorstellen, die immer aus Produzenten und Konsumenten, also Menschen, die erzeugen und verbrauchen, die als einzelne Menschen also nie nur erzeugen können, aber durchaus nur verbrauchen können, bestehen. Wer sich einen Produzenten vorstellen will, der nicht gleichzeitig ein Konsument ist, muß die Tatsachen mißachten.

Mit der Vorstellung der wirtschaftlichen Urzelle haben wir also eine Vorstellung, die vom Menschen ausgeht, davon ausgeht, dass Menschen sowohl als Produzenten als auch als Konsumenten gleichermaßen und gleichgewichtig zur Wirtschaft gehören, und davon ausgeht, dass jeder Mensch an verschiedener Stelle Güterverteilungen, Güterverwandlungen vornimmt, und diese Güter weiterschickt. Auch auf dem Müll werden viele Güter in Zukunft nicht mehr gehortet werden.

Anders als die Vorstellung der wirtschaftlichen Urzelle abstrahiert die herrschende Volkswirtschaftslehre sofort vom wirklichen Menschen. Sie geht nur aus von menschlichen Bedürfnissen, die von Gütern befriedigt werden müssen. Der Mensch verschwindet unter einer Menge von abstrakten Bezeichnern. Dem Güterbegriff sind neben Konsumgütern auch sogenannte Produktionsfaktoren untergeordnet. Auf gleicher Unterebene sind dann die Begriffe von Sachgütern und Arbeit (originärer Produktionsfaktor) untergeordnet. Auf unterster Begriffsunterteilung steht dann neben den Verbrauchsgütern das Humankapital, obwohl die produzierenden Menschen mit diesem jene ursächlich erzeugen.

Da steht das Humankapital auf derselben definierten Ebene wie das mit Händen oder einem Kran zu greifende Verbrauchsgut. Als Kapital wird alles bezeichnet, was in der Vergangenheit produziert worden ist und in der Gegenwart oder Zukunft zur Erzeugung zusätzlicher Güter verwendet werden kann. So zum Beispiel in dem Lehrbuch Grundlagen der Volkswirtschaft von Helga Luckenbach, Verlag Franz Vahlen München, ISBN 3 8006 1797 8.

In der herrschenden Volkswirtschaftslehre wird ein makroökonomischer Wirtschaftskreislauf zwischen Unternehmen und Haushalten vorgestellt. Man bezeichnet die Unternehmen und die Haushalte jeweils als Pole, durch die ein Kreislauf hindurchgeht. Was meint das Wort Pol? Auf der Erde sind die Pole an der gedachten Erdachse. Sie sind magnetisch polar. Wärmemäßig aber sind beide Pole mit dem Äquator polar. Man könnte mit Fug sagen, Norden ist da, wo ein Pol ist (Kälte) und Süden ist da, wo der Äquator ist (Hitze). Pol ist also kein so einfacher Begriff. Die herrschende Volkswirtschaftslehre benutzt das Wort Pol als Bezeichner für einen personellen oder fiktiven oder öffentlichen Sektor für den stationären Kreislauf: Ein Pol unternimmt, ein anderer Pol verbraucht. Dazu kommen zwei weitere Pole, ein „fiktiver“ Sektor Vermögensänderungen und ein öffentlicher Sektor Staat, die Geld sammeln und verteilen. Der Staat soll nun kein personeller Sektor sein, aber es dünkt einen, dass das wissenschaftlich nicht so genau betrachtet wird. Es fällt ins Auge, dass mal mit „Pol“, mal mit „Sektor“ bezeichnet wird. Na, so was! Die Menschen müßte man sich in diesem abstrakten Kreislaufmodell dann alle hinter den Haushalten vorstellen, denn da hausen die menschlichen Bedürfnisse, die laut Lehrbuch im Ansatzpunkt der Volkswirtschaftslehre stehen. Dann müßten dort auch das Humankapital, das sind könnende, arbeitende Menschen, und anderes Kapital, aus dem Eigentum von könnenden, reichen Menschen (Unternehmerhaushalte) hausen. Das aber wird von der Volkswirtschaftslehre nicht bestimmt.

Da wir in einer Zeit leben, in der alles irgendwie nach naturwissenschaftlichen Denkschablonen vorgestellt wird, hat die Vorstellung der Pole einen Sinn für den Magneten (Dipol), der begrenzt in seiner Materie an der einen Seite und an der gegenüberliegenden Seite solch unterschiedliches Verhalten zeigt, dass sich zwei Magneten eben nur in einer bestimmten Ausrichtung anziehen, in der entgegengesetzten Richtung aber abstoßen. In Analogie zum Magneten könnte man sagen, dass ein Unternehmen zwei Pole hat, nämlich an der einen Seite gibt es Güter ab (meinetwillen „Nordpol“) und an der anderen Seite nimmt es Güter an (meinetwillen „Südpol“). So richteten sich Unternehmen zueinander immer nur in einer wirtschaftlichen Ordnung aus, wenn ihr „Nordpol“ an den „Südpol“ eines anderen Unternehmens angedockt wird. Werden durch wirtschaftsfremde Mächte Unternehmen mit ihren „Nordpolen“ zu nahe zueinander gezwungen, dann wird es unwirtschaftlich. Der unwirtschaftliche Krieg, die unwirtschaftliche Konkurrenz, die unwirtschaftliche Überproduktion kommt immer von erzwungener wirtschaftsfremder Zuordnung der Unternehmen zu¬einander.

Die Kreislaufvorstellung gibt es bei der Stromkreisvorstellung. Hier sind Stromquelle und Verbraucher gerade nicht als Pole bezeichnet, sondern in der Spannungsquelle wird die Ladung polarisiert und die Hinleitung zum Verbraucher (+) ist entgegengesetzt polar der Rückleitung ( Minus, Null, Erde oder Masse) weil an den „Verbrauchern“ die Spannung abfällt.

Die herrschende Volkswirtschaftslehre behauptet aber einen Güterkreislauf mit den Gütern „Humankapital und Sachkapital“ in der Rückleitung („Menschen“ in dies abstrakte Vorstellungsschema zu schreiben, ist der Volkswirtschaftslehre wohl zu unmenschlich.), behauptet weiter, dass ein dem Güterkreislauf entgegengesetzter Geldkreislauf existiere, betrachtet den Geldkreislauf als Abbild des Güterkreislaufes und nimmt deshalb einfach diesen Geldkreislauf als ihr makroökonomisches Forschungsobjekt. Aus diesem Geldkreislauf wird ganz praktisch die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (Bruttoinlandsprodukt usw.) gewonnen. Siehe z.B. in Helga Luckenbach, Verlag Franz Vahlen München, Seite 138.

Diese Vorstellung eines Geldkreislaufes stammt aus der Zeit des absolutistischen Frankreichs. Zusätzlich zur Volkswirtschaftslehre befasst sich die Theorie der Volkswirtschaftspolitik mit der Wirtschaftsethik des Egoismus, die sich in England entwickelt hat und beschreibt die Rolle des Staates und der Zentralbank.

Der in Bild 1 verdeutlichte Urgedanke der „wirtschaftlichen Urzelle“ soll dagegen dem Leser helfen, selber einen gedanklichen Anker für eine Vorstellungsarbeit zu finden, die vom Menschen ausgehen und verfolgen will, wie menschliche Arbeit , menschliche Einfälle und menschliche Bedürfnisse das Wirtschaftgeschehen verursachen.

Rudolf Steiner wollte diesen Urgedanken in einem Vortrag einmal „trocken und paradox und eigentlich trivial“ so verständlich machen:

Wenn ich heute ein Paar Stiefel fertig gebracht habe, so muß im sozialen Organismus dieses Paar Stiefel soviel wert sein, daß ich Güter dafür eintauschen kann, bis ich wieder ein solches Paar Stiefel fertig fabriziert haben werde, eingerechnet alles dasjenige, was für Arbeitslose, Kranke, Individualität und so weiter zu leisten ist. Das ist die Urzelle des Wirtschaftslebens.
(GA 329, S. 212)

Und in R. Steiner GA 337a findet man: „... das gilt für alle Zweige des geistigen und materiellen Lebens.“

Mit der Untersuchung des eingangs genannten trivialen Satzes von Hans Olaf Henkel gelingt es, die Arbeitsteilung zufriedenstellend vorzustellen und zu dem von Rudolf Steiner vorgeschlagenen trivialen Satz zu kommen. Damit ist ein Ansatz für überschaubare Vorstellungen über die Realwirtschaft gefunden.

Man kann dem makroökonomischen Kreislaufschema auch eine moderne Denkweise entgegenhalten, die es trotz ihrer mechanistisch-bürokratischen Zwecke erlaubt, sich zumindest über das antiquierte makroökonomische Kreislaufschema sehr zu wundern. Für die Modellierung wirtschaftlicher Geschäftsprozesse wird heutzutage die Unified Modelling Language (UML) benutzt. Wenn man die wirtschaftenden Menschen mit der UML beschreibt, dann bekommt man eine Oberklasse für alle Menschen, die den verbrauchenden Menschen beschreibt.

Bild 2 Klassen von wirtschaftenden Menschen

Betrachtet man mögliche Klassen von anderen, nicht Güter produzierenden Menschen, so fällt sofort auf, dass sie allesamt der Oberklasse des Konsumenten entsprechen. Sie produzieren keine Güter, müssen aber mit Gütern versorgt werden. Die Geistproduzenten können allerdings wirtschaftlich starke Leistungen erbringen, z.B. Unternehmer als Kapitalerzeuger, Ärzte als schnellwirksame Heiler an arbeitenden Menschen, die dann nicht so lange Zeit aus der Produktion abwesend sind, Lehrer und Ausbilder als Kapitalbilder (Humankapital), usw.. Die Wirtschaftsleistungen sind geistig, materiell also indirekt wirksam, ähnlich der geistigen Weiterbildung der Produzenten, nämlich kapitalbildend.

Bild 3

Rein geistig wirkende Menschen produzieren aber keine Güter. Güterwirtschaftlich sind sie Konsumenten. Produktiv sind sie indirekt über die Kapitalbildung.

Eine breitere Darstellung der wirtschaftenden Menschen soll in Bild 4 in vereinfachter UML oder Pseudo-UML dargestellt sein. Der Einfluß der Wissenschaft auf die Produktionsmittelindustrie ist durch Zusammensetzung plausibel angedeutet.

Bild 4 Grobe Klassenstruktur von wirtschaftenden Menschen

Betrachtet man eine mögliche Klasse der Staatsregenten oder Staatsverwalter, dann sieht man sehr schnell, dass sie erhalten werden müssen. Sie sind schon in der Oberklasse der Konsumenten enthalten und produzieren weder Güter noch kapitalbildende geistige Leistungen.

Bild 5

Daraus kann man ersehen, dass diese Klasse, die politische Klasse wie sie Helmut Schmidt in der Bundesrepublik Deutschland als erster benannte, wirtschaftlich segensreich dann wäre, wenn sie nicht wirtschaftete, keine Schulden machte, sondern nur die Menschen regierte, die Demokratie besorgte und somit den äußeren Frieden unter den Menschen stützte.

In der herrschenden Volkswirtschaftslehre werden alle unternehmerischen Aktivitäten des Staates als ordnungsinkonform und mithin ordnungswidrig benannt. Es ist doch aber sogar so, dass die politische Klasse immer versuchen wird, die Wirtschaft als ihr Herrschaftsmittel anzusehen. Die unsauberen, unphilosophischen Vorstellungen des makroökonomischen Kreislaufschemas sind Ausdruck dafür, wie sich alte geschichtlich siegreiche Diktatorenmacht („L’Etat c’est moi.“) in den Seelen der repräsenativ demokratisch wirken sollenden Persönlichkeiten und der Volkswirtschaftslehrer und anderer Menschen hält. Die Vorstellung des volkswirtschaftlichen makroökonomischen Kreislaufmodelles vernebelt nicht nur die Einsicht darein, dass jegliche Industrie ihre Grundlage immer nur in der weltweiten Landwirtschaft hat, sondern auch darein, dass der Geldverkehr eben nicht die Güterwirtschaft abbildet, sondern Rechtsübertragungen abbildet, die im Eigentumsrecht verankert sind und dass der Staat sofort ordnungskonform wäre, wenn er weder wirtschaftete noch die Unternehmungen versteuerte, sondern nur als Behördengebilde die demokratische Menschengemeinschaft äußerlich dabei stützte und sicherte, dass die Menschen sich wirklich täglich und überall als Gleichberechtigte fühlen können.

Die Einwände gegen das zuletzt ausgedrückte sind bekannt. Sie enden in dem empörten Ausruf mit den Vokabeln Neoliberalismus und Nachtwächterstaat. Diese Vokabeln sind der Ausdruck von Reflexen, die mit der Schulbildung antrainiert wurden und zeigen leider, dass viele Menschen ihre Demokratieansprüche nicht ernst nehmen. In einer Zeit der Demokratiebehauptungen und -forderungen muß sich jeder ernsthafte Staatsbürger darüber klar sein, dass eine periodische Wahlbeteiligung noch keinen demokratischen Rechtsstaat herstellt. Und im bisherigen Text wird darauf hingewiesen, dass eine selbstständige Wirtschaft eine Wirtschaft sein wird, die in Assoziationen zusammenarbeiten und die Güter nach dem Bedarf der Konsumenten herstellen wird. Konkurrenz gehört nicht in das Gebiet der Wirtschaft, sondern woanders hin. Die Entwicklungshemmnisse liegen demnach in der mangelhaften Bewußtseinsentwicklung des individuellen Menschen und in den Hemmungen seines Denkens und Handelns. Alle Institutionen sind als Menschenwerk nicht Ursache sondern Wirkung.

Ich will, dass mein Geld arbeitet

So etwa lautete die Reklame in einem Bankfenster nach 2000. Lange Jahre vorher war so etwas durchaus unmodern. Wir können sicher sein, dass sich solche Reklame nur an die heutigen Besitzer von „Humankapital“ wendet, nicht aber an Eigentümer anderer „Originärer Produktionsfaktoren“. Diese Bankreklame sollte Menschen anregen, ihr verdientes Geld nicht in Waren anzulegen, sondern in einen großen Geldtopf zu werfen, mit dem etwas unternommen werden kann.

Diese Bankreklame ist unwahr. Geld arbeitet nicht, sondern mit Geld werden Menschen in wirtschaftliche Tätigkeit gelockt. Investitionen sind Geldausgaben für Erneuerung und ganz neue Produktionen.

Bedenken wir die wirtschaftliche Urzelle, dann kann nur jemand dem Werbespruch der Bankreklame folgen, wenn er zuviel Geld abbekommen hat oder wenn er kurzsichtigerweise davon absieht, genügend Geld in seine weitere Produktivität (in sein eigenes Humankapital) zu investieren. Das Geld, das er der Bank oder der Lebensversicherung gibt, wird gemäß den Vorstellungen der Geldtopfverwalter investiert und geht an andere Menschen als Einkommen. Es ist zumeist so, dass ein Humankapitalbesitzer, der sein Geld „arbeiten lässt“, durch die beschworene „Arbeit“ seines Geldes seinen Arbeitsplatz durchaus verlieren kann, denn sein Geld geht als Investition und damit als Einkommen an andere Humankapitalbesitzer.

Die Geldtopfverwalter können das übernommene Geld auch für Staatsanleihen den Staatsverwaltern geben, die das Geld ihren Einkommenszuteilungen zuschlägt, oder ihren Landesbanken zur Spekulation an andere Geldtopfverwalter weitergibt.

Aus dem Spiegel 9/2000 „Die Geldmacher von Bonn“ läßt sich dazu zitieren: „legen die Deutschen aber rund 140 Milliarden DM jährlich auf die hohe Kante. Fast die Hälfte dieses Betrags holten sich die öffentlichen Haushalte bislang in Form von Krediten und wandeln das Geld in Nachfrage und Investitionen um.“ ... „Der mit Abstand größte Gläubiger „ (Anmerkung: der damaligen Bundesschuldenverwaltung, die heute privatisiert ist) „ist aber die Firma Clearstream, eine Tochter der Deutschen Börse AG...“ und weiter: „.. so weiß Helmut Schieber, Direktoriumsmitglied der Bundesbank, dass «mehr als die Hälfte der Bundesschuld im Ausland gehalten wird.» (Anmerkung: Nur der Bundesschuld) und dass «eine strukturelle Umverteilung zu den Begüterten nicht von der Hand zu weisen» sei und dass Professor Rolf Peffekoven konzedierte, dass die Umverteilung «wegen unterschiedlich großer Sparvermögen»“ schon stattfinde, «Aber mit der Staatsverschuldung hat das gar nichts zu tun».

Die Geldwirtschaft, also Nichtrealwirtschaft, oder Irrealwirtschaft hat auch unbequeme Ergebnisse, wie sich 2008 wieder deutlich zeigt: Herr Melsheimer von der Hanse-Merkur hörte irgendwann davon, dass die AIG Kreditrisiken versicherte. (Hamburger Abendblatt, 24.11.2008, Interview), Ole von Beust verriet dem Leser im Hamburger Abendblatt vom 25.11.2008 ein Staatsprinzip indem er zu einem durch Steuererleichterungen mehr gewordenen Geldes in der Hand der Bürger folgenden Satz aussprach: „Denn in als schwer empfundenen Zeiten führt das Mehr eher zu einer Erhöhung der Sparquote als zu einer erhöhten Nachfrage..“. Das verrät, dass der heutige Staat ein Werkzeug dafür ist, die gehorteten Spargelder weniger werden zu lassen. Rolf Peffekoven (siehe oben) ist durchaus zu widersprechen, denn Staatsverschuldung ist der Hauptgrund für Steuererhöhungen. Wäre seiner Meinung nach die Zinsmaschine der alleinige Grund für die Umverteilung, dann sorgt die Staatsverschuldung doch dafür, dass die Zinsmaschine kräftig befeuert wird.

Investitionen sind notwendig, denn die Wirtschaft verbraucht Material und Menschen.

Zumindest müssen die Produktionsmittel erneuert werden. Darüber hinaus müssen sie ja auch erfunden werden. Dafür müssen die Unternehmer und Erfinder mit ernährt werden und benötigen ihre „Werkzeuge“, ihre Werkstätten, ihre Labore. Also alle diese Erneuerer müssen zusätzlich ernährt werden.

Bei der Erforschung, Entwicklung und Einrichtung neuer Produktionsmittel werden realwirtschaftlich eine ganze Weile keine Güter und Leistungen aus der neuen Unternehmung herauskommen. Lässt man das Geld in der Vorstellung wiederum aussen vor, dann ist es klar: Die Menschen, die neue Produktionsmittel herstellen, die müssen aus den Leistungen der Landwirtschaft zusätzlich ernährt, mit Verbrauchsgütern und Gebrauchsgütern zusätzlich versorgt und mit zusätzlichen Produktionsmitteln versorgt werden.

Die bisherigen Produzenten müssen also etwas abgeben, das sie selber nicht verbrauchen.

Deshalb müssen sie mehr als nur für sich produzieren. Realwirtschaftlich ist dafür eine Weile keine Gegenleistung da. Die Realwirtschaft ergibt erst später die Gegenleistungen. Hätten die Menschen 100% Vertrauen zueinander, dann könnten die jetzigen Produzenten vertrauensvoll auf die neuen Produktionsmittel warten. Die werden aus Erfahrung besser als die alten.

Investitionen sollen in einem oder zwei Jahren zu einer besseren, billigeren Produktion führen. Dann werden die erzeugten Verbrauchsgüter leichter herstellbar. Dann zeigt sich der Wert der geistigen Arbeit, die mit den neuen Produktionsmitteln mehr Arbeit erspart, als vor der Investition.

Bild 6 Investitionszelle in der Realwirtschaft. Leistungen entstehen erst nach gewisser Zeit.

Man stelle sich vor, die Bedarfsgüter (Lebensmittel, Verbrauchsgüter, Gebrauchsgüter, Produktionsmittel) würden einer wirtschaftlichen „Investitionszelle“ geschenkt. Darin inbegriffen ist ja das Realeinkommen, das ja aus Lebensmitteln und nötigen Verbrauchsgütern und Gebrauchsgütern besteht. Nach einer Weile, wenn die neu erfundenen und hergestellten Produktionsmittel in die Wirtschaft übergeben würden, könnten mehr Bedarfsgüter einfacher und leichter hergestellt werden. Damit hätten die Produzenten, die vorher die Bedarfsmittel verschenkt hätten, nun die Rückvergütung: Sie hätten mehr Bedarfsgüter. Die vorher von den Investoren ersparten Bedarfsgüter würden jene nun zurückbekommen bei gleichbleibender Anstrengung. Oder sie würden sich mit den neuen Produktionsmitteln genau so versorgen wie in der Investitionszeit, also eingeschränkt, dann hätten sie weniger Anstrengungen. Die Schenkung der nötigen Bedarfsgüter ermöglicht also die wirtschaftlichste Investition. Dieser Gedanke gibt die selbe innere Sicherheit, wie der Gedanke der wirtschaftlichen Urzelle für die „stationäre“ Wirtschaft und diese Gedanken geben die selbe innere Sicherheit wie ein mathematischer Gedanke.

Stellt man das Geld als Vermittler dazu vor, dann merkt man, dass die Investitionen mit dem Geld unübersichtlich werden. Die jetzigen Produzenten haben nicht alle Vertrauen. Ein Unternehmer kann ja auch Pech haben, es kann etwas schief gehen, usw. Die Geldgeber wollen ihr Geld zurück, obwohl die Leistungen der Investition doch kommen. Damit haben sie das Geld ein zweites Mal so zur Verfügung wie das erste Mal. Weiterhin meinen Sie, dass ihr Konsum höher zu werten ist, als der Konsum der Menschen, denen das Investitionsgeld zufließt, denen, die die neuen Produktionsmittel erfinden, herstellen und aufbauen. Für ihren höher eingeschätzten Konsum wollen die Investoren Zinsen oder für ihren jetzigen Konsumverzicht wollen sie Zinsen oder sie wollen einfach Zinsen, weil das schon seit Jahrhunderten so ist. (Ursprünglich schenkten die Menschen sich den Bedarf zur Investition in „Nachbarschaftshilfe“, wenn sie ihn nicht rauben wollten. Dieses Schenken beruhte auf der Gegenseitigkeit: Wie du mir, so ich dir. Englisch „Tit for tat“. Zinszahlung diente später dazu, sich von der Gegenhilfe freizukaufen.)

Für die Investitionen mittels Geld muß der dafür nötige Geldverkehr von pfiffigen Menschen organisiert werden, die zusätzlich ernährt und versorgt werden müssen, die aber nie Nahrungsmittel und Güter erzeugen. Unser real existierendes Investieren, wie es sich aus dem Getriebe mit seinen Geldspekulationen herauswinden muß, ist aufwendiges Verrechnen von rechtlichen Ansprüchen, die gar nicht darauf zielen, für Konsumenten notwendige Güter oder für wissbegierige Forscher Hilfsmittel herzustellen, sondern die eben Ansprüche auf noch mehr Geldbesitz sind.

Bedenkt man die Investitionszelle in Bild 6 und bedenkt man das Getriebe unserer Geldordnung, dann erkennt man doch, dass unsere Geldversorgung an rechtliche Ansprüche, insbesondere an eigentumsrechtliche Ansprüche gebunden ist und durch diese Bindung die Wirtschaft in bestimmten Maße auch behindert, selbständig in gesunder und vernünftiger Weise die Güter und Leistungen für die leibliche Existenz und für die Bildung der Menschen zu produzieren.

Heute repräsentiert der Staat die Eigentumsrechte und die Eigentumsansprüche, für die er Geldbedarf veranschlagt. Für diese Ansprüche wird Geld einfach gedruckt und von den Banken geschöpft. Die gesetzlich zur Konkurrenz gezwungene Wirtschaft wird dadurch als Mittel zum Gelderwerb und Eigentumserwerb mißbraucht. Unser jetziger Staat versteuert ja gerade die Schenkung zur Investition, er ist das Mittel, Schenkung möglichst zu verhindern. Konkurrenzzwang und Schenkungsverbot sind zwei sich bedingende Gesetze zur Verhinderung einer selbständigen Wirtschaft.

Eine richtig verstandene Wirtschaft sorgt für die leibliche Existenz der Menschen mit Gütern und Leistungen. Die Geldschöpfung müßte aus einer assoziierten, nicht konkurrierenden Wirtschaft heraus vorgenommen werden, dann wäre Geld die Buchhaltung für Güter und Leistungen, in der Art, wie ein Thermometer mit seinen Graden ein Pegel ist, der Aussagen über die Wärme der Umgebung ermöglicht.

Die herrschende Volkswirtschaftslehre und ihre Lehre der Volkswirtschaftspolitik findet das richtige Geld nicht. Sie geht vom Egoismus des Menschen gemäß Malthus, Locke, Darwin und Spencer (Kampf ums Dasein, Überleben des Passendsten) als Soziallehrer aus. Das Geld in unserer Wirtschaftordnung untersteht nicht den wirtschaftenden Menschen, ja die Konsumenten betrachten sich nicht einmal der Wirtschaft zugehörig. Wie im ersten Teil dieser Betrachtung erwähnt, weist die Volkswirtschaftslehre die Konsumenten zwar zunächst den Haushalten im Kreislaufmodell zu, legt aber ihrer Lehre gar nicht die reale Wirtschaft zugrunde, sondern behauptet, dass der Geldkreislauf das Abbild der wirtschaftlichen Vorgänge sei, und legt deshalb ihrer Betrachtung einen Geldkreislauf zugrunde. Solche Betrachtung bemerkt nicht, dass Abbilder, Abzeichen, Schattenbilder, Abdrücke nicht wirklich, sondern bewirkt sind. Da die Volkswirtschaftslehre eben nicht die reale Wirtschaft zum Gegenstand hat, hat sie selbstverständlich die Konsumenten nicht im Blick und bemerkt nicht, dass die Konsumenten nicht als Anliegen des Staates mit staatlichem Verbraucherschutz und staatlichem Kartellschutz behandelt werden dürften, sondern zur Wirtschaft gehören wie die Produzenten.

Die Menschen verschwinden aus dem Blick des Volkswirtschaftlers im Nebel der Geldwirtschaft, der Geldscheinwirtschaft, des Scheins. Geld wird in der heutigen Gesellschaft nicht von den wirtschaftenden Menschen kontrolliert, sondern von anspruchsvollen nicht wirtschaftenden Menschen: Die Politiker setzen die Steuerbeträge herauf, nie herab, geben riesige Summen in nicht ernährende sondern nur verbrauchende Baumassnahmen, verschulden künftige Staatsbürger bei ganz wenigen Menschen in der ganzen Welt und verteilen so Rechte um. Seit 2001 wird die Rechteumverteilung von der Bundesrepublik Deutschland – Finanzagentur GmbH gemanagt. Laut „taz“ vom 16. Februar 2009 verkauft diese GmbH Papiere auf Auktionen der „Bietergruppe Emissionen“, die von 33 interessierten Banken gebildet wird, unter anderem Barclay’s Bank, Deutsche Bank, Bank of America ( ehemals Merill Lynch), Landesbanken etc.. An der HSH Nordbank hat Christopher Flowers 25% Anteile, eben so viele an der Hypo Real Estate, aber viel mehr an der IKB, nämlich 90%.

Die Gewerkschaften als Produzentenvereinigungen erzwingen Gehaltsbetragserhöhungen. Die Zentralbanken setzen die Geldmenge herauf, nie herab. Gemäß der Volkswirtschaftslehre sind dies Manipulationen an Abbildern. In der Technik würde diesen Maßnahmen entsprechen, wenn man die prozessabbildenden Meßgeräte verstellen würde, weil man höhere Zahlen lieber hat und sich darüberhinaus noch ständig über die darzustellenden Zahlen stritte. In der Technik tut man so etwas aber nicht. Die herrschende Volkswirtschaftslehre sieht im Geldkreislauf die Abbildung der wirtschaftlichen Vorgänge, sieht aber nicht in unserer herrschenden Geldwirtschaft das Mittel zur Zwangswirtschaft, mit der viele Menschen angetrieben werden, indem ihnen Rechte entzogen werden oder ständig der Entzug der Rechte angedroht wird. Von der Volkswirtschaftslehre werden zwar alle unternehmerischen Aktivitäten des Staates als ordnungswidrig benannt, aber die Geldwetten des Bankensystems und unser geschichtlich überkommenes Eigentumsrecht, das Eigentum an Produktionsmitteln, Humankapital und Verbrauchsgütern nicht auseinander zu halten vermag, werden noch nicht als ordnungswidrig erkannt.

Die Geldmanipulationen wirtschaftsfremder Behörden treiben Preise in die Höhe und erschweren oder ruinieren Arbeitsverhältnisse. Die Zahlen auf den Geldscheinen gelten nicht lange. In der BRD ist heute ein Euro nur noch halb so viel wert wie 2002. Um das unproduktiv gehortete Spargeld locker zu machen, versprechen Banken den hortenden Menschen, dass das Geld „arbeitet“. Durch diese beschworene „Arbeit“ gibt es Verlierer und Gewinner. Die Gewinner bekommen zunächst Zinsen und die Verlierer verlieren Rechte.

Wie oben schon bemerkt, hängt unsere Geldversorgung an rechtlichen Ansprüchen, nicht an der Ausstattung der Wirtschaft mit Produktionsmitteln und verfügbaren Gütern. Mit dem Geld, mit den Geldansprüchen der Tarifverträge, mit den Eigentumsansprüchen greift also unser Eigentumssystem antreibend, anheizend in den Wirtschaftsbereich hinein mit unvorhersehbaren Ergebnissen.

Bei den Betrachtungen von Investitionen und Geldspekulationen zeigt sich im Vergleich mit den Grundgedanken der wirtschaftlichen Urzelle und anhand der rein realwirtschaftlich gedachten Investitionszelle die von Eigentumsansprüchen getriebene Geldwirtschaft. Jede Einrichtung, die darauf setzt, Zinsen für den eigenen Vorteil oder für die eigene soziale Sicherung zu verwenden, ist als schädlich dem sozialen Organismus zu erkennen, wenn man sich die Mühe macht, wirklich Grundgedanken zu denken. Eine Renten- oder Krankenversicherung mittels zu investierender Gelder ist unwirtschaftlich und logisch falsch, denn nur lebende, wirtschaftende, Güter erzeugende Menschen können die nicht gütererzeugenden Menschen am Leben erhalten. Denkt man sich alle Menschen, die tätig sein können, versorgt, dann bleiben doch Kinder, Alte, Kranke und nicht Arbeitende, die unterhalten werden müssen. Die können nur aus dem Wohlwollen der Menschen unterhalten werden, die aktiv Güter produzieren. Um als Mensch auf der Erde leben zu können, müssen wir er von den anderen Menschen geduldet werden (wohlwollend). Heute sollen die Ansprüche der Untertanen, die nur ihr Humankapital hatten, von den Staatsverwaltern organisiert und erfüllt werden, in Krankenheimen, Altenheimen, mit teuren Krankenkassenbediensteten, teuren Direktoren und Hilfskräften, auch angeheuerten „Überqualifizierten“ aus fremden Ländern, die allesamt von unbekannten Landwirten ernährt und von unbekannten wirtschaftenden Menschen versorgt werden müssen. Man kann einwenden, dass unsere heutige Organisation der Kranken- und Altenversorgung auch nur arbeitsteilig ist, die einen zahlen Beiträge, andere verankern die Rechtsansprüche in Gesetzen und leben davon, andere verwalten diese Beiträge und leben davon und wieder andere verbrauchen von diesen Beiträgen Auszahlungen für ihr Kapital und ihren Lebensbedarf. Zu diesem Einwand sollte aber bedacht werden, dass aus den gezahlten Ansprüchen (Beiträge entsprechend dem gesparten, nicht für Güter ausgegebenem Gelde.) von den Verwaltern mittels Spekulationen wieder wild werdendes Geld gemacht wird, mit dem durchaus wirtschaftlicher und rechtlicher Schaden angerichtet wird. Noch dazu sind jene Ansprüche rechtliche Ansprüche von Staatsbürgern innerhalb eines Rechtsgebildes bzw. Staates. In Geld ausgedrückt und in Investitionsgelder umgewandelt wirken sie aber in der gesamten Weltwirtschaft und ziehen Mittel aus der Weltwirtschaft, also auch von ungefragten Menschen, die nicht zu dem Rechtsgebilde gehören, denen die Anspruchsinhaber zugehören. Das ist unsozial. Rechtsgebiet und Weltwirtschaft ist also auseinander zu halten. Die Geld-„wirtschaft“ wird heute als die eigentliche Wirtschaft geglaubt. Sie vernebelt den Blick darauf, dass reale Wirtschaft und Rechtsgemeinschaft zu unterscheiden sind.

Dafür ist der erste Schritt, anzuerkennen, dass lebende Menschen für ihre Angehörigen und die zu Versorgenden produzieren müssen und dass die Anspruchsgeldwirtschaft ständig die Kapitalgrundlage der Wirtschaft bedroht und zernagt. Die beschworene soziale Sicherheit ist so organisiert, dass mit dieser Organisation die Basis jener sozialen Sicherheit zerstört wird. Geld „arbeitet“ eben nicht und wenn Rathenau von der Industrie als fressendes Gut sprach, dann ist Geldwirtschaft noch fressender. Wirtschaftlich und rechtlich wäre es in Ordnung, wenn die „Kassen“ nur die Ansprüche verwalten, und nicht mit dem Geld der Mitglieder (der Kassenliquidität) spekulierten oder spekulieren liessen. Die für die Rentenbeträge nötigen aktuellen Einkommen müßten die Versorgungskassen gegenüber der assoziierten Wirtschaft einer Region vertreten und die Unternehmungen müßten die Versorgungsgelder aufgrund ihrer aktuellen Produktivität bemessen und bewilligen, dann würden die Versorgungseinkommen den aktuellen binnenwirtschaftlichen Güter- und Leistungsmöglichkeiten entsprechen. Die weltwirtschaftlich Tätigen werden ein Interesse daran haben, ihre weltweit wohnenden Angehörigen mit zu versorgen. Bedenkt man den Sachverhalt so, wie hier dargestellt, dann sieht man doch, dass es nur eine soziale Wirtschaft geben kann, aber niemals einen „Sozialstaat“. Ein sogenannter „Sozialstaat“ wirkt innerhalb der Weltwirtschaft asozial. Es hat noch nie so viele hungernde Menschen gegeben, wie in Zeiten der „Sozialstaaten“.

Durch die Betrachtung des makroökonomischen Geldkreislaufes und den hier aufgeführten Merkmalen der Geldwirtschaft zeigt sich, wie vorhin schon angedeutet, dass das geschichtlich überkommene Staatsprinzip und das dagegen konkurrierende Privateigentum an Kapitalien störend, ja zerstörerisch in die Wirtschaftsprozesse eingreift und die Wirtschaft dadurch nicht in sich selbständig werden kann. In der augenblicklichen Krise der Geldwirtschaft wird das deutlich. Alles Vermögen einschließlich des Staatsvermögens in der BRD liege laut Stern Nr. 6 vom 31.1.2008 bei 8,9 Billionen Euro. Das Bankensystem hat von gehorteten Spargeldern soviel in Glücksspielspekulationen zum Zwecke von Investitionen gelockt, dass das Vertrauen, der Kredit, zusammenbrach und große Unternehmungen kein Leihgeld mehr bekommen. Der Rest der weiterhin gehorteten Spargelder, die noch nicht der Geldlotterie zugeflossen sind, sei in der BRD immer noch fast 89 Milliarden.Euro laut einer Angabe der Sparkasse Holstein in der Wandsbeker Information Dez. 2008.

Alle Konsumenten, außer den Sozialhilfeempfängern haben genügend Güter. Warum sollen sie kaufen, was sie nicht benötigen. Laut einer weiteren Angabe der Sparkasse Holstein in der Wandsbeker Information Dez. 2008 gehen die Menschen wegen der Krise verstärkt zur Sparkasse und eröffnen Sparkonten. Sie müssen nicht kaufen, sie haben genug, aber Sorgen vor zukünftigen Verlusten von Rechten und häufeln deshalb Rechtsansprüche für die Zukunft auf. Dies hatte ja auch Ole von Beust dem Leser im Hamburger Abendblatt vom 25.11.2008 gesagt, wie weiter vorn zitiert. Was nützen die hier zitierten Spargeldmilliarden? Es sind nur Rechtsansprüche, die durch Staatsverschuldung und weitere Staatsmaßnahmen vermindert werden müssen. Ein Beispiel dafür, wie der Staat gehortete Spargelder entwertet, zeigte sich Anfang 2009 beim Kauf von neuen Autos, die deswegen gekauft wurden, weil die Staatsregierung die Mehrwertsteuer mittels Prämien drastisch senkte. Der Wert der Autos sinkt erheblich schneller, als der Wert des dafür aufgewendeten Spargeldes gesunken wäre. Diese Entwertungen mittels Staatsgesetzen werden von Leitenden in der Wirtschaft durchaus kritisch beurteilt. So berichtete die Braunschweiger Zeitung am 27. 3. 2009, dass der Vorstandsvorsitzende der Salzgitter AG, Wolfgang Leese die Prämie kritisierte: „Alles, was jetzt in die Abwrackprämie gepumpt wird, werden wir in zwei, drei Jahren bitterlich bereuen. Denn dann müssen wir für diese Situation mit unseren Steuern zahlen“.

Wäre es nicht besser, wenn wir wüßten, wie viele Menschen mit unserer täglichen Wirtschaftsleistung erhalten werden können und wie lange? Wäre es nicht ordentlicher, wenn eine selbständige Wirtschaft aufgrund ihrer Produktivität die Geldversorgung bestimmte?

Die Staatsverwalter aber budgetieren aufgrund von Umsatzsteuern, Einkommenssteuern, Verbrauchssteuern mit Geld bezogen auf Geldumsatz um so mehr, desto hitziger die Wirtschaft Geld umsetzt. Die Staatsverwalter schwimmen sozusagen als Geldwirtschafter auf der Geldwirtschaft oben auf. Die Staatsverwalter leben von Wirtschaftssteuern und werden leider nicht von Bürgersteuern gleichberechtigter demokratischer Bürger getragen. Der „Staat“ ruft zur Zeit die Krise aus und will die Produktion von Gütern anfachen, um mehr Steuern einziehen zu können. Der Bundeshaushalt allein besteht zu 40% aus Zinszahlungen bei 1,5 Billionen Schulden für die „öffentlichen Hände“. Zeigt sich hier nicht, dass nun, wo die Banken die versprochenen Zinsen nicht an die Gewinner auszahlen können, dass der Staat selber mit seinen Milliardenzuschlägen an die Banken zum wichtigsten Umverteiler von Rechten ist? Zeigt sich hier nicht, dass die Geldwirtschaft und die staatliche Anfachung der Geldwirtschaft eine Wirtschaft in Unordnung bringt? Zeigt sich hier nicht, dass sowohl das Eigentumsinstitut Banken als auch das legislative und exekutive Institut Staat in der Realwirtschaft herumpfuschen weil „die Wirtschaft“ nicht selbständig werden will, aber muß?

Die blödsinnige Vorstellung eines „arbeitenden“ Geldes kommt daher, dass mit dem „Abbild“ Geld der Prozess der Wirtschaft gesteuert werden soll. Wie schon gesagt, sind die Geldgrößen als Abbilder der Realwirtschaft aber so etwas wie die Messgeräte bei einem technischen Verfahrensprozess. Technisch werden Messgeräte dazu ausgelesen, um anhand ihrer Werte Regler zu beeinflussen um mit diesen Reglern einen Prozess zu regeln und zu steuern.

Mit unserer heutigen Geldwirtschaft (Banken und Staat) soll auch geregelt und gesteuert werden können, nämlich die Realwirtschaft. Mit den vorstehenden Beispielen und Angaben sollte gezeigt werden, dass die Geldgrößen von den Geldwirtschaftlern nicht nur abgelesen werden, sondern ständig die angezeigten Werte vergrößert werden. Indem mit dem Anzeigemittel Geld gewettet und gespielt wird, werden Rechte unter den Menschen anonym umgeschichtet. Und diese unterschiedlichen Rechte und Privilegien wirken dann als „Stellgrößen“ auf die Menschen. Mit dem Geldglücksspiel wird ganz zufällig in das Eigentumsgefüge, in die Rechte von Staatsbürgern eingegriffen, und dadurch werden bestimmte Menschen in die Lage versetzt, nicht mehr wirtschaften zu dürfen. Geld ist so das entscheidende Rechtsdokument. Man kann sich der Einsicht nicht verschließen, dass die Realwirtschaft Interessen ausgesetzt ist, die in der Volkswirtschaftslehre, genauer der ökonomischen Theorie der Politik als Interessen gekennzeichnet werden, die ihren eigenen Nutzen „eigennützig“ maximieren. (Frey, B.S. 1981 Theorie demokratischer Wirtschaftspolitik. München 1981).

Im realen Wirtschaftsprozess aber sind die direkt wirtschaftenden, arbeitenden Menschen die Regler und Steuerer. Ihre „Messwerte“ erhalten sie wirtschaftlich eigentlich von Ihrem Bedarf und dem Bedarf ihrer zu versorgenden Angehörigen und der übrigen zu versorgenden Menschen. Dies kann man sich mit der wirtschaftlichen Urzelle vorstellen. Dies könnte verwirklicht werden, wenn sich die „Konsumenten“ der realen Wirtschaft zugehörig begriffen und sich dann Konsumenten und Produzenten assoziierten, um die realen Güter und Leistungen rein in der Wirtschaft ungestört von Steuern zu bewerten und zu bepreisen. Die real wirtschaftenden Menschen müssten sich von den falschen „Abbild“-Reglern Eigentumsbanken und Eigentumsstaat frei machen und selber von Unternehmung zu Unternehmung übergehen, je nachdem, wo sie gebraucht werden.

Sowohl die bisherige Betrachtung der Investitionen und ihrer geldwirtschaftlichen Ausgestaltungen und Folgen, als auch die Betrachtung der jetzigen Krise der Geldwirtschaft zeigen, dass es bewußtseinsklarer wäre, wenn die Staatsverwalter ihr Budget nicht aus Unternehmenssteuern, Umsatzsteuern, Einkommenssteuern bezahlt bekämen, sondern aus Bürgersteuern, die im Idealfall für jeden Bürger gleich sind, damit die Bürger sich als Gleiche fühlen können. Dieser Staat der demokratischen Bürger darf nicht wirtschaften sondern darf nur die Gesetzgebung und Regierung betreiben. Damit wäre er ordnungskonform gemäß der Volkswirtschaftslehre.

Die Kritik der derzeitigen Krise der Geldwirtschaft zeigt, dass Investitionsvorhaben mit Geld abgedeckt werden müssen, welches eigentlich ganz neu geschöpft werden müßte.

Die Kritik zeigt auch, dass bisher das Investitionsgeld aus Versicherungsliquidität und Spargeldern durch Glücksspiel gelockt wird und dass dieses bisherige Verfahren wirr und sozial zerstörerisch ist.

Versicherungsliquidität darf es eigentlich gar nicht geben, sondern nur angemeldete Versorgungswünsche. In welcher Höhe diese Wünsche eingelöst werden können, kann eine assoziierte Wirtschaft erst in der Zukunft bewerten. Die Kritik zeigte auch, dass der westliche Staat das Instrument war und ist, das diese Geldwirtschaft in Betrieb gesetzt hatte und am laufen hält. Unser politisches System ist ganz aufgebaut auf Forderungen, also auf dem Egoismus, ganz nach den Vorgaben der vorn erwähnten englischen Denker. Es gibt einen Spruch von Goethe: „Vor der Revolution war alles Bestreben, nach der Revolution ist alles Forderung.“

Die demokratischen Ansprüche müßten eigentlich darauf zielen, dass die Bürger demokratisch miteinander umgehen und dass die Staatsbehörden dem demokratischen Anspruch gemäß gestaltet werden.

Das aber ist nicht der Fall. Die heutige Staatswirklichkeit ist Privilegierung und Entrechtung und Anspruchsbürde an die wirtschaftenden Menschen.

Die Scheinwirtschaft mit dem Geld verwirrt also nicht nur den Blick des Volkswirtschaftslehrers auf die echten Grundlagen der realen Wirtschaft, sondern verwirrt dem Staatsbürger auch den Blick auf das Recht und die Demokratie. Ein demokratischer Rechtsstaat kann nur der sein, der strikt aus der Wirtschaftssteuerung herausgehalten wird. Gleichberechtigte Staatsbürger können aus ihrem Rechtsgefühl heraus auch kollektiv, geordnet und einsichtig miteinander arbeiten. In einer selbständigen Wirtschaft können sie dann saubere Preise bilden und dadurch beurteilen, was sie den vielen nicht Güter produzierenden Menschen leisten können. Die Versorgung nicht güterproduzierender Menschen kann doch nur den güterproduzierender Menschen obliegen. Nur eine selbständige Wirtschaft ist eine soziale Wirtschaft. Eine soziale Wirtschaft der produzierenden und konsumierenden Menschen erübrigt das tönende Gefordere nach dem so genannten Sozialstaat.

Wenn die Rechte stiftenden und Rechte verwaltenden Behörden einer demokratischen Rechtsgemeinschaft von einer selbständigen Wirtschaft getrennt sind, können die Menschen die sozialen Erscheinungen besser unterscheiden. In sozialen Prozessen wird es allerdings nur sozial und demokratisch und frei zugehen, wenn eine genügend große Zahl von sozial, demokratisch und frei sein wollenden Menschen die Schäden, die aus einer verwirrten Gesellschaft entstehen, schon in diesen Zeiten der Verwirrung erkennen können und sich Vorstellungen darüber machen können, wie die Menschen zusammenwirken können, damit ein sozialer Organismus möglich wird. Anspruchsgesättigte Sozialstaatsphraseure, Marktwirtschaftsideologen und amtliche Moralforderer wollen dieses jedenfalls bis heutzutage nicht tun, sondern die Menschenmasse aus dem Hintergrunde steuern.

Aufstieg durch Bildung

So heißt eine „Qualifizierungsinitiative“ der Bundesregierung vom 19. 12. 2007 für 2008 und später. Hierfür sollten 500 Millionen Euro bereitgestellt werden. Der Sinn dieser Qualifizierungsinitiative soll die Sicherung der Fachkräftebasis für morgen sein, allerdings nur in den Bereichen „MINT“, die man sich heute als wichtig für den Marktanteil in der Weltwirtschaft vorstellt. M steht für Mathematik, I für Informatik, N für Naturwissenschaft und T für Technik. Nun kann man sich wundern über eine solche Initiative der Bundesregierung. Der Anhänger eines Rechtsstaates wird klagen, dass hier schon wieder Steuergelder als Subventionen kanalisiert werden. Ein Volkswirtschafter könnte argwöhnen, dass der Staat hier wieder einmal mehr ordnungsinkonform aktiv wird.

Sieht man vom Zweck der Aktivität ab und sieht man nur auf die Rhetorik, dann muß man feststellen, dass Bildung ein Mittel zu einem Zweck Aufstieg sein soll. Bildung ist heute eben Bildung. Aber was ist Aufstieg? Und für welchen Zweck ist der Aufstieg das Mittel? Das sollte doch eine Frage sein.

Im deutschen Idealismus gab es bei vielen großen Meistern das Ziel, für eine Menschenbildung zu arbeiten. Das läßt sich bei Goethe und Schiller und anderen finden. In dem damaligen Sinne ist durch Menschenbildung auch ein Aufstieg angestrebt, ein geistiger Aufstieg des Menschen im Sinne einer seelischen Weiterentwicklung durch geistige Erkenntnisse. Der Mensch sollte sich zu einem immer besseren Bilde Gottes bilden.

In diesem alten deutschen Sinne wäre das Thema der Bundesregierungsinitiative tatsächlich das Thema unserer Zeit. Angesichts der zur Zeit offenbar werdenden gesellschaftlichen Ungeheuerlichkeiten zeigt sich die mangelnde Bildung der handelnden und betroffenen Menschen.

Das Motto „Aufstieg durch Bildung“ ließe sich aber auch ganz anders deuten. Nach den Betrachtungen in den beiden vorigen Kapiteln könnte man argwöhnen, dass als Bildung hier keine Menschenbildung, sondern die reine Technikerausbildung meint. Das wird auch aufgrund des Zieles so sein, soll es doch um die Sicherung der Fachkräftebasis von morgen gehen. Der durch die „Initiative“ der Bundesregierung ausgebildete Mensch kann zu einer Fachkraft innerhalb einer Fachkräftebasis aufsteigen. Wieso Basis? Die Basis für Steuereinnahmen, die von den Staatsverwaltern benötigt werden und von Politikern festgesetzt werden. Die Fachkräftebasis ist die Lebensbasis für alle, die aus den Staatskassen ihr Einkommen beziehen müssen. Als Steuer steigt das Geld auf von der Basis in die Staatskassen. Die Staatsverwalter schwimmen als Steuerabschöpfer auf der Geldwirtschaft oben auf und die gewählten Volksvertreter und die von diesen gewählten Regierenden denken einzig in den Bahnen der Geldwirtschaft. Von wem die Fachkräftebasis von morgen, deren Ausbilder und Kapitalverwalter ernährt werden sollen, kalkulieren die Regierenden nicht. Sie werfen einfach einen Geldbetrag in eine bestimmte „Ecke“ ihres Bildungs-„Systems“ (ihrer Maschine, wie die US-Amerikaner sagen) und überlassen das Übrige dem „Markt“.

Die Parolen der Sozialdemokratie waren bei ihrer Gründung „Freiheit“, bei Willy Brand „Chancengleichheit“, bei Schröder „Ändert sich die Basis, dann muß auch der Überbau geändert werden“ und nun bei Angela Merkel „Aufstieg“? Ein Abstieg der Worthülsen, früher locker abmontiert von Schillers Begriff der Freiheit, aber heute durchaus näher dran an der triebgesteuerten Natur der Menschen, um diese anzustacheln. Wollen die „Gesetzgeber“ mit einer Parole vom „Aufstieg“ beglücken?

Bedenken wir: „Vor der Revolution war alles Bestreben, nach der Revolution ist alles Forderung.“ Goethe und Schiller empfanden die Revolution im Westen als Entwicklungsunglück, sie selber strebten vorbildlich nach Freiheit, später forderten gewisse Menschen Freiheit einfach von anderen. Die Revolutionen im Westen und im Osten verschlechterten die Entwicklungsbedingungen der Menschheit. Die Ergebnisse waren Massenmord, Konkurrenzkrieg und Lagerhaltung. Auch wenn sich zur Zeit global nur die Westrevolution auffällig Platz schafft und viele Menschen dadurch kommode leben, sollten möglichst viele von uns sich das Motto der Bundesregierung „Aufstieg durch Bildung“ noch freiwillig im positiven, man kann sagen, im goetheschen Sinne zu eigen machen.

Jedem von uns bleibt nur der Aufstieg durch Bildung im Sinne des deutschen Idealismus als Bestreben. Zwischen den beiden extremen Deutungen jenes Mottos bliebe nur als aufhebende Synthese, dass wir uns tatsächlich um die wirtschaftlichen, rechtlichen und bildungskulturellen Grundlagen unseres noch existierenden Gemeinwesens Gedanken machen. Dessen Grundlage sind aber die Menschen. Menschenwissenschaft ist also nötig, die jeder, der will, bei sich anfangen kann.

Als erstes ist das Denken zu bilden, damit solche Verwirrungen, wie sie Herrn Henkel, den Volkswirtschaftlern, der Bundesregierung durchgehen, viel weniger werden.

Als Beispiel möge hier die Auffassung der Mathematik im Sinne von Novalis angeführt werden. Mathematik zeigt uns, dass kontrollierte Gedankenführung mit den Übungen des inneren Beweisens uns die innere Sicherheit rein im Denken gibt. Der Mensch fühlt sich in der Naturwissenschaft sicherer, seitdem er Mathematik auf das Experiment anwendet. Nicht das Experiment macht den Forscher sicher, sondern die mathematische Beschreibung. In sich fühlt sich der Mensch sicher. In sich will er den Beweis begründen. Die Mathematik führt den Menschen mit ihren Regeln dahin, dass er in sich Sicherheit, Gewissheit erzeugen kann. Im Mittelalter wollten viele Menschen durch den Glauben innerlich sicher werden. In der Neuzeit wollen viele Menschen ihre Sicherheit mit Erkenntnissen und Denken erreichen. Die Mathematik soll ein Beispiel geben, wie innere Sicherheit erworben werden kann. Da Mathematik allerdings nur anwendbar in der Welt der toten Materie ist, braucht es für die Grundlagen unseres noch existierenden Gemeinwesens eine Menschenwissenschaft, die ebenfalls geeignet ist, innere Sicherheit zu geben.

Die weiter vorn dargestellte Idee der wirtschaftlichen Urzelle stammt aus einer Wissenschaft, die man im Hinblick auf das Ziel der inneren Sicherheit mit Mathematik vergleichen kann. Eine Zelle versteht man als kleinste Komponente eines lebenden Organismus. Diese Analogie stimmt für den sozialen Organismus, denn dieser besteht nur aus Menschen, das sollte doch wohl gewiß werden können durch sauberes Denken. Für unsauberes Denken sei hier ein Beispiel angeführt: Die zur Zeit aktive Westrevolution will den Menschen aus ihrer Konstruktion von Gesellschaft ganz ausschließen und statt dessen die Maschine zugrunde legen, mit der bestimmte Zwecke bedient werden sollen. In den USA gibt es zum Beispiel die politische Maschine(the political machine).

Die Idee der wirtschaftlichen Urzelle dagegen beinhaltet den Menschen, ein kleinster denkbarer Produzent kann nur ein einzelner ganzer Mensch sein, nicht ein Teil oder ein Nichtmensch, eine Maschine oder ein Konstrukt. Jener Produzent ist immer auch Verbraucher, der in der Regel sein eigenes Produkt nicht braucht, aber andere Produkte zum Leben braucht. Meist ist er aber nicht der einzige Verbraucher, sondern hat weitere, mitproduzierende und nicht mitproduzierende Verbraucher zu erhalten. Das was in einer solchen Urzelle verbraucht wird, kommt aber von allen anderen Menschen auf der ganzen Welt.

Die Idee der wirtschaftlichen Urzelle soll hier als Beispiel gelten, wie mathematikähnlich bis zu den Axiomen des Denkens, „redlich“ im Sinne Goethes, gedacht werden kann, wenn man ein menschliches Denken entwickeln will, das uns davor bewahren kann, schändliche gesellschaftliche Entwicklungen nicht erkennen zu können.

Notwendig wäre es, wenn möglichst Millionen Menschen in Europa endlich sich angewöhnten, selber redlich zu denken. Wie das Übervateridol und der Gottesersatz Staat mittels der Geldwirtschaft eine selbständige Wirtschaft mit produzierenden und konsumierenden Menschen immer mehr verhindert (In der Presse wurde berichtet, dass Verstaatlichung diskutiert wurde, damit die Geld“ströme“ wieder fließen.), so verhindert jener Staat durch staatliche „Aufstieg-durch-Bildung“ die Menschen daran, zu einer Bildung, zu einer Erkenntnisübersicht zu gelangen, die Goethe und andere schon vor zweihundert Jahren vorgebildet hatten.

Denkmethoden sind im alten Deutschland gesucht und ausgebildet worden. Auf die Spitze getrieben bei Goethe, dem allerdings seine Einfälle am wichtigsten waren, und der insbesondere „redlich“ daran arbeitete, diese Einfälle als Ideen zu beschreiben und experimentell darzustellen oder als Geschichten, Märchen und in anderen Formen dichterisch darzustellen um damit Menschen geistig anregen zu können. Dieses vor zweihundert Jahren vorgebildete Denken ist leider von einem Denken im Sinne des britischen Denkens für die Ausdehnung der industriellen Geschäftstätigkeit und den dafür nötigen dualistischen Ideologien der rassischen Weltherrschaft und des Bolschwismus, zur Seite geschoben worden.

Darum soll hier auf die wichtigste Weiterarbeit im Zuge der goetheschen und schillerschen Bemühungen hingewiesen werden, die tatsächlich eine Wissenschaft für Einfälle genannt werden könnte. Rudolf Steiner hat sein ganzes Leben daran gearbeitet, eine Wissenschaft, ausgehend von Goethes naturwissenschaftlichen Forschungen, auf die Erde und den Menschen nahe zu bringen. Rudolf Steiner stellte der Naturwissenschaft eine notwendige Geisteswissenschaft für die Erforschung des Menschen und des menschlichen Zusammenlebens zur Seite. Seine immense Arbeit kann hier als einzige Anleitung dazu genannt werden, sich selber vom Idol Staat zu befreien und Hilfe zu finden für eine redliche Arbeit, um sich und die anderen Menschen aus den peinlichen gesellschaftlichen Zuständen heraus zu bekommen. Von den Forderungen zum Bestreben.

Ulrich Piel
Ulrich.Piel@gmx.de

Nachsatz:

Der obige Aufsatz ist vor der Bekanntgabe der Wirtschaftskrise konzipiert gewesen. Nach ihm wurde ein Vortrag gehalten in der Zeit, als Freddy Mac und Fannie May vom US-Staat übernommen wurden. Die Ausarbeitung des Textes fiel dann in die Zeit der nicht mehr zu verheimlichenden Krise. Die Krise soll sich ja noch ausweiten, und diese Krise zeigt doch, dass der Standpunkt, von dem aus die obigen drei Textkapitel in Sätze gebracht worden sind, seine Berechtigung hat.


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