Grundlos Boden los - Wie aus Unrecht Kapital wird

01.06.2008

Die Geschichte einer Enteignung und ihre Hintergründe

Gedanken zur Tagung am 17.10.2008 in Berlin, erstmals erschienen in Jedermensch, Zeitung für Soziale Dreigliederung, neue Lebensformen und Umweltfragen, Ausgabe Sommer 2008

Was sind die Rechte einer Blumenverkäuferin Wert?

40 Jahre war der kleine Blumenladen am S-Bahnhof Karlshorst im Besitz der Familie Godehardt. Jetzt ist er dicht.

Das Eigentum an dem Haus hatte Marina Godehardt 1987 von ihren Eltern übernommen. Wie in der DDR üblich, behielt der Staat das Eigentum an dem Boden, auf dem das Haus steht. Als der Boden Ostdeutschlands nach der Wende an westliche Konzerne verschleudert wurde, teilweise zu symbolischen Preisen von 1 DM, da erwarb die Deutsche Bahn das Eigentum an dem Boden, auf dem Marina Godehardt arbeitete. Wohlgemerkt: nur an dem Boden, nicht an dem Haus. Innerhalb von 5 Jahren erhöhte die Deutsche Bahn dann die Pacht für den Boden von 106 auf 1800 DM, und Frau Godehardt schuldete dem Konzern bald 80.000 Euro.

Frau Godehardt verdient 741 Euro, Bahnchef Mehdorn 270.000 Euro im Monat. Frau Godehardt hat ihren Blumenladen verloren. Aber nicht nur den. Am 30. April 2008 verlor sie auch ihr Wohnhaus – es wurde zwangsversteigert, um die 80.000 Euro für die Deutsche Bahn einzutreiben.

Eine weitere kuriose Geschichte ereignete sich außerdem am Rande: Eine Wohnungsgenossenschaft wollte das Haus kaufen und Marina Godehardt weiter darin wohnen lassen. Die Genossenschaft war bereit, um 5.000 Euro über dem besten Gebot zu bleiben, egal wie hoch dieses ausfallen könnte. Die DB lehnte ab.

Unrecht wird Kapital

Alle Welt redet von dem Finanzkapital, das sich vom Menschen losgelöst hat, um wie eine Windhose durch die Welt zu ziehen. Gerade hat es die Lebensmittel erfasst und die Lebensmittelpreise in den armen Ländern um bis zu 180% verteuert. Kaum jemand geht jedoch der Frage nach, wie dieses Finanzkapital eigentlich entsteht. Die Geschichte von Marina Godehardt ist die Geschichte von der Entstehung des Finanzkapitals, die sich so jeden Tag millionenfach wiederholt.

Am Anfang steht immer eine Erpressung. Ein Mensch bringt sich in den Besitz der Rechte an den Lebensgrundlagen eines anderen Menschen. Der Erpresste hat dann kein direktes Verhältnis mehr zum Rechtsleben, sondern nur noch ein indirektes über den, der jetzt der Rechteinhaber ist. Der Rechteinhaber vergibt dem Menschen dann wieder die Rechte an dessen Arbeitsplatz oder Wohnort – gegen Geld. Der Höhe der Summe ist prinzipiell keine Grenze gesetzt, weil der Erpresste seine Rechte wahrnehmen muss. Er kann ja gar nicht anders, als seine Lebensgrundlage zu beanspruchen.

Dabei sind die Rechte aber niemals wirklich gewandert. Es sind immer die Rechte des Nutzers geblieben. Zwischen ihn und das genutzte Objekt tritt ein Unbeteiligter, ein an der Arbeit an dem Objekt ganz unbeteiligter Mensch und beansprucht die Früchte der Arbeit für sich.

Diese Mittelbarkeit des Rechts haben wir, wie vieles andere auch, dem römischen Recht entnommen. Die Römer nannten sie dominium. Die Angehörigen eines dominium konnten nichts für sich, sondern mussten alles für den dominus erwerben, und dem dominus gehörten auch die „fructi“, die Früchte ihrer Arbeit. In unserem BGB heißt dieses dominium schlicht Eigentum. Mit dem Eigentum enthält unser Recht ein zweites, altes Recht, das nicht auf dem Prinzip der Gleichheit, sondern auf dem der Herrschaft beruht. Auf seiner Grundlage haben sich die Staaten im Staate gebildet, die modernen Unternehmen.

Das römische dominium ist die Substanz des Finanzkapitals. Dieses Finanzkapital besteht aus nichts anderem als aus Rechten an den Lebensgrundlagen der Menschen, und damit aus Ansprüchen auf die Erträge ihrer Arbeit.

Das Spiel mit dem Recht

Die Ansprüche werden dann selbst gehandelt. Man kann sich das am Beispiel von Frau Godehardt so denken: Es sagt sich jemand: Wenn ich der DB das Eigentum an Frau Godehardts Arbeitsplatz abkaufe, dann kann ich Frau Godehardt vielleicht noch mehr abpressen. Ich muss selbst gar nichts arbeiten, Frau Godehardt arbeitet für mich, wenn ihre Rechte von mir abhängen. Da kommt aber ein dritter, der will auch den Eigentumstitel kaufen, weil er sich noch höhere ‚Gewinne‘ verspricht. Und so beginnen die Eigentumstitel selbst wie Waren zu zirkulieren, während Frau Godehardt immer magerer wird.

In der Bilanz der Deutsche Bahn steht das Recht, das Frau Godehardt an ihrem Boden hat, mit einem dicken Plus drinnen. Und so stehen in den Bilanzen aller Unternehmen dieser Welt Rechte drinnen, quantisiert, formuliert als das, was der Abhängige für sein Recht zu zahlen bereit ist. Mit diesen Unternehmen wird dann selbst Handel getrieben, das heißt aber, es wird darauf spekuliert, dass die Menschen noch mehr für ihre Rechte bezahlen werden.

Zu diesen Rechten, die als Finanzkapital gehandelt werden, gehören natürlich auch Rechte über die Nutzung von Produktionsmitteln. Es besteht kein prinzipieller Unterschied darin, ob ich jemandem den Ertrag seiner Arbeit über das Eigentum an seinem Wohnort, oder über das Eigentum an seinem Arbeitsplatz abknöpfe. Die Zahlung des Arbeiters an den Eigentümer seines Arbeitsplatzes ist bloß dadurch kaschiert, dass man das Verhältnis so interpretiert, als ob dem Eigentümer der Produktionsmittel auch die produzierten Waren gehören, und er dem Arbeiter einen Anteil aus dem Erlös als Lohn für die Arbeit gibt.

Mit dem Eigentum an Wohn- oder Arbeitsstätten werden Erwartungen darauf, was man anderen Menschen abnehmen kann, ohne selbst etwas zu leisten, gehandelt. Je länger diese Erwartungen im Umlauf sind, ohne eingelöst zu werden, desto größer werden sie, desto unwahrscheinlicher wird es aber auch, dass sie erfüllt werden können. Denn es ist ja klar, dass irgendwann eine natürliche Grenze erreicht ist. Man hat das zum Beispiel an der sog. Immobilienkrise sehr gut sehen können. Da wurde kurz sichtbar, dass die Rechte, die in den Bilanzen der beteiligten Unternehmen stehen, in gewisser Weise Scheinwerte sind. Die Menschen konnten einfach das nicht bezahlen, als was ihre Rechte bilanziert wurden. Wenn der Spekulationswert des Bodens stabil geblieben wäre, wenn die Wetten darauf, dass die Menschen noch mehr für ihre Rechte bezahlen werden, angehalten hätten, dann wäre nicht bemerkt worden, daß sie überhaupt nicht bezahlen können. Nur weil zufällig gleichzeitig der Spekulationswert des Bodens sank und die Banken den schwarzen Peter deshalb nicht mehr weiterreichen konnten, wurde die Wirklichkeit für einen Augenblick sichtbar. Wer den Eigentumstitel nämlich nicht mehr gewinnbringend weiterverkaufen kann, der will ihn einlösen. Dann merkt er aber, welchen Wert der Schein wirklich hat. Sobald die Wetten eingelöst werden sollen, bricht das System zusammen. Der sog. Finanzmarkt ist nichts anderes als ein gigantisches Schneeballsystem.

Dennoch sollte man mit dem Begriff der Finanzblase‘ sehr vorsichtig umgehen. Man vergisst zu schnell, dass die betroffenen Menschen ihr Letztes werden geben müssen, um das Geld doch noch zu decken. Das Geld ist sehr wohl gedeckt, es ist von der zukünftigen Zwangsarbeit der Menschen gedeckt. Und wenn die natürliche Grenze erreicht ist, wenn die Menschen einfach nicht mehr geben können für ihre Rechte, ohne dabei umzukommen, dann wird diese Grenze eben überschritten. Man sieht im Irak, wie man Geld decken kann, wie man ihm wieder einen Wert geben kann, wenn die Grenze des Menschenmöglichen überschritten ist.

Was hat der Blumenladen in Karlshorst mit dem Irak-Krieg zu tun?

Marina Godehardt konnte das ja nicht bezahlen, was die DB für die Rechte an dem Boden haben wollte. Da war die natürliche Grenze erreicht. Trotzdem stand die Forderung mit einem Plus in der Bilanz der DB. Also griff der Konzern auf das Wohnhaus zu – mit Hilfe des Staates.

Wenn man die Geschichte von Frau Godehardt isoliert betrachtet, dann erscheint es einem unverständlich, warum die DB hier nicht Recht hat Recht sein lassen. Die Rechte von Frau Godehardt machen ja nur einen winzigen Bruchteil des 100-Milliarden-Euro-Vermögens der Bahn aus. Dieses Vermögen enthält aber so wie das eines jeden anderen Konzerns lauter solche Rechte. Was passiert nun, wenn ein Konzern wie die DB die betroffenen Menschen gehen lässt? Das ganze Geld, das ihm in Erwartung darauf gegeben wurde, dass er den Druck noch erhöht, geht mit, und das Kartenhaus stürzt ein. Die DB hatte also gar keine andere Wahl: Wenn sie nicht zur Gewalt übergegangen wäre, wenn sie den Scheinwert hätte verpuffen lassen, dann hätte sie den eigenen Lebensnerv getroffen.

Die großen Volkswirtschaften funktionieren in dieser Hinsicht nicht anderes als die Konzerne. Ihr Wachstum hängt zunächst davon ab, dass sie ein Ungleichgewicht herstellen zu anderen Volkswirtschaften, indem sie rechtliche Abhängigkeiten schaffen. Deutschland blüht auch deshalb, weil Deutschland die Menschen in anderen Ländern entrechtet und für den deutschen Markt arbeiten läßt. So wie der Reichtum der Konzerne hängt dann aber der Reichtum der Volkswirtschaften zusätzlich auch davon ab, dass man erwartet, dass sie noch mächtiger werden.

Der Irak Krieg schafft neue Abhängigkeiten. Viel wertvoller als die erbeuteten Güter ist für die amerikanische Volkswirtschaft das Vertrauen in das Wachstum von Abhängigkeiten, das durch den Beutezug erzeugt wird. Auch hinsichtlich des Öls: nicht das Öl, das die USA haben, ist der eigentliche Wert, sondern die Tatsache, dass sie die Ölquelle beherrschen. Das ist ein bedeutender Unterschied. Wer in die amerikanische Wirtschaft investiert, der spekuliert auch auf den Preis, der aufgrund von Macht diktiert werden kann. Von dieser Erwartungshaltung lebt das Wachstum der Volkswirtschaft.

Wenn irgendwo in irgendeinem Land der Welt ein Händler auf dem Schwarzmarkt Dollar nimmt, worauf vertraut er in diesem Augenblick? In die Gewalt des amerikanischen Staates, darauf, dass durch die Entrechtung anderer Menschen ein Gefälle hergestellt wird von der amerikanischen Volkswirtschaft zu anderen Volkswirtschaften. Der Irak Krieg ist eine volkswirtschaftliche Notwendigkeit.

Die EU ist diesem Automatismus bisher dadurch entgangen, dass sie einerseits die Menschen auf dem afrikanischen Kontinent in den Hunger getrieben hat, und andererseits durch die friedliche Erweiterung und dem Abbau der Zollschranken den Wachstumszwang kanalisieren konnte. Jetzt ist sie aber auch damit an eine Grenze gekommen, und die europäischen Staaten sind in Zugzwang.

Der Boden kann keinen Preis haben

In der Geschichte von Marina Godehardt hat der Alltag die Hauptursache für die soziale Katastrophe der Gegenwart, für den Krieg, für den Hunger in den armen Ländern und die Arbeitslosigkeit in den reichen Ländern, zu einem Bild verdichtet. Es ist die Herrschaft über Menschen mit Hilfe des römischen Eigentumsrechts, und in der Folge davon die Bewertung von Menschenrechten durch Waren.

Frau Godehardt hat von der DB niemals etwas für ihr Geld bekommen. Die Zahlung war immer einseitig, sie ist für nichts geflossen. Aber Frau Godehardt konnte ja nicht einfach auf den Boden verzichten, so wie man auf eine Ware verzichten kann. Deshalb musste sie immer mitgehen, wenn der Preis erhöht wurde. Sie musste Waren für ihre Rechte bieten – wodurch ihre Rechte selbst wie Waren gehandelt werden konnten.

Jeder Mensch erhebt einfach dadurch, dass er da ist, Anspruch auf einen Teil von ein und demselben, nur einmal vorhandenen Boden. Die Verteilung des Bodens ist daher etwas, was alle miteinander ausmachen müssen, und die Frage der Gerechtigkeit ist hier also zunächst eine Rechtsfrage. In Bezug auf die Verteilung von Grund und Boden kann sich Gerechtigkeit nicht über den Preis einstellen. Es ist vielmehr gerade Ausdruck einer Ungerechtigkeit, wenn an dieser Stelle überhaupt ein Preis entsteht.

Es kann überhaupt keinen gerechten Preis für den Boden geben, denn der Boden wird nicht von Menschen geleistet – wie sollte man also einen Preis errechnen können?

Der Apfel, der mir in den Schoß fällt, hat keinen Preis. Erst wenn jemand etwas geleistet hat, damit ich den Apfel essen kann, und sei es nur, dass der Apfel transportiert wurde, hat er einen Preis, und zwar einfach deshalb, weil der Mensch, der den Apfel für mich konsumfertig macht, in dieser Zeit ja Leben muss. Jede Geldzahlung löst sich letztendlich in Einkommen auf. Wer irgendwo in seiner Bilanz den Posten Materialkosten stehen hat, der tut gut daran, sich klar zu machen, dass er dem Material ja kein Geld geben kann, sondern nur dem Menschen, der es gefertigt hat. Die Begründung für den Preis ist einfach die Tatsache, dass der, der etwas für mich leistet, ja auch etwas verbrauchen, und ich also etwas gegenleisten muss. Daraus ergibt sich aber unmittelbar eine Formel für den idealen Preis: Wenn man eine Ware mit einer anderen vergleicht, dann ergibt sich der Preis aus dem Verhältnis dessen, was jeweils verbraucht werden muss, um die Ware erneut herzustellen.

Die Berechnung eines Mehrwerts für eine zusätzliche Kapitalerzeugung ändert daran im Prinzip nichts, denn der kommt ja ganz von selbst an seine Grenzen. Solange keine Rechte ins Spiel kommen, wird niemand zu viel bezahlen müssen. Denn was passiert, wenn der Produzent den Preis für seine Waren zu hoch ansetzt? Dann bleibt er auf ihnen sitzen. Eine Ware ist eben etwas Produziertes, d.h., sie ist beliebig vermehrbar, und der Verbraucher muss nicht ausgerechnet diese Ware kaufen. Solange Waren bloß mit Waren verglichen werden, entsteht das Gerechte innerhalb der Wirtschaft.

Auch das Verhältnis zwischen dem Unternehmer und den Produzenten der Waren ist zunächst so, dass der Unternehmer den Produzenten die Ware abkauft. Insofern er aber außerdem das Eigentum an dem Boden oder den Produktionsmitteln erbt oder kauft, hält er plötzlich die Rechte der Produzenten in seiner Hand. Damit ist die Rechtsgrundlage für jede Verhandlung zerstört. Die Waren gehören jetzt von Anfang an dem Unternehmer alleine, noch bevor sie überhaupt entstanden sind. Sie werden für ihn hergestellt, ohne dass er sie bezahlen muss. Er braucht sie den Produzenten, die jetzt seine Arbeiter sind, nicht mehr abzukaufen. Er kauft jetzt Arbeitskraft.

Darum brauchen wir neue Eigentumsformen

Die wahren Verhältnisse werden also durch die Anwendung des römische dominium wirklich vollständig auf den Kopf gestellt: Der Arbeitgeber heißt plötzlich Arbeitnehmer und umgekehrt. Während eigentlich der Unternehmer mit seinen Mitarbeitern aushandeln müsste, wer welchen Anteil aus dem Erlös der gemeinsam produzierten Waren bekommen soll, beansprucht er als Eigentümer jetzt den ganzen Erlös für sich und bestimmt alleine, was er seinen Mitarbeitern abgeben möchte (Vergl. Rudolf Steiner, Die Kernpunkte der sozialen Frage).

Viel wurde in jüngster Zeit davon geredet, dass der Staat etwas unternehmen müsse, um das Finanzkapital in den Griff zu bekommen. Man sieht eben nicht, dass das Finanzkapital als solches überhaupt nicht entstehen kann, wenn kein Unrecht geschieht. Wenn der Staat irgendetwas zu regeln hat, dann ist das Unrecht bereits geschehen. Wenn Finanzkapital da ist, dann ist Unrecht geschehen.

Was wir als Staatsbürger in der Tat tun müssen, das ist: ein neues Eigentumsrecht schaffen, mit einem Eigentumsbegriff, den wir, die heute lebenden Menschen, denken wollen. Der Hamburger Unternehmer und Philosoph Heidjer Reetz hat den ersten Schritt dafür getan und gezeigt, wie ein zeitgemäßes Eigentumsrecht aussehen könnte. Da es sich hier um eine Rechtsangelegenheit handelt, kann dem einzelnen Gesetz natürlich nicht vorgegriffen werden. Wohl aber kann entschieden werden, ob der Eigentumsbegriff, den Reetz in seiner Arbeit „Das Kapital und das dreigliedrige Eigentum“ entwickelt, schlüssig ist oder nicht. Und ich sehe nicht, wie ein vernünftiger Mensch zu einem anderen Begriff von Eigentum kommen könnte – auch wenn er von einer anderen Seite an ihn herankommen mag.

Neue Eigentumsformen an Grund und Boden sind jetzt schon möglich

Gleichwohl kann das neue Eigentum nicht nur auf dem Papier geschaffen werden. Während wir uns einerseits für geeignete Rechtsformen einsetzen, müssen wir andererseits anfangen, das neue Eigentum zu leben. Deshalb muß man sehen, wie man das bestehende Recht nutzen kann, um jetzt schon Unverkäufliches Eigentum zu erzeugen. Und in Bezug auf Grund und Boden ist das tatsächlich möglich. Auch wenn die Unverkäuflichkeit des Eigentums an Grund und Boden nicht im Gesetzbuch steht, so lässt sie sich mit Hilfe gewisser rechtlicher Konstruktionen faktisch herstellen.

Stiftung trias, Mietshäuser Syndikat oder Vivenda machen vor, wie das geht. Die von den Initiativen betreuten Grundstücke haben keinen Eigentümer mehr, der sie zu Geld machen könnte. Die Bewohner haben das volle Eigentumsrecht, nur mit dem Unterschied, dass sie es weder selbst verkaufen, noch jemanden für dieses Recht bezahlen können. Das Haus, das als Produkt von Menschenhand selbstverständlich einen Preis haben kann, ist befreit von dem Scheinwert, der aus der Spekulation mit dem Wohnrecht entsteht. So wird konkret die Entstehung von leistungslosem Einkommen und Finanzkapital verhindert, während gleichzeitig die Erfahrung gemacht werden kann, dass die volle Gewalt über das eigene Haus nicht im Geringsten durch die Unverkäuflichkeit des Bodens gemindert ist. Am 17.10. 2008 ist Gelegenheit, sowohl Prinzip und Praxis der genannten Initiativen kennenzulernen, als auch das Thema gemeinsam mit Heidjer Reetz, Rolf Novy-Huy, Bernhard Hummel, Falk Zientz, Michael Wilhelmi, Sylvain Coiplet und vielen anderen zu vertiefen.

17. - 18. 10. 2008: Grundlos Boden los - Anders umgehen mit Grund und Boden

Tagung mit Heidjer Reetz, Rolf Novy-Huy, Bernhard Hummel, Falk Zientz, Michael Wilhelmi und Sylvain Coiplet.

Themen: - Wie muss das Eigentumsrecht gestaltet werden, wenn man den Boden aus dem Wirtschaftskreislauf herausnehmen will? - Wie kann der Boden übertragen werden, wenn er nicht verkauft oder vererbt werden soll? - Wann wird die Bodenverteilung zu einer Rechtsfrage? - Wie hängt die Bodenspekulation mit der Finanzkrise zusammen? - Wie erzeugen die Initiativen die faktische Unverkäuflichkeit der betreuten Grundstücke?

Sowohl die Existenz kultureller Einrichtungen als auch das Recht selber sind bedroht, wenn der Boden zur Ware gemacht wird. Wir wollen die Zusammenhänge herausarbeiten, aber auch am Beispiel von Stiftung trias, Mietshäuser Syndikat und Vivenda prüfen, was jetzt schon praktisch getan werden kann, um den Boden der Spekulation zu entziehen.

Eintritt: Freitag frei, Samstag 15 Euro, ermäßigt 6 Euro Veranstaltungsort: Berlin, Auskunft und Anmeldung: Bewegung für soziale Dreigliederung e.V., Fehrbelliner Straße 6, 10119 Berlin