Was geht uns die Welt an?
Eindrücke vom zweiten Weltsozialforum in Porto Alegre

01.03.2002

Aus den Prinzipien des Weltsozialforum www.forumsocialmundial.org.br

1. Punkt (von 15 Punkten): Das Weltsozialforum ist ein offener Raum des Zusammentreffens für die Vertiefung von Überlegungen, für die demokratische Diskussion von Ideen, das Formulieren von Vorschlägen, dem freien Austausch von Erfahrungen und für die Artikulation effizienter Aktionen von Organisationen und Bewegungen der zivilen Gesellschaft, welche sich dem Neoliberalismus und der Herrschaft der Welt durch das Kapital und jeder Art des Imperialismus widersetzen, und welche sich verpflichten dem Aufbau einer weltweiten Gesellschaft, die den Menschen ins Zentrum stellt. (Freie Übersetzung des Verfassers)


Was bedeutet es, wenn ca. 50 000 Menschen aus allen Teilen der Welt in 28 Konferenzen, ca. 100 Seminaren, ca. 800 Arbeitsgruppen und 3000 Journalisten zusammentreffen und dabei dieselbe Durchsetzungskraft beschwören, wie die Treffen der Reichsten in Davos, die dort seit 30 Jahren unsere Weltsituation selbstherrlich entwerfen und beeinflussen?

Was bedeutet es, wenn sich eine Kraft, wie diese dem Aufbau einer Gesellschaft verpflichtet, die den Menschen ins Zentrum stellt und nicht materialistisch, rein ökonomische Notwendigkeiten?

Bei dem Versuch eine reagierende Protestbewegung in eine agierende weltweite Initiative umzuwandeln, haben sich nun zum zweiten Mal unzählige NGOs in Porto Alegre getroffen. Ihr hauptsächlicher gemeinsamer Nenner ist die Vielfalt und ihr Einsatz für eine soziale, zivile und menschliche Gesellschaft.

Sind das nicht deutliche Vorzeichen des Entstehens einer zivilen Gesellschaft, die als unabhängige Kraft sich neben Politik und Wirtschaft konstituieren könnte? Hätten da Personen, die Zugang zur Anthroposophie haben, nicht allen Grund sich zu beteiligen und zu engagieren? Gibt es nicht in der Anthroposophie ein tiefes Wissen mit dem diese Bewegung bereichert werden könnte?

Nach meiner Beobachtung, gab es auf dem Weltsozialforum vor allem auf brasilianischer Ebene eine Gefahr, daß das Forum für den klassischen, antiquierten Diskurs zwischen Links und Rechts ausgenützt wurde. (Dies hängt unter anderem damit zusammen, daß zum ersten Mal nach der Militärdiktatur ein sozialistischer Präsident gewählt werden könnte.)

Kapitalismus und Kommunismus haben beide ein und dieselbe Wurzel im Materialismus des 19. Jahrhunderts. Dort finden sich ihre Theoretiker und ihre Ähnlichkeiten. Es gehört zum Wesen des einfachen Materialismus alles durch kausale Mechanismen zu erklären und auf sozialer Ebene nur persönliche, egoistische Motivationen zuzulassen.

Erst in der Überwindung des Materialismus werden wir verstehen, wie es möglich ist, daß sich so viele Gruppen für und um den Menschen organisieren und engagieren.

Wo sind die Stimmen, die den Menschen als holistisches Wesen - nicht bloß als materialistisches, zufälliges Gebilde- sehen und sich zugleich gesellschaftlich engagieren? Einige wenige, (schwache) sind mir auf dem Weltsozialforum aufgefallen: z.B. Ananda Marga, www.anandamarga.org/curitiba, Brahma Kumaris www.bkumaris.com.br, Comite Inter-religioso www.ceca-rs.org, Unipaz www.unipazsul.org.br, International Forum on Globalization www.ifg.org usw. (Es gibt sicher eine Menge, die mir nicht aufgefallen sind.)

Wäre es nicht gerade für die vielen Menschen, die weltweit mit Anthroposophie zu tun haben, eine Herausforderung und Aufgabe an allen zukünftigen Weltsozialforen aktiv teilzunehmen, ihr Wissen einzubringen, damit diesen dort offen gestellten Fragen entgegengegangen wird und diese einzigartige Gelegenheit genützt wird? Die Zeichen für die Verbreitung der Dreigliederung stehen wesentlich günstiger als 1919, da das Forum als Projekt über mehrere Jahrzehnte ausgelegt ist mit der Möglichkeit einer permanenten Korrektur und Arbeit.

Ich bin diesmal vor allem der Diskussion um solidarisches Wirtschaften nachgegangen. Zu diesem Thema fanden eineinhalb Tage permanente Konferenzen und Seminaren statt. Hochinteressant waren hier die Darstellungen von Henri Rouillé D`Orfeuille, dem Vorsitzenden von Finansol www.finansol.org, der Dachorganisation fast aller französischer auf solidarischer Ebene handelnder Geldinstitutionen, die insgesamt jährlich ca. ein Volumen von 200 Millionen Euro, davon ca. 30 Millionen Euro in Nordsüd Projekten umsetzen. Präsent war auch der Vorsitzende der italienischen Bancaetica, Giovanni Acquati, www.bancaetica.it. Weitere Internetadresse sind: www.money.socioeco.org, www.inter-reseaux-economie-solidaire.org, www.commercequitable.org, www.redlases.org.ar, www.anteag.org.br, www.threefolding.net, www.sozialimpulse.de, und www.globenet3.org .

Interessant waren die Darstellungen von Projekten, die auf regionaler Ebene in verschiedensten Formen schon stattfinden, nun auch schon auf nationalen Ebenen Bedeutung und Zusammenschlüsse erlangen und die Pläne, insbesondere von Henri R. D`Orfeuille forciert, für die Gründung einer internationalen Zusammenarbeit im solidarischen Geldwesen. So kam es während des Forums zum Beginn einer Zusammenarbeit von Finansol und Franklin Dias Coelho, als Vertreter von "Viva Rio", eine Organisation, die schon über 700 Kredite an einkommensschwachen Familien in den Favelas von Rio de Janeiro vergeben hat www.vivario.org.br /vivaRio/em ação.

Hier waren natürlich die Absenzen von Triodos, Gemeinschaftsbank, Ökobank oder anderen Vertretern aus dem deutschen und angelsächsischen Raum unverständlich und zu bedauern!

Über folgendes muß sich jeder von uns im Klaren sein: Man kann nur Nehmen, wenn man Geben kann. Man kann nur gehört werden, wenn man selbst zuhören kann, wenn man selbst das Gespräch, die Kommunikation sucht.

Jedes Pilotprojekt oder andere vorbildliche Projekt muß von sich aus in aktive Kommunikation mit der Welt treten, ansonsten hat es ein monistisches, unbedeutendes Dasein.

In diesem Sinne möchte ich alle in dieser Angelegenheit interessierten Personen aufrufen Aktivitäten zu setzen und sich eventuell zusammenzuschließen. Für dieses Ziel möchte ich gerne als Kontaktperson wirken gregorkux@hotmail.com, Das Projekt könnte heißen: "Menschen mit einem Verständnis aus der Anthroposophie am Weltsozialforum".

An diesem Weltsozialforum II, haben folgende Personen und Organisationen teilgenommen: Gaby und Ulrich Morgenthaler vom Forum3, Carol Bergin von Global STAF, Johannes Lauterbach von GlobeNet 3, Suely und Jens Loewe von NWWP und Christoph Strawe von Network Threefolding, Ich nahm als Mitglied der Associação Pedagogica Tamandaré teil, und wir veranstalteten zwei Arbeitsgruppen über Assoziative Ökonomie mit Antonio José Marques als Vortragenden und Verfasser des Buches zu diesem Thema "Os Tres Poderes".

Wir veranstalteten auch einen Bücherstand mit Büchern der "Editora Antroposófica, Sao Paulo". Im nächsten Jahr will die anthroposophische Gruppe vor Ort und Stelle einen größeren Stand aufbauen.

Mit herzlichen Grüßen aus Brasilien,

Gregor Kux
Tel.: 0055/62/30911586
Rua Tamoios Q.P L.2
E-mail: gregorkux@hotmail.com
Setor Shangry-la CEP 74691-460
Goiânia, GO, Brasilien