organics of the world, unite!

01.03.2005

Helmy Abouleish war als „Sozialengagierter Unternehmer“ zum zweiten Mal zum Weltwirtschaftsforum in Davos eingeladen und konnte als Redner bei einer Podiumsdisskussion die Bio-Bewegung vertreten.

Das Weltwirtschaftsforum in Davos: für die einen ist es ein alberner Klub, wo sich die Reichsten der Welt in schicken Anzügen treffen, um über den Zustand der Welt zu diskutieren, oder darüber, wie sie den Zustand der Welt gerne hätten. Für die anderen ist es das wichtigste Treffen des Jahres, um wertvolle Kontakte zu knüpfen, neue Ideen und Inspirationen zu bekommen und Aktionspläne zu entwickeln, die die Welt ein Stück voranbringen.

Für mich war es eine wichtige Gelegenheit, mich über neue Entwicklungen und Erkenntnisse der Wirtschaft, neue Methoden des Management und der Organisationsentwicklung zu informieren, Kontakte zu Politikern und anderen Führern speziell der arabischen Gesellschaft zu intensivieren und es bot die Chance, die weltweite Bio-Bewegung vor großem Publikum zu vertreten.

Die Podiumsdisskussion mit dem Titel „Organics of the world, unit!“, beschäftigte sich unter anderem mit den Fragen nach den sozialen Motiven der Bio-Bewegung, nach der Nahrungsmittelqualität und ob die Qualität von biologischen Produkten wirklich besser ist als die von konventionell angebauten Produkten; sowie mit der Frage, was es für die gesamte Welt bedeuten würde, wenn die Produktion und Nachfrage nach Bio-Produkten langfristig stärker steigen würde.

In dieser Gesprächsrunde konnte ich das ganzheitliche Entwicklungsmodell SEKEMs mit seiner wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Seiten vorstellen. Es zeichnet sich aus durch die dreigliedrige Verbindung wirtschaftlichen Erfolgs, der sozialen Aktivitäten fördernd zur Verfügung steht und eine vielfältige Kulturarbeit intensiv unterstützt. Auf diese Weise zeigt SEKEM seit 27 Jahren großen Erfolg im demeter-Anbau in Ägypten und konnte dort den größten Markt für biologische Produkte außerhalb der westlichen Welt entwickeln. Für den Export nach Europa werden Heilkräuter und Frischgemüse, Getreide, Ölsaaten und demeter Baumwolle angbaut, die in den SEKEM-eigenen Betrieben verarbeitet und von langjährigen Wirtschaftspartnern in Europa vermarktet werden. Auch in der sozialen und kulturellen Arbeit wurden sichtbare Erfolge erzielt: SEKEM unterhält eine eigene Schule mit Kindergarten und Heilpädagogik, eine Berufsschule, ein Gesundheitszentrum das über 30,000 Menschen in der näheren Umgebung versorgt, und eine Akademie für angewandte Forschung in Wissenschaft und Kunst.

Ich konnte außerdem, ausgerüstet mit Beiträgen meiner Freunde Dr. Roland Schaette von der Schaette AG, Bad Waldsee/Deutschland und Peter Segger von Organic Farm Foods, Wales und Nikolai Fuchs vom Goetheanum in Dornach, die Frage nach der Lebensmittelqualität klar zugunsten der biologischen und bio-dynamischen Produkte beantworten. Durch Studien u.a. vom Forschungsring in Darmstadt zusammen mit der landwirtschaftlichen Abteilung am Goetheanum und den Universitäten Gießen und Koblenz-Landau konnten positive Effekte auf die Gesundheit von Frauen festgestellt werden, die sich mit bio-dynamischen Lebensmitteln ernährt hatten. Auch Prof. Carlo Lieffert beweist in seinen Studien, dass biologisch erzeugte Nahrungsmittel eine höheren Vitamingehalt aufweisen (Beispiel: 45% mehr Vitamin A in biologischen Milchprodukten), durchschnittlich 39% mehr anti-oxydanten enthalten und deutlich mehr Omega 3, Phenole und Flavanoide als konventionell angebaute Vergleichsprodukte. Biologische Lebensmittel weisen außerdem weniger Zusatzstoffe, weniger antibiotika-resistente Bakterien und natürlich weniger Pestizide auf, die die Gesundheit entweder direkt schädigen oder über den Umweg, dass sie die Ozonschicht zerstören, was wiederum gesundheitliche Probleme nach sich zieht.

Auch meine Behauptung, dass biologischer Landbau dazu beiträgt, unsere Umwelt- und Klimaprobleme (unter anderem Bodenerosion und CO2 Ausstoß) zu verringern, konnte ich anhand von wissenschaftlichen Langzeitstudien beweisen.

Hier habe ich auf eine Studie von Dr. Paul Hepperley von Rodale Research in den USA verwiesen. Er stellt dar, dass Methan 23 mal stärker zur Klimaerwärmung beiträgt als CO2. In den USA und in Großbritannien kommen 7% aller Emmissionen aus der Landwirtschaft, die aber nur 1% des Bruttosozialprodukts ausmacht. Hier liegt also ein enormes Einsparungspotenzial, das durch biologischen Landbau, der die Emmissionen deutlich reduziert, verwirklicht werden kann. Für die USA berechnet Rodale, dass die Umstellung der gesamten Landwirtschaft auf nachhaltige Landbaumethoden bereits 70% der Ziele aus dem Kyoto-Protokoll erfüllen würde. Die Einsparung würde zwischen 154 und 368MMT CE (Carbon equivalent) ausmachen!

Meine Darstellung habe ich dann so zusammengefasst, dass der biologische Landbau, wenn er gesunde Fruchtfolgen und gekonntes Kompostmanagement berücksichtigt, das effizienteste global anwendbare System ist, in Bezug auf Ernteerträge, Energieeinsatz, Ernährung, Umwelt und soziale Bedingungen. Biologischer Landbau trägt positiv dazu bei, den atmosphärischen Kohlenstoff zu verringern und reduziert den Wasserverbrauch. Außerdem werden 20-40% mehr Menschen beschäftigt und diese Art der Landwirtschaft berücksichtigt die sozialen und kulturellen Anforderungen der Zivilgesellschaft und trägt zu ihrer positiven Entwicklung bei.

Im nachfolgenden Gespräch kamen dann von den Teilnehmern Vorschläge, wie die biologische Landwirtschaft für alle sechs Problemfelder, die in diesem Jahr die inhaltlichen Schwerpunkte des Weltwirtschaftsforums bildeten, nämlich

- Armutsreduzierung
- Gerechte Globalisierung
- Klimaveränderung
- Bildung
- Mittlerer Osten
- Afrika

ein geeignetes und hocheffizientes Mittel sein kann, um die Entwicklung positiv zu beeinflussen. Ein tolles Ergebnis einer so kurzen Podiumsdikussion und es bleibt zu wünschen, dass alle Teilnehmer sich ihre Begeisterung bis nach Hause bewahrten.

Helmy Abouleish
Managing Director SEKEM Group, Egypt


Quelle: Trigolog Berlin 03/2005