Kulturnation, Staatsnation und Wirtschaftsnation am Beispiel von Fichte und Herder

01.10.1996

Was die Staatsnation genauso gefährlich macht, wie die Kulturnation, ist der Totalitätsanspruch.
Beide unterscheiden sich nur im Ausgangspunkt, landen aber früher oder später beide beim Vollnationalismus,
bei der Vermischung und Gleichschaltung von Staat und Kultur.
Sylvain Coiplet

EINLEITUNG
Thema: Umfang und Grenzen
Aufbau der Arbeit
DREI ANSÄTZE DER NATIONALISMUSFORSCHUNG
Überblick
Erster Ansatz: Staatsnation und Kulturnation
Staatsnation und Kulturnation: vereinfachte Fassung
Staatsnation und Kulturnation: ursprüngliche Fassung
Zur Subjektivität der Kulturnation: Fichte und Herder
Staatsnation und Kulturnation: Schlußbemerkungen
Zweiter Ansatz: Integration und Mobilisierung
Zur Subjektivität oder Objektivität der Wirtschaftsnation
Staatsnation und Kulturnation als Illusionen
Zur Wirtschaftsnation: Herder und Fichte
Wirtschaftsnation als Geschichte oder Gegenwart
Dritter Ansatz: Einheitsstaat versus soziale Dreigliederung
Nation als Einheitsstaat
Nation und organisches Denken
Nation und soziale Ideale
NATIONALISMUS: EINHEIT, EINHEIT UND NOCHMAL EINHEIT
Einheit der Grenzen statt wirtschaftliche Brüderlichkeit
Einheit der Grenzen statt rechtliche Gleichheit
Einheit der Grenzen statt kulturelle Freiheit
SCHLUßBETRACHTUNG UND AUSBLICK
LITERATURVERZEICHNIS

Einleitung

Umfang und Grenzen

Deutsche Nationalisten haben oft Herder und Fichte zu ihren großen Vorgängern gemacht. Sogar mit Hilfe von Zitaten. Es heißt aber noch lange nicht, daß diese Textfetzen bei diesen beiden Denkern die selbe Bedeutung haben, wie bei denen, die sie als Zitate benutzt-ausgenutzt haben. Es hat sich kaum einer um den Zusammenhang, in dem diese Zitate standen, gekümmert. Wer dieses bezweifelt, braucht nur zu schauen, wie noch heute Herder und Fichte akademisch zitiert werden. Inzwischen sind die Vorzeichen zwar meistens umgekehrt, denn der Nationalismus ist endlich verpönt, aber bei der Unkenntnis ihrer Werke hat sich nichts geändert. Es geht mir allerdings in dieser Arbeit nicht darum, die Rezeptionsgeschichte, sondern die Werke von Herder und Fichte systematisch zu untersuchen. Bei der Rezeption werde ich es bei einigen Beispielen bewenden lassen.

Diese Vielzitiererei läßt also die Frage unbeantwortet, ob sich Herder und Fichte für oder gegen den Nationalismus ausgesprochen haben. Wenn für oder gegen, dann für oder gegen welchen Nationalismus? Ist ihnen kulturelle, politische und wirtschaftliche Einheit einerlei gewesen? Welche dieser deutschen Einheiten haben sie oder welche haben sie gerade nicht angestrebt? Welche dieser Einheiten sind ihnen, wenn dann, nur Mittel, welche ihr eigentlicher Zweck gewesen? Und nicht zuletzt: können beide Autoren in allen diesen Fragen gleichgesetzt werden?

Herder und Fichte scheinen mir in vieler Hinsicht keine Vorläufer sondern gerade Gegner des späteren Nationalismus zu sein. Ihre heutigen Kritiker greifen meistens Windmühlen an. Die wirklichen Grenzen der beiden Autoren sehen sie nicht. Vielleicht, weil sie selber in ihrer politischen Theorie nicht über diese Grenzen hinweggekommen sind. Das eigentliche Problem scheinen mir bei Fichte die Einrichtungen, die er vorschlägt und die, entgegen seiner Ziele und Überzeugungen, den Nationalismus fördern können und gefördert haben. Herder scheint mir selten so weit zu gehen, Einrichtungen vorzuschlagen, weil er eher auf Gesinnungen setzt. Hätte er sich zu solchen Strukturvorschlägen durchringen können, so wäre seine Gesinnung vielleicht deutlicher geworden. Es wäre seinen selbsternannten Nachfolgern vielleicht auch schwerer gefallen, ihn für ihre nationalistische Zwecke zu vereinnahmen.

Ich habe überhaupt nicht den Anspruch, mit Herder und Fichte den sogenannten «romantischen Nationalismus» behandelt zu haben. Mein Ziel ist auch nicht zu zeigen, daß sie nicht dazu gehören. Die politischen Ansichten der eigentlichen Romantiker (Novalis, die Schlegels ...) kenne ich nur aus zweiter Hand (vgl. Kohn 1962, 53–72; Meinecke 1907, 59-83), was zu wenig ist, um über diese Frage entscheiden zu wollen. Das Schlagwort des «romantischen Nationalismus» finde ich eh fragwürdig, wie überhaupt jede Suche nach dem Allgemeinen, nach «Bewegungen» in den Geisteswissenschaften. Solche Bezeichnungen sind oft nur ein Vorwand, um sich vor dem Eingehen auf das Individuelle einzelner Denker zu drücken.

Ich habe noch weniger den Anspruch, den «deutschen Nationalismus» zu behandeln, sondern ausschließlich diese beiden Autoren. Mir scheint es wichtiger, Herder und Fichte unvoreingenommen zu untersuchen, statt sie nur als geistige Väter der inzwischen verruchtesten Form der Nation, der «Kulturnation», dieser angeblich deutschen Erfindung, hinzustellen. Diese Vaterschaft halte ich vielmehr für eine Erfindung späterer deutscher Schwachgeister (Meinecke voran). Mir kann es genausowenig darum gehen, die andere angeblich französische Form der Nation, die «Staatsnation», zu verharmlosen, bloß deswegen, weil sie bisher keinen Nationalsozialismus hervorgebracht hat.

Für diese Vorsicht habe ich zwei Gründe. Erstens bin ich selber Franzose und kann nicht wie ein Deutscher mir nicht-nationalistische Gesinnung allein dadurch bescheinigen, daß ich den Franzosen gegenüber den Deutschen Recht gebe. Zweitens mußte ich, nachdem ich mir Kulturnationalismus und Staatsnationalismus genauer angeschaut hatte, zu dem Schluß kommen, daß sie gleich gefährlich sind, wenn sie nur in der Wirklichkeit konsequent, das heißt bis ins Letzte durchgeführt werden. Dann haben vielleicht die Deutschen nicht die falsche Version der Nation gewählt, sondern mit ihrer Wahl leider Ernst gemacht.

Diese primär deutsch-französiche Diskussion habe ich in dieser Arbeit berücksichtigt, ohne Fichte und Herder einfach als Synonyme für Kulturnation zu benutzen. Renan würde ich genauso wenig zum Gewährsmann der Staatsnation machen wollen, eine Frage, die ich aber hier ausgespart habe. Nun fragt sich, ob nicht wenigstens die beiden Länder Deutschland und Frankreich im Großen und Ganzen jeweils einer dieser beiden Formen der Nation zugeordnet werden können. Da wäre ich auch vorsichtig.

Hierzu mehrere Gründe. Erstens bin ich vorerst nicht selber imstande einen erschöpfenden Vergleich anzustellen. Zweitens wäre es in diesem alten deutsch-französischen Streit treffender, statt von Kulturnation von einer «Kulturstaatsnation» und statt von Staatsnation von einer «Staatskulturnation» zu sprechen. Dadurch würde die Verwandschaft der beiden im Ergebnis deutlicher werden. Drittens könnte bei diesem Sprung von Autoren zu Ländern die Unterscheidung zwischen Kulturnation und Staatsnation sogar wegfallen. Dazu braucht die laut Bredow (Bredow 1987, 321) ursprünglich «angelsächsische» Diskussion nur Recht zu haben, wenn sie, statt nach Nationentypen, nach den Funktionen der Nation fragt. Dann lassen sich zwischen Frankreich und Deutschland (aber es gilt eigentlich für alle Länder) keine wesentlichen Unterschiede mehr ausmachen.

Aufbau der Arbeit

Die Arbeit ist so aufgebaut, daß zunächst näher auf die beiden bisher nur angedeuteten Forschungsansätze eingegangen wird: einerseits die Unterscheidung zwischen Kulturnation und Staatsnation, andererseits die Unterscheidung zwischen Mobilisierungsfunktion und Integrationsfunktion des Nationalismus.

Was leisten diese Forschungsansätze und wo liegen ihre Grenzen? Aus welchem Anliegen sind sie entwickelt worden, das heißt, wollte man mit ihnen ursprünglich den Nationalismus bekämpfen oder nur erklären oder gar rechtfertigen? Haben diese beiden Fragen überhaupt etwas miteinander zu tun?

Nur ein dritter Forschungsansatz scheint mir eindeutig aus dem Anliegen entstanden zu sein, den Nationalismus zu überwinden: die Unterscheidung zwischen «Einheitstaat» und «Sozialer Dreigliederung».

Ich habe deswegen meinen eigenen Ansatz auf diese Unterscheidung aufgebaut und versucht, einige Aspekte der beiden ersten Ansätze darin zu integrieren.

Bei dieser Untersuchung der Forschungsansätze gehen Herder und Fichte nicht verloren. Im Gegenteil, sie werden immer wieder als «Versuchsobjekte» dieser Theorien herangezogen.

 

Drei Ansätze der Nationalismusforschung

Überblick

Als Vertreter des ersten Ansatzes (Staatsnation und Kulturnation) gilt Meinecke. Man mag von seiner Theorie mehr oder weniger halten, eines steht wenigstens fest: Meinecke ist Opfer des Querlesens geworden, so daß seine Theorie heute nur in einer amputierten Fassung im Umlauf ist. Ich muß sogar gestehen, daß ich beim ersten Lesen nicht gleich darauf aufmerksam geworden bin. Ich war selbst noch zu stark unter dem Eindruck der in späteren Texten üblichen Unterscheidung zwischen objektiver Kulturnation und subjektiver Staatsnation um zu sehen, daß sie bei Meinecke in dieser Form nicht zu finden ist. Diese Zuordnung der Kulturnation zum Objektiven und der Staatsnation zum Subjektiven, wie sie ihm noch heute zugeschoben wird, entspricht nicht seinem eigenen Ansatz, sondern einem älteren Ansatz, den er nur referiert und von dem er sich ausdrücklich distanziert.

Als Vertreter des zweiten Ansatzes (Integration und Mobilisierung) wurde Bredow genommen, aber vor allem Berdahl, der besonders interessant ist, weil er ihn selbst mit dem Ansatz von Meinecke vergleicht und versucht, ihn auf das Deutschland des Vormärz anzuwenden. Berdahl scheint sich die Mühe gegeben zu haben, Meinecke selbst zu lesen, verfälscht ihn aber trotzdem in dem Punkt der Zuordnung der verschiedenen Nationentypen zum Objektiven oder Subjektiven, vielleicht unter dem Eindruck der späteren Literatur. Es ändert aber nichts an seiner Argumentation, weil es ihm im Folgenden nicht darum geht, was von der Kultur oder vom Staat objektiv oder subjektiv ist, sondern darum, daß die Kultur bei der deutschen Nationalwerdung sowieso keine Rolle gespielt hat. In der wissenschaftlichen Diskussion gewinnt dieser zweite Ansatz immer mehr an Bedeutung, konnte aber bisher den ersten Ansatz nicht ganz verdrängen. Schon allein deswegen, weil beide oft verwechselt werden.

Aus mir unbekannten Gründen spielt der dritte Ansatz bisher keine Rolle in der wissenschaftlichen Diskussion. Er wird von Steiner vertreten, der den Nationalismus als eine Verwicklung zwischen Kultur, Staat und Wirtschaft ansieht (Einheitsstaat) und Wege sucht, sie zu vermeiden (soziale Dreigliederung).

Erster Ansatz: Staatsnation und Kulturnation

Der Ansatz von Meinecke unterscheidet zwei Nationalstaatsbildungen, je nachdem ob Staat oder Kultur im Ausgangspunkt stehen (vgl. Meinecke 1907, 10). Für viele Historikerseelen wie Meinecke ist es natürlich selbstverständlich, daß das was zuerst da war auch die Ursache von dem ist, was später dazugekommen ist. Daher baut er seine «gesellschaftswissenschaftliche Typologie der Nation» nach chronologischen Gesichtspunkten. Dies auch wenn am Ende dasselbe herauskommt, nämlich die Verwicklung zwischen Staat und Kultur.

Dieser Ansatz vernachlässigt nicht nur das Endergebnis der Nationalstaatsbildung (die Verwicklung), sondern auch die Mitverantwortung der Wirtschaft, beziehungsweise der wirtschaftlichen Interessen bei der Entstehung des Nationalismus. In diesem letzten Punkt stellt der Ansatz von Meinecke einen Rückschritt gegenüber der Analyse von Fichte und Herder dar (siehe unten).

Staatsnation und Kulturnation: vereinfachte Fassung

Der andere mit dem von Meinecke verwandte und oft mit ihm verwechselte Ansatz ist bei weitem bekannter als jener. Er geht wie Meinecke auch über diese erste Einteilung zwischen Staatsnation und Kulturnation hinaus, meint aber, daß die staatliche Grundlage des Nationalismus subjektiv, die kulturelle Grundlage dagegen objektiv zu sein beansprucht. Die Zugehörigkeit zur Staatsnation ist demnach das Ergebnis eines subjektiven Bekenntnisses, während die Zugehörigkeit zur Kulturnation objektiv durch Muttersprache, Abstammung oder Geschichte gegeben ist. Diese pauschale Einteilung von Staat und Kultur ist bei Herder und Fichte, die viel differenzierter zu Werke gehen, nicht zu finden. Sie ist eher ein halbphilosophisches Abfallprodukt späterer Jahrhunderte.

Aber dieser andere Ansatz ist nicht ganz uninteressant. Nicht so sehr durch seine Antworten, die viel zu einfach sind, als durch die Frage, die ihm zugrunde liegt. Hinter der Frage, was subjektiv und was objektiv ist, steht eigentlich die andere Frage, ob die Nation mit dem Ideal der Freiheit vereinbar ist. Wird die Nation subjektiv von einer Mehrheit gewollt («Das Dasein einer Nation ist ein täglicher Plebiszit»: Renan 1882, 309), dann spricht viel dafür, daß sie aus «Freiheit» entstanden ist. Wenigstens aus der Freiheit der Mehrheit, die man besser «Gleichheit» nennen müßte, weil sie die Unfreiheit der Minderheit bedeutet. Die Nation ist einer solchen Minderheit objektiv «gegeben» oder, besser gesagt, aufgezwungen.

Genau darin liegt der Fehler dieses Ansatzes, politischen Willen mit Freiheit gleichzusetzen. Es ist eben das Verhängnis der französischen Revolution gewesen, keinen Begriff von Freiheit zu haben. Überall wo das Wort auftaucht, kann man an die Stelle das Wort «Gleichheit» setzen. Von «Freiheit» darf man eigentlich erst reden, wenn sie auch die Freiheit des Anderen ist, wenn jeder nur für sich Entscheidungen trifft. Die Staatsnation, wie sie in diesem Ansatz aufgefaßt wird, ist daher zwar tendenziell demokratisch aber keineswegs unbedingt freiheitlich. Frankreich ist das beste Beispiel dafür, wie ein Land Demokratie ohne Freiheit haben kann. Seit 1789 wurde dem «täglichen Plebiszit» durch eine staatlich verordnete sprachliche Assimilation geholfen (vgl. Winkler 1978, 8), die erst in den lezten Jahren unter dem Eindruck von Sarajewo angefangen hat, gelockert zu werden. Und wenn Renan meint: «Die Tatsache, daß Frankreich niemals versucht hat, die Einheit der Sprache mit Zwangsmaßnahmen durchzusetzen, ehrt es», so ehrt es nicht Frankreich, sondern nur ihn, wenigstens insofern er es für ein Ideal hält. Die Naïvität hätte er sich dagegen sparen können (vgl. Renan 1882, 303).

Auf der anderen Seite könnte das Bekenntnis zu einer Kultur durchaus frei werden. Zum Beispiel, wenn die Mehrheit darauf verzichten würde, ihre Mehrheitssprache allen Staatsbürgern zur Pflicht zu machen. Das Bekenntnis zu einer Kulturnation, das heißt hier zu einer Sprache, könnte endlich wieder subjektiv werden, auch dann wenn irgendwann in der Geschichte die Staatsgrenzen sich nach bestehenden Sprachgrenzen gerichtet haben würden. Sie müßten es eben nicht mehr. Dafür bedarf es aber nicht nur der Demokratie, sondern einer freiheitlichen Demokratie.

Hört man auf, alles durch die Vergangenheit erklären zu wollen (hier Freiheit und Demokratie in einem Staat durch die Art seiner Entstehung), so bleibt die einzig sinnvolle Frage übrig:

Ist die Art, wie dieser oder jener Staat heute zusammenhält, nicht nur mit der Gleichheit, sondern auch mit der Freiheit seiner Bürger vereinbar?

Staatsnation und Kulturnation: ursprüngliche Fassung

Wie schon erwähnt, sehen bei Meinecke Staatsnation und Kulturnation ganz anders aus als bei seinen Nachfolgern. Die Zitate, die Berdahl bringt, scheinen dem zu widersprechen (vgl. Berdahl 1972, 139). Es heißt zwar bei Meinecke über Deutschland im Unterschied zu Frankreich beziehungsweise Renan: «Hier heißt es nicht: Eine Nation ist, was eine Nation sein will, - sondern umgekehrt: Eine Nation ist, mögen die einzelnen, aus denen sie besteht, ihr zugehören wollen oder nicht. Sie beruht nicht auf freier Selbstbestimmung, sondern auf Determination (Meinecke 1907, 247)». Berdahl übersieht etwas: Dieser Satz findet sich in dem Kapitel über Ranke und steht dort für dessen Ansatz, den Meinecke für mangelhaft erklärt . Er selbst ist anderer Meinung und wenn er zum Beispiel in der Einleitung von «Weltbürgertum und Nationalstaat» über Deutschland spricht, so setzt er es mit Frankreich gleich: beide sind zugleich Staatsnationen und Kulturnationen (vgl. 12-13), nur eben auf eine neuere Art, wo die Determination der Selbstbestimmung Platz gemacht habe.

Von der Staatsnation und Kulturnation gibt es nämlich bei Meinecke jeweils eine objektive und eine subjektive Form. Den Fortschritt sieht er in der Entwicklung zur Subjektivität, sei es der Kulturnation oder der Staatsnation (vgl. 13-19).

Die alte objektive Kulturnation begnügte sich mit einer kulturellen Einheit (vgl. 15), mit dem «stille(n) Wirken des Volksgeistes (20)», während die neue subjektive Kulturnation bestrebt sein soll, die kulturelle Einheit durch die entsprechende politische Einheit zu ergänzen (vgl. 13-16). Das, was seine Nachfolger unter dem Begriff der «objektiven Kulturnation» verstehen und zu Recht für gefährlich halten, ist also das, was Meinecke die «subjektive Kulturnation» nennt und für das Ideal hält.

Man kann sich kaum eine größere Verwirrung denken, wenigstens bei der Wortwahl. Damit will ich nicht Meinecke gegen seine Nachfolger Recht geben. Er ist vielleicht differenzierter, aber sein Ideal ist nicht mein.

Die alte «objektive Staatsnation» war ihrerseits laut Meinecke im Innern zersplittert und wurde von oben her gebildet, während die neue subjektive Staatsnation alle Zwischengewalten ausgeschaltet hat und offener läßt, wer der Kopf der Nation ist. Nun beanspruchen eben alle, für die Nation zu sprechen. Der Nationalismus wird damit endlich zum Allgemeingut (vgl. 14-15+18-19).

Die neueren Nationen sind Meinecke den alten vegetativen Nationen durch ihr gesteigertes Selbstbewußtsein überlegen (vgl. 13). Der neuere Staatsnationalismus durch seinen Zentralismus und seine Basisnähe und der neuere Kulturnationalismus durch seine Politisierung.

Zwischen Ranke und Meinecke steht Treitschke, der Nachfolger von Ranke als preußischer Geschichtsschreiber und der Lehrer von Meinecke, dem Meinecke einen guten Teil seiner Begeisterung für Preußen als den Träger der deutsche politische Einheit verdankt hat (vgl. Hardtwig 1990, 260). Meinecke erwähnt ihn nicht im Zusammenhang mit seiner Typologie der Nation, obwohl er es schon verdienen würde. In seinen Vorlesungen über Politik wehrt sich Treitschke vehement gegen die damalige Mode, den Staat für einen Organismus zu halten, weil der Staat im Unterschied zur bloßen Pflanze nicht nur lebt, sondern eine selbstbewußte Individualität und daher der einzige Akteur der Geschichte ist. Kein Volksgeist hat je geschichtlich etwas bewirkt, sondern nur der Staat (vgl. Treitschke 1892/93, 25-28+62-63). Der Volksgeist ist hier wie noch bei Ranke die passive Pflanze, die von außen determiniert wird, nur mit dem großen Unterschied, daß Treitschke ihm den Staat vorzieht, der allein zur Selbstbestimmung kommen kann. Oder genauer: der Volksgeist kann auch zur Subjektivität aufsteigen, aber nur über einen eigenen Staat (vgl. 62-63). Hier findet sich schon die gedankliche Grundlage für diese Unterscheidung, die Meinecke später zwischen objektiver und subjektiver Kulturnation macht. Und auch für dessen Höherschätzung der Subjektivität.

Meinecke scheint in dieser Höherschätzung der Subjektivität nicht nur mit Treitschke, sondern mit seinen Nachfolgern übereinzustimmen. Diese zweite Übereinstimmung ist aber trügerisch, weil er damit nicht wie sie die Subjektivität der Einzelmenschen, sondern wie Treitschke die Subjektivität der Nation selbst meint. Ihm interessiert das Einzelbewußtsein nur als historische Vorstufe des Kollektivbewußtseins: «Die Nation trank gleichsam das Blut der freien Persönlichkeit, um sich selbst zur Persönlichkeit zu erheben (Meinecke 1907, 16)». Eben diese Reihenfolge versucht er in dem Werk von Fichte nachzuweisen, der in seinen «Reden an die deutsche Nation» vom Individualisten zum fast brauchbaren Nationalisten aufgestiegen sein soll (vgl. 84-112).

 

Zur Subjektivität der Kulturnation: Fichte und Herder

In diesem Abschnitt geht es gleichzeitig um zwei Fragen. Kann bei Fichte und Herder von einer subjektiven Kulturnation im Sinne von Meinecke gesprochen werden? Kann bei ihnen von einer objektiven Kulturnation im Sinne der Nachfolger von Meinecke gesprochen werden? Die Verwirrung, die sich daraus ergeben kann, kann ich nicht vermeiden. Die zwei vorigen Abschnitte habe ich aber zur Vorbeugung dieses Problems geschrieben.

Zur Zeit des Referats, das ich in dem Projektkurs über Fichte gehalten habe, habe ich noch angenommen, daß Meinecke Fichte zu den Vertretern der Kulturnation also automatisch auch zu den Vertretern der Objektivität gezählt hatte. Das war zumindest die gängige Meinung seiner Nachfolger. Ich versuchte als Antwort auf diese gängige Meinung zu zeigen, daß die Kulturnation beim Fichte der «Reden an die deutsche Nation» nicht politisch gemeint ist, mußte aber im nachhinein sehen, daß Meinecke selbst mir hierin Recht gab (vgl. 99-101). Zum Glück hatte ich ihn im Referat nicht erwähnt.

Fichte spricht in der ersten Rede alle Deutsche schlechtweg an (vgl. Fichte 1808, 266), meint aber damit alle Deutschsprachigen, ohne damit den Anspruch auf einen gemeinsamen deutschen Staat zu verbinden. Einen solchen deutschen Gesamstaat lehnt er in der neunten Rede sogar ab, insofern er eine Gefahr für die Freiheit bedeuten kann (vgl. 396-397). Er sprach aus Erfahrung, da er gerade wegen des Atheismusstreits Jena hatte verlassen müssen und in Preußen Zuflucht gefunden hatte. Und die Erfahrung bestätigte ihn weiter, da die preußische Zensur seine dreizehnte Rede nicht durchgehen ließ und nach den Karlsbader Beschlüssen sogar den Druck seiner ganzen «Reden an die deutsche Nation» verbieten ließ. Meinecke, der nicht nur, wie noch Treitschke (vgl. Treitschke 1864, 141), die erste Rede zitiert, sondern auch die neunte Rede berücksichtigt, ist daher klar, daß Fichte zwar eine deutsche Kulturnation angestrebt hat, aber nicht das, was Meinecke unter neue subjektive Kulturnation versteht.

In dem Referat über Fichte habe ich mich auch dagegen gewehrt, ihn zum Vertreter objektiver Kriterien der Kulturnation zu machen, weil es nicht dem entspricht, was er in seinen «Reden an die deutsche Nation» als Begriff der Nation entwickelt.

Die Sprache, dieses erste vermeintlich «objektive» Kriterium der Kulturnation, scheint er in den Vordergrund zu stellen (vgl. Fichte 1808, 311-344), was er aber an der deutschen Sprache lobt, ist ihre Fähigkeit zur Weiterbildung (vgl. 337-339). Eine Fähigkeit, von der er schon lange vor den Reden ausgeführt hat, daß sie bei der Ursprache besonders ausgeprägt gewesen und mit der allgemeinen Kulturentwicklung zurückgegangen ist (vgl. Fichte 1795, 313). «Ursprache» meint also nicht eine traditionsgebundene Sprache, die so bleibt, wie sie von jeher gewesen ist, sondern gerade das Gegenteil davon. Nun betrachtet er die deutsche Sprache von diesem Gesichtspunkte aus und macht darauf aufmerksam, daß sie, im Unterschied zu den romanischen Sprachen, nicht den ungebildeten Germanen als ein schon Vollkommenes, als ein Fertiges gegeben worden ist (vgl. Fichte 1808, 320-324), sondern sich mit ihnen parallel entwickelt hat und daher noch umgeformt werden kann (vgl. 314-319). Es klingt paradox, aber er lobt ausdrücklich deren «Unvollkommenheit» (vgl. 338), ohne sich dabei mit ihrem jetztigen Zustand zufrieden zu geben. Er interessiert sich also für die Freiheit, die die deutsche Sprache dem Subjekt läßt, nicht für das, was sie objektiv schon ohne sein Zutun ist.

Herder geht in seinen Überlegungen über den Ursprung der Sprache in die selbe Richtung, wenn er betont, daß dem ursprünglichen Menschen wie auch dem Kind die Sprache nicht gegeben wurde beziehungsweise wird. Die Sprache soll aus der Vernunft des Einzelmenschen ohne Mund und Gesellschaft erfunden worden sein. Eltern lehren die Kinder nie die Sprache, ohne daß diese nicht immer selbst mit erfänden. Das selbe gilt auch, wenn Gott den Menschen die Sprache beigebracht hat (vgl. Herder 1770, 35-37). Die Sprache ist demnach wie bei Fichte kein objektiv Gegebenes, sondern ein subjektiv Erarbeitetes. Man könnte glauben, daß Herder über Fichte den Vorzug hat, dieses subjektive Element in allen Sprachen statt nur in der deutschen Sprache zu suchen. Es ist aber nicht der Fall, weil sich ähnliche Aussagen auch bei Fichte finden, dem die Vernunft nicht aus der Sprache entstanden ist (vgl. Fichte 1795, 309). Unterschiedlich ist eher die Einschätzung der «gebildeten» französischen Sprache, die laut Herder sich doch weiter bildet (vgl. Herder 1770, 102), was bei Fichte nicht der Fall ist.

Was am meisten zur Mißinterpretation von Fichte beigetragen hat, ist wahrscheinlich sein vielzitiertes Schlagwort, daß die Deutschen ein «Urvolk» sind. Es wird meistens so verstanden, als ob Fichte sich damit auf eine reine oder wenigstens reinere germanische Abstammung der Deutschen berufen hätte. Ein erster Schritt zum Nationalsozialismus... Die Abstammung als Kriterium der deutschen Nationalität lehnt Fichte aber ausdrücklich ab. Die Deutschen hält er eben genauso für Mischlinge wie andere Völker, wenn nicht noch mehr, was ihn aber völlig gleichgültig läßt (vgl. Fichte 1808, 314). Dieses zweite übliche «objektive» Kriterium der Nationalität spielt bei Fichte überhaupt keine Rolle. Deutsches Urvolk meint bei ihm eher die Deutschsprechenden aber eigentlich auch nicht so richtig.

Man kann eben bei Fichte nie von einer objektiven Kulturnation im Sinne von Passivität sprechen, obwohl er redenlang auf die Sprache als Kriterium der Nation herumreitet. Sein Kulturideal, seine Kulturnation besteht in dem Glauben, daß der Mensch sich weiterentwickeln kann und nicht auf das begrenzt ist, was er schon ist. Deswegen kann ihm jeder ein Deutscher sein, der diesen Glauben hat, unabhängig von seiner Abstammung und seiner Sprache. Sein letztes Wort in der Frage der Nationalität ist: «(...) was an Geistigkeit und Freiheit dieser Geistigkeit glaubt, und die ewige Fortbildung dieser Geistigkeit durch Freiheit will, das, wo es auch geboren sey und in welcher Sprache es rede, ist unsers Geschlechts, es gehört uns an und es wird sich zu uns thun (375)». Wenn man nicht genauer untersucht, was ihm an der deutschen Sprache wichtig ist, dann kann man diesen Satz nur als einen Widerspruch ansehen.

Meinecke geht zwar nicht auf das ein, was Fichte in der deutschen Sprache sucht, er hebt aber selbst hervor, wie stark Fichte allgemein auf Subjektivität aus ist. Ich bin also in meinem Referat offene Türen eingerannt. Meinecke spricht Fichte sogar deswegen jeden historischen Sinn ab, weil er nur das anerkennt, was der Mensch aus sich selbst macht und nicht das, was die Geschichte aus ihm gemacht hat. Geschichte im Sinne «der Unfreiheit und des Irrationalen» ist ihm nicht der «Rede» wert, nicht nur in den «Reden an die deutsche Nation», sondern auch noch 1813 (vgl. Meinecke 1907, 108-110). Dies ist eben der Sinn dieses ganzen Erziehungsprojekts, dem Fichte über ein Drittel der Reden an die deutsche Nation widmet (vgl. Fichte 1808, 280-310+396-443): Einen neuen Anfang zu setzen, die Vergangenheit zu überwinden. Damit entfällt bei Fichte auch das übliche dritte «objektive» Kriterium der Nationalität: Die Geschichte. Deswegen prägt Meinecke für die Nation, wie sie Fichte will, die treffende Bezeichnung: «Vernunftnation» (Meinecke 1907, 111).

Seine subjektive Kulturnation hat also Meinecke bei Fichte nicht gesucht. Oder wenn gesucht, dann doch nicht gefunden. Den Interpretationsfehler, den er damit bei Fichte vermeidet, macht er aber bei Herder. Herder hat seiner Meinung nach nicht nur versucht, sich für die Bildung einer deutschen Kulturnation einzusetzen, sondern «mit seinem großen Sinn für die Totalität des Lebens mitunter auch» ihre politische Autonomie gefordert (vgl. Meinecke 1907, 34). Als Beleg dafür bringt er die Stelle, wo Herder fragt, was den Deutschen außer Tapferkeit und Ehrlichkeit Not tut, und antwortet: «Licht, Aufklärung, Gemeinsinn; edler Stolz sich nicht von andern einrichten zu lassen, sondern sich selbst einzurichten, wie andere Nationen es von jeher schon thaten; Deutsche zu seyn auf eignem wohlbeschützten Grund´und Boden (Herder 1795, 317)».

Meinecke übersieht nur, daß das Thema des Absatzes, aus dem er dieses Zitat holt, die Pressefreiheit ist. Hier wünscht Herder keinen politisch-militärischen Schutz der deutschen Kulturnation nach außen, spricht sich also nicht für eine subjektive Kulturnation im Sinne von Meinecke aus. Was ihn allein interessiert ist der «Schutz» vor diesem kulturellen Stillstand, der erfolgen würde, wenn den Ewigverbesserern wegen Zensur nicht mehr zugehört werden kann. Diese Unruhestifter sind die wirklichen Verteidiger des «Gemeinsinns», sie bringen «Licht, Aufklärung» und machen ausländische Kritik unnötig beziehungsweise überflüssig. Ohne diese Streiter würde Deutschland, insbesondere die deutsche Sprache, im kulturellen Wettstreit der Nationen zurückbleiben (vgl. 315-318). Die Zensur hat diesen Brief von Herder durchgehen lassen, vielleicht gerade deswegen, weil er in seinem Witz ihr zu fein war. Schade, daß die späteren Deutschen nicht feiner als diese Zensur gewesen sind.

Wenn Meinecke seine subjektive Kulturnation bei Herder unbedingt wiederfinden will, dann sollte er besser eine viel heiklere Stelle aus den «Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit» heranbringen. Sie scheint wirklich seine These zu bestätigen. «Die Natur erzieht Familien; der natürlichste Staat ist also ein Volk, mit Einem Nationalcharakter. (...) Nichts scheint also dem Zweck der Regierungen so offenbar entgegen, als die unnatürliche (unendliche) Vergrößerung der Staaten, die wilde Vermischung der Menschen-Gattungen und Nationen unter Einen Scepter. Der Menschenscepter ist viel zu schwach und klein, daß so widersinnige Theile in ihn eingeimpft werden könnten; zusammengeleimt werden sie also in eine brechliche Maschiene, die man Staats-Maschiene nennet, ohne inneres Leben und Sympathie der Theile gegen einander (Herder 1785, 385)». Mit dieser Stelle komme ich selber nicht ganz klar.

Es klingt zunächst so, als ob die Staaten sich mit den Abstammungsgemeinschaften («Familien») decken sollen. Wenn man sich die Stelle genauer anschaut, so merkt man aber, daß sie sich nicht unbedingt decken sollen. Nur der Staat darf die Grenzen der Abstammungsgemeinschaft nicht überschreiten, hier steht aber nicht, daß die Abstammungsgemeinschaft die Grenzen des Staates nicht überschreiten darf. Aber angenommen die Abstammungsgemeinschaft ist größer als der Staat, und der Staat versucht seine Grenzen entsprechend anzupassen, so erscheint es hier nicht als eine unnatürliche Vergrößerung. Das Problem bleibt also zum Teil bestehen.

Eine weitere Frage, die durch diese Stelle offen gelassen wird: Zur Vermischung der Nationen ist der «Scepter» zu schwach, aber wie steht es mit einer freiheitlichen Demokratie? Aus dem Kontext geht hervor, daß Herder nicht das Zusammenleben, sondern nur das Zusammenzwingen eindeutig ablehnt. Aber der natürlichste Staat bleibt «ein Volk, mit einem Nationalcharakter».

Hat also Meinecke doch Recht mit seiner These? Fordert Herder die politische Autonomie der Kulturnation, wenn nicht ihre politische Einigung? Der Verdacht läßt sich nicht beseitigen. Wenn Herder es nicht so gemeint hat, dann hat er sich wirklich komisch ausgedrückt. Seine Hauptintention scheint mir aber ganz anderswo zu liegen. Ihm geht es um die Freiheit des Einzelnen, wie schon bei dem Zitat mit dem «Grund´ und Boden». Unser jetztiges Zitat geht nämlich weiter: «Wie Trojanische Roße rücken solche Maschienen zusammen, sich einander die Unsterblichkeit verbürgend, da doch ohne National-Charakter kein Leben in ihnen ist und für die Zusammengezwungenen nur der Fluch des Schicksals sie zur Unsterblichkeit verdammen könnte: denn eben die Staatskunst, die sie hervorbrachte, ist auch die, die mit Völkern und Menschen als mit leblosen Körpern spielet (Herder 1785, 385)».

Der zweite springende Punkt, ist das, was Herder unter «Familie» versteht, der ersten Stufe der «natürlichen Regierung». Man fängt an, es zu ahnen, wenn er die zweite Stufe der «natürlichen Regierung» beschreibt: die «freien Verträge». Was findet Herder bei der Familie so vorbildhaft? Der Vater ist ihm erst ein guter Erzieher, wenn er seine Söhne zur Freiheit erzieht, das heißt, wenn er sie so weit bringt, daß er ihnen eines Tages keine Befehle mehr geben kann, sondern nur noch Ratschläge. Ein Vater, der sich nicht rechtzeitig zurückzieht, ist kein guter Vater. Für Herder gilt dasselbe für den Regierenden: schlecht wird er, wenn er seine Macht erblich macht und sich dadurch verewigt. Die Macht wurde ihm wegen seiner Fähigkeiten übertragen durch einen freien Vertrag. Da die Fähigkeiten nicht vererbbar sind, so kann die Macht es auch nicht sein (vgl. Herder 1785, 375-385).

An dieser Stelle muß ich mich immer wieder fragen, ob Herder es mit dem Bild des Vaters nicht noch radikaler meint. Polemisiert er wirklich nur gegen die erbliche Monarchie? Soll nicht eher der Staat selbst so wirken, daß er sich eines Tages erübrigt? Dann würde der natürlichste Staat sich als Staat selbst aufheben. Es würde nur noch Völker, «Vaterländer» geben. Da sie aber keine Staaten sind, so sind sie auch keine subjektiven Kulturnationen im Sinne von Meinecke. In diesem Punkt bleibe ich aber unsicher.

Eines geht wenigstens aus dieser Stelle klar hervor: Der Nationalcharakter wie ihn Herder meint, hat nichts mit Abstammung zu tun hat. Im Unterschied zum Tier muß jeder Mensch alles neu lernen, er ist auf die Überlieferung angewiesen. Wenn der Nationalcharakter von etwas abhängt, dann von der Sprache (vgl. Herder 1770, 64). Vom Unterschied der Sprache darf nicht auf den Unterschied der Abstammung geschlossen werden. Es kann sogar das Gegenteil der Fall sein: Der Unterschied der Abstammung kann vom Unterschied der Sprache kommen (vgl. 112+118). Dieser Punkt ist wichtig. Friedrich Schlegel hat zum Beispiel immer versucht, den Unterschied der Sprache durch den Unterschied der Abstammung zu erklären (vgl. Meinecke 1907, 77-80). Die selbe Überzeugung findet man bei Kant (vgl. Kant 1795, 221). Sie ist auch lange herrschende Meinung gewesen (vgl. Geiss 1988, 163-165). Gerade diese Rückführung der Sprache auf die Abstammung hat dazu beigetragen, in der Sprache etwas zu sehen, was objektiv gegeben ist. Dies ist aber nicht die Meinung von Herder gewesen . Gegenüber der Abstammung ist ihm die Sprache viel subjektiver gewesen.

Staatsnation und Kulturnation: Schlußbemerkungen

Meinecke vergibt Fichte seine Einseitigkeit nur deshalb, weil er durch seine starke Betonung der individuellen Selbstbestimmung einen anderen Gedanken vorbereitet haben soll, den er selbst nur andeutungsweise entwickelt habe, den der individuellen Eigenart der Nation (vgl. 93-94). Demnach konnte in einer säkulären Arbeit die flache Ansicht, die nur im Einzelmenschen und nicht in Menschengruppen Individualität suche, überwunden werden, so daß die Forderung nach Selbstbestimmung auf die Nation übertragen werden konnte (vgl. 169) . Die durch dieses neue Selbstbewußtsein gestärkte Kulturnation konnte sich politisieren, das heißt zur subjektiven Kulturnation werden. Sie konnte dadurch den Universalismus überwinden, der sie bisher in ihrer Entfaltung gelähmt hatte. Das Besondere an Deutschland ist laut Meinecke nicht, daß es eine Kulturnation ist, sondern daß es so lange gebraucht hat, um von einer Weltkultur (Universalismus) zu einer Kulturnation (Individualismus) zu werden. Was den «individuelle(n) Genius der einzelnen Nationen» charakterisiert, ist auch seine ganz eigene Art (Individualismus), die «ursprüngliche gemeinsame feudalständische Verfassung» (Universalismus) zu überwinden und umzubilden (vgl. 79).

Die Möglichkeit der Übertragung ist also bei Meinecke nicht auf die Kulturnation beschränkt. Er sieht sowohl den «demokratischen Individualismus» als auch den «aristokratischen Individualismus» als (staats-) «nationenbildend» an (vgl. 16+220). Darin unterscheiden sich eben sowohl seine subjektive Staatsnation als auch seine objektive Staatsnation von der subjektiven Staatsnation seiner Nachfolger, daß sie beide nicht unbedingt demokratisch sind, sonst könnte er nicht neben der Schweiz (vgl. 12) auch Preußen (vgl. 36-39) zu den Staatsnationen rechnen .

Alles nach dem Motto: Die Nation, egal ob Kulturnation oder Staatsnation, soll selbstbewußter auftreten, sich gegen alle Formen des Universalismus behaupten.

Das ist eben die Schwäche des Ansatzes von Meinecke. Er war zu dem Zeitpunkt, wo er ihn entwickelt hat, selber Nationalist und wollte daher den Nationalismus rechtfertigen. Nach seiner Denkweise war es nur möglich, wenn er ihm eine Vergangenheit finden konnte, wenn er aufzeigen konnte, daß die nationale Idee den deutschen Idealismus nicht widerspricht, sondern weiterführt, so daß die geschichtliche Kontinuität bewahrt geblieben sei (vgl. 24). Als Unhistoriker fällt es einem vielleicht leichter zu gestehen, daß die Geschichte doch ihre Brüche und Rückschritte hat.

Etwas von der nationalistischen Grundeinstellung von Meinecke bleibt leider bei vielen seiner Nachfolger bestehen. Den Kulturnationalismus verteufeln sie, aber sie verharmlosen den Staatsnationalismus, oder verherrlichen ihn sogar. Dies ist aber nicht bei allen Autoren der Fall. Winkler, dem allerdings der Ansatz der Staatsnation und Kulturnation nur einer unter vielen ist, betont zum Beispiel, daß der Staatsnationalismus genauso wie der Kulturnationalismus als Integrationsideologie potentiell gewalttätig ist (vgl. Winkler 1978, 33). Mit dem Begriff der «Integration» wird aber eine Kategorie eingeführt, die aus einer ganz anderen Forschungsrichtung kommt.

Zweiter Ansatz: Integration und Mobilisierung

Der neuere «angelsächsische» Ansatz unterscheidet nicht wie noch Meinecke zwischen Staatsnation einerseits und Kulturnation andererseits als zwei Nationentypen. Er sucht nicht nach zwei Formen des Nationalismus, sondern nach zwei Funktionen eines und desselben Nationalismus (vgl. Berdahl 1972, 143; Bredow 1987, 312). Was zunächst wie ein belangloser Streit um Worte aussieht, entpuppt sich schnell als vollkommener Richtungswechsel.

Bei der ersten dieser beiden Funktionen des Nationalismus, der Integrationsfunktion, kann man sich zwar zunächst fragen, ob sie Staatsnation und Kulturnation nicht wenigstens miteinschließt. Der Begriff der «Integration» ist nämlich genauso schillernd wie sein deutscher Bruder, die «Einheit». Er kann daher ebenso staatliche wie kulturelle Integration meinen. Er kann sich aber genausogut auf eine wirtschaftliche Integration beziehen. Das wäre ein erster Unterschied zum älteren Ansatz, wobei man hier eher von einer Erweiterung sprechen müßte. Daß mehrfach von einer «sozialen Integration» gesprochen wird, hilft nicht weiter, weil «sozial» auch ein Alles-in -Einem-Begriff ist. Es bestätigt nur, daß auch eine wirtschaftliche Integration mitbeinhaltet werden könnte.

Klarheit herrscht erst bei der zweiten Funktion des Nationalismus, der Mobilisierungsfunktion. Der Nationalismus soll demnach helfen, die Bevölkerung zum Zweck des wirtschaftlichen Fortschrittes zu mobilisieren. Von da aus überträgt sich aber die «Klarheit» auf die Integrationsfunktion, weil diese eindeutig als bloßes Mittel zum Zweck der Mobilisierungsfunktion dargestellt wird (vgl. Berdahl 1972, 146). Wirtschaftliche Interessen werden damit zur eigentlichen Ursache des Nationalismus, sei es direkt (Mobilisierungsfunktion und eventuell Integrationsfunktion bezüglich der wirtschaftlichen Integration) oder indirekt (Integrationsfunktion bezogen auf kulturelle und staatliche Integration).

Es ist wirklich erstaunlich, daß daraus nicht sofort ein Schlagwort gemacht worden ist. «Wirtschaftsnation» würde doch gut klingen. Hat man aber einmal den funktionalen Ansatz eindeutig auf den Begriff der «Wirtschaftsnation» gebracht, so muß ihr Zusammenhang mit der Staatsnation und der Kulturnation geklärt werden.

Zur Subjektivität oder Objektivität der Wirtschaftsnation

Will man den Anschluß zum ersten «deutsch-französischen» Ansatz finden, so fragt sich zunächst, was an der Wirtschaftsnation objektiv, was dagegen subjektiv sein kann. Dieser erste Ansatz ist aber nicht einheitlich (siehe oben). Dasselbe gilt also auch für die Übertragung auf die Wirtschaftsnation.

Analog zu Meinecke kann man einerseits zwei Stufen in der Entwicklung der Wirtschaftsnation unterscheiden, eine ältere bloß objektive, wo sie noch vor sich hin vegetiert und eine neuere Stufe, die subjektive, wo sie zu sich selbst erwacht und versucht, im Namen der «Totalität des Lebens», kulturelle und staatliche Grenzen nach ihren eigenen Grenzen zu ziehen. Da würde es Meinecke schwer fallen, in der steigenden Subjektivität unbedingt einen Fortschritt zu sehen. Von selbst neigen die wirtschaftlichen Grenzen eben eher dazu, überhaupt zu verschwinden, was zu dem von ihm befürchteten Universalreich führen würde (vgl. Meinecke 1907, 66-70).

Analog zu den Nachfolgern von Meinecke kann man andererseits versuchen, Kulturnation, Staatsnation und Wirtschaftsnation jeweils entweder dem Objektiven oder dem Subjektiven zuzuordnen. Das Unangenehme dabei: man ist bei zwei Kategorien geblieben, hat aber jetzt drei Nationen. Es paßt alles nicht mehr recht zusammen. Dies ist auch wahrscheinlich der Grund, warum der funktionale Ansatz zwar immer gelobt wird, aber nicht auf den Begriff der Wirtschaftsnation gebracht wird.

Als erste mögliche Lösung bietet sich an, die Wirtschaftsnation neben der Staatsnation zu den freiheitlichen Nationentypen zu rechnen. Ob man mit anderen Menschen zum Beispiel Handel treibt oder nicht, scheint doch eine subjektive Entscheidung zu sein. Wenigstens ist es das Ideal des Freihandels, daß es in der Wirtschaft dazu kommt, wie im Staat freie Wahlen das Ideal der Demokratie sind. Obwohl diese Zuordnung nahe liegt, so sucht man vergebens nach Autoren, die sie vertreten. Nur bei ihr kann man von einer bloßen Erweiterung des vereinfachten ersten Ansatzes sprechen, weil die Frage nach der Freiheit erhalten bleibt. Sogar nicht nur die Frage, sondern die üblichen Antworten, wonach die Staatsnation auf Freiheit, die Kulturnation dagegen auf Unfreiheit beruht. Dies stimmt auch, wenn man, aus welchem Grund auch immer, der Wirtschaftsnation die Freiheitsfähigkeit abspricht, es bei Staatsnation und Kulturnation aber beim Alten läßt. Hier scheint aber auch wissenschaftliche Stille zu herrschen.

Es gibt eine zweite grundlegend andere Möglichkeit der Zuordnung. Man kann sagen, daß objektiv gesehen nur die Wirtschaft zur Nationenbildung führt und alle anderen «Ursachen», sowohl die kulturellen wie auch die staatlichen, nur subjektiv eine Rolle spielen. Sie zu den treibenden Kräften zu rechnen, ist einfach eine Illusion. Damit liegt man sehr nah am funktionalen Ansatz, wie er eigentlich vertreten wird. Da hier wie bei den Nachfolgern von Meinecke auch mit den Worten Subjektivität und Objektivität hantiert wird, so merken viele gar nicht, daß ganz anderes damit gemeint ist. Und doch: Der erste vereinfachte Ansatz wird durch diese Art der Zuordnung nicht erweitert, sondern einfach ignoriert. Hier steht Subjektivität nicht mehr für Freiheit, sondern für Wahn. Objektiv ist nur die Wissenschaft, oder zumindest der funktionale Ansatz, aber auch er hat herzlich wenig mit Freiheit zu tun.

Und doch wird immer wieder versucht, Brücken zwischen den Nachfolgern von Meinecke und den Vertretern des funktionalen Ansatzes zu schlagen. Etwa durch folgenden Gedankengang:

Man kann nach dem Wesen, nach der Natur des Nationalismus suchen, nach einem unveränderlich Ewigen , nach etwas, was objektiv gegeben ist, was vom Menschen daher nicht verändert werden kann, wie das Blut oder die Sprache. Mit diesem Essentialismus gibt man sich aber einer Illusion, einem subjektiven Glauben hin. Der heutige Wissenschaftler mit seinem aufgeklärt objektiven Blick sieht es ein und kommt zu einem subjektivistischen, freiheitlichen Verständnis der Nation. Dieser Formalismus sucht daher nach den objektiven Ursachen des Nationalismus, nach seinen Funktionen, die sich nach den Umständen wohl ändern können, also nicht objektiv gegeben sind.

Die Synthese zwischen den beiden Ansätzen scheint perfekt gelungen zu sein. Der Preis ist nur, daß keiner von beiden zu Ende gedacht wird. Wirtschaftsnation und Staatsnation werden der theoretischen Harmonie einfach geopfert, und unversehens wird die «Wissenschaftsnation» zur einzig freiheitlichen Nation der Welt.

Zugestanden: Mit Worten wie «Subjektivität» und «Objektivität» zu jonglieren, ist ein hoher philosophischer Genuß. Es kann aber die eigentliche Frage nach der Freiheit verdecken oder sogar, wie hier, sie völlig unbemerkt durch die andere Frage nach der Wissenschaftlichkeit ersetzen. Wenn man die Freiheit nicht aus dem Auge verliert, dann kann die Philosophie schon etwas bringen. Aber davon später.

Staatsnation und Kulturnation als Illusionen

Auch wenn Berdahl sich scheinbar auf Meinecke selbst bezieht, so greift er genauso wie Bredow nur den späteren schon vereinfachten Strang der Diskussion um Staatsnation und Kulturnation auf … oder vielmehr an.

Bredow und Berdahl lehnen es eben ausdrücklich ab, von einem deutschen Sonderweg zu sprechen. Die deutsche Kulturnation wird zur Chimäre erklärt, aber nicht etwa um, statt dessen, von einer deutschen Staatsnation zu sprechen. Bei Vergleichen mit anderen Ländern sollen sich vielmehr für den Nationalismus überall die selben wirtschaftlichen Funktionen ergeben haben (vgl. Bredow 1987, 313). Berdahl versucht diese Funktionen bis zum deutschen Vormärz zu verfolgen, um zu zeigen daß der deutsche Nationalismus von vornherein damit erklärt werden kann (vgl. Berdahl 1972, 143-149). Er lehnt es zwar nicht gänzlich ab, den deutschen Nationalismus von dem Nationalismus in den anderen (westlichen) Ländern zu unterscheiden, aber nicht in seinen Ursachen, sondern ausschließlich in seiner «Phänomenologie» oder wie er es auch nennt, in seiner «Legitimation». Staat oder Kultur mögen je nachdem mehr betont worden sein, es sei aber bei der Nationbildung nicht entscheidend gewesen (vgl. 143+149).

Keiner der beiden Autoren versucht aber zu erklären, wie der deutsche Nationalismus im 20. Jahrhundert so extreme Formen annehmen konnte. Berdahl eigentlich schon deshalb nicht, weil er sich bei seinen Untersuchungen auf die Zeit vor 1850 beschränkt, wo dieser Extremismus noch gar nicht zum Zuge gekommen ist. Bredow begnügt sich seinerseits damit, den nachträglichen Versuch, den Extremismus des deutschen Nationalismus durch seine Berufung auf vorgeblich «objektive» Merkmale einer Nation wie gemeinsame Sprache, gemeinsame Abstammung und Kultur zu erklären, als «anrührend moralisch aber analytisch unscharf» abzutun (vgl. Bredow 1987, 313-314).

Man müßte sich dann fragen, wie es um die angeblich «subjektiven» Merkmale der französischen Staatsnation steht. Wenn Franzosen sich auf diese «Subjektivität» berufen, um ihren Nationalismus zu verharmlosen, ist es umgekehrt «peinlich unmoralisch» aber trotzdem «analytisch unscharf»? Leider fehlt es an einer Studie, die, aus dem funktionalen Ansatz heraus, dem Mythos eines französischen Sonderwegs nachgehen würde. Es müßte doch möglich sein, zu zeigen, daß nicht seine «Subjektivität», sondern ganz andere Gründe den französischen Nationalismus bisher relativ ungefährlich gemacht haben.

Wenn aber die Unterscheidung zwischen Staatsnation und Kulturnation nichts hergibt, gibt es dann wirklich keine Möglichkeit, innerhalb des funktionalen Ansatzes, Gründe für den deutschen Extremismus zu finden? Winkler, der, wie schon erwähnt, Staatsnation und Kulturnation für gleich gewaltbereit hält, versucht ihn durch die Rettung der alten deutschen Eliten hinein in die Zeit der wirtschaftlichen Modernisierung zu erklären (vgl. Winkler 1978, 16). Dieser Versuch ist deswegen ziemlich interessant, weil in Deutschland die entscheidenden Wenden zum Nationalismus (1879 und 1933) zugleich Zeiten des Bündnisses zwischen Schwerindustrie (neue Elite) und Großgrundbesitz (alte Elite) gewesen sind. Eine ganz eigenartige Form der Integration und Mobilisierung, nämlich eine der Eliten. Ob Berdahl und Bredow darin ihren funktionalen Ansatz wiederfinden würden, sei dahingestellt, damit sind aber wenigstens wirtschaftliche Ursachen der deutschen Katastrophe zur Diskussion gestellt worden.

Zur Wirtschaftsnation: Herder und Fichte

Der funktionale Ansatz hat weitreichende Folgen für die Frage, wie die Werke von Herder und Fichte zu beurteilen sind. Folgt man Berdahl, so kann man den Nationalismus als Ideologie nicht mehr mit der Idee der Nation gleichsetzen, wie sie zum Beispiel Herder entwickelt hat. Bei der Idee der Nation soll es nur um die Suche nach gemeinsamen Eigenschaften eines Volkes gehen, also um ein Erkenntnisinteresse, während beim Nationalismus seine beiden Funktionen ausschlaggebend sind (vgl. Berdahl 1972, 146).

Nach diesem Ansatz sind Intellektuelle, insbesondere Schriftsteller und Poeten (vgl. 140) zwar chronologisch die ersten Vertreter des Nationalismus gewesen (vgl. Bredow 1987, 320). Die Ausbreitung ihrer nationalen Vorstellungen sei aber nicht auf ihren Einfluß zurückzuführen, sondern vielmehr auf deren Brauchbarkeit für Zwecke, die sie gar nicht unbedingt selber verfolgt haben müssen. Meinecke und seine Nachfolger hätten daher mit ihrem geistesgeschichtlichen Ansatz nicht die eigentlich treibende Kraft des Nationalismus untersucht (vgl. Berdahl 1972, 140-143). Denkt man es zu Ende, dann heißt es aber: Die Wissenschaft muß Herder und Fichte auch dann vom Vorwurf freisprechen, für den deutschen Nationalismus verantwortlich zu sein, wenn sie selbst Täter zu sein glaubten oder gern gewesen wären. Ihre Machtlosigkeit hat einfach für ihre Unschuld gesorgt.

Es scheint jetzt überflüssig, überhaupt noch Fragen an ihre Werke zu stellen. Das Problem des Nationalismus hat eben nichts mit ihnen zu tun. Das Problem des Nationalismus vielleicht, aber wie sieht es mit seiner Lösung aus? Würde der Nationalismus dieses Ausmaß nehmen können, wenn die Vorstellungen von Herder und Fichte eine Macht darstellen würden? Wie steht es insbesondere um ihre Einschätzung der Rolle der Wirtschaft beim Nationalismus?

Herder scheint in dieser letzten Frage einen ziemlich naiven Standpunkt zu vertreten. Er betont nämlich, daß nicht die Habsucht, sondern die Meinung, die man über andere Gruppen gehabt hat, zum Nationalhaß geführt hat (vgl. Herder 1770, 111). Wenn er wieder auf die Habsucht zu sprechen kommt, dann um zu gestehen, daß sie zwar zunehmend auf die Völkerbeziehungen einwirkt, aber eigentlich völkerverbindend, womit er den Welthandel meint (vgl. Herder 1774a, 19-21). Aber so naiv wie zum Beispiel Kant ist Herder wiederum nicht: er glaubt nicht, daß der Welthandel automatisch zum Weltfrieden führen wird (vgl. Kant 1795, 226). Der Welthandel kann insbesondere durch Kolonisation ungerecht werden (vgl. Herder 1774a, 74-75), und dadurch Haß zwischen den Völkern stiften. Herder schlägt daher Maßnahmen gegen «Handelsanmaaßungen» vor. Er bleibt aber nicht dabei stehen, sondern er betont, daß auch die Meinung über andere Gruppen sich verwandeln muß (vgl. Herder 1797, 271-272). Er ist nicht bei dieser allgemeinen Aussage stehen geblieben, sondern hat selber versucht, konkret zu dieser Verwandlung beizutragen.

Abgesehen von seinen Urteilen über die Franzosen, die meistens vernichtend ausfallen , versucht Herder in der Tat die Meinung, die Völker voneinander haben, zu verbessern. Und interessanterweise trifft es insbesondere Völker, die damals vor allem aus wirtschaftlichen Gründen verachtet wurden (vgl. Geiss 1988).

Ein erstes Beispiel sind die Schwarzen. An ihnen zeigt Herder, daß es keine minderwertigen Rassen gibt, sondern nur zur Ausbildung bestimmter Fähigkeiten mehr oder weniger günstige klimatische Bedingungen (vgl. Herder 1785, 228-238+257+380). Überall ziehen Menschen das Beste aus den Umständen. Er lehnt daher die Sklaverei ab (vgl. Herder 1797, 247-248).

Ein zweites Beispiel sind die Slawen, die bei ihm vor allem für die Bauern und Händler (nicht für die Kosaken!) stehen. Die Slawen nennt er gelegentlich einfach «Sklaven» (vgl. Herder 1774a, 41) und stellt sie den Deutschen gegenüber, womit er alle damaligen westeuropäischen Völker meint . Diese «Deutschen» stehen dann für die Krieger, die gerne vom Unrecht leben, zum Teil eben auf Kosten der Slawen (vgl. Herder 1791, 279). Von «Sklaven» spricht Herder daher nicht aus Verachtung, sondern aus Mitleid. Er sucht nach den latenten Fähigkeiten der Slawen, unabhängig von ihren bisherigen wirtschaftlichen und kulturellen Leistungen (vgl. 277-281). Einen solchen Ansatz sucht man sogar bei Fichte vergebens, der in seiner Unterscheidung von Mutterland und Ausland die Slawen einfach ignoriert, weil sie bisher kulturell nichts geleistet haben sollen (vgl. Fichte 1808, 312).

Ein drittes Beispiel sind die Juden, aber diesmal eingeschränkt. Auf der einen Seite sind sie jedesmal mitgemeint, wenn Herder die Deutschen und alle anderen Völker davor warnt, sich für das «Auserwählte Volk» zu halten (vgl. Herder 1791, 287-289; 1794, 211-213). Auf der anderen Seite kritisiert er sie aus wirtschaftlichen Gründen (Wucher), was bereits den modernen Antisemitismus anzudeuten scheint. Er fügt aber später hinzu, daß dieses wirtschaftliche Problem nicht auf die Natur der Juden, sondern auf die Verfassungen der Gastländer zurückzuführen ist (vgl. Herder 1787, 66-67; 1791, 283-284). Man kann dann verstehen, warum er von der Geschichte fordert, die Verbrechen an Schwarzen und Juden zu verdammen (vgl. Herder 1797, 255-257).

Schwarze und Slawen sieht Herder als künftige Verfechter der Brüderlichkeit an. Man kann nicht sagen, daß alle Panslawisten es mit diesem «Verfechten» so friedlich gemeint haben wie er. Man kann aber auch nicht wie Geiss sagen, daß der Humanismus und der frühe Antirassismus von Herder später deswegen nicht aufgegriffen wurden oder, wenn sie aufgegriffen wurden, dann ins Gegenteil gekehrt wurden, weil er seine Urteile über Völker irrational begründet hat (vgl. Geiss 1988, 206-207) . Herder hat es nicht an Rationalität gefehlt, was schon allein an den wenigen hier angeführten Begründungsbeispielen sichtbar wird. Was Herder machtlos gemacht hat, war die allgemein verbreitete Unfähigkeit, Menschen nach anderen Kriterien zu urteilen, als nach ihrer wirtschaftlichen Lage und den eigenen wirtschaftlichen Interessen.

Was bei Herder selber fehlt, ist eine Darstellung sozialer Strukturen, innerhalb derer sich diese Unfähigkeit überhaupt überwinden läßt. Er appeliert hierin immer wieder an den Einzelmenschen, kommt aber nicht darauf, wie ihm der Weg zur Humanität strukturell verbaut wird. Die Integrationsfunktion der Weltwirtschaft scheitert dann immer wieder an einer national verzerrten Wissenschaft, die ihren Namen nicht verdient.

Das kann der funktionale Ansatz bei Herder nicht kritisieren, weil er selber auf eine solche Darstellung verzichtet. Die bisherige «Verwirklichtkeit» wird von diesem Ansatz einfach hingenommen. Er schaut nur auf die Eigenkraft der wirtschaftlichen Interessen und auf die Tatsache, daß sie kulturelles und/oder politisches Einheitsstreben instrumentalisieren. Man kann darin eine Selbstverstümmelung der Wissenschaft sehen. Sie will keine Alternativen entwickeln, sondern nur noch eine möglichst sichere Prognose abgeben. Die Weissagung lautet dann, daß der Nationalismus vorerst nicht ersetzt werden kann und zwar nicht wegen seiner Mobilisierungsfunktion, da hier im Regionalismus der drei heutigen Wirtschaftsblöcke ein besserer Nachfolger gefunden wurde, sondern gerade wegen seiner Integrationsfunktion (vgl. Bredow 1987, 321).

In seiner Einschätzung der Rolle der Wirtschaft bei der Entstehung des Nationalismus ist Fichte noch eindeutiger als Herder. Berdahl und Bredow wären vielleicht überrascht gewesen, bereits bei Fichte zu lesen, daß hinter dem Nationalismus eigentlich handfeste wirtschaftliche Interessen der jeweiligen Herrscher zu finden sind. Sie sind es, die die Völker manipulieren und aufeinanderhetzen (vgl. Fichte 1800a, 129-135+140-143). Solche methodischen Anregungen konnte ihnen Meinecke trotz seiner eingehenden Beschäftigung mit Fichte natürlich nicht überliefern, da sie von seiner eigenen Geschichtsauffassung zu weit entfernt waren. Wer sich, statt an Fichte selber, lieber an Meinecke mißt, hat es natürlich ungleich leichter, sich als der Modernere auszugeben.

Statt wie Herder eine gerechtere Weltwirtschaft und ihre Ergänzung durch einen Meinungswandel anzustreben, wendet sich Fichte als einer der ersten Sozialisten gegen diese Weltwirtschaft selbst (vgl. Fichte 1800a, 114-137; 1808, 466-467). Durch die Abschaffung des Goldes als Weltwährung sieht er eine Möglichkeit des wirtschaftlichen Nationalismus wegfallen, nämlich die, daß Länder sich auf Kosten anderer bereichern (vgl. Fichte 1800a, 143-151). Er wendet sich also trotz dem ersten Anschein eher gegen den nationalen Egoismus und meint, im Unterschied zu den «Funktionalisten», daß er überwunden werden kann.

Aber dennoch muß man Bredow Recht geben, wenn er betont, daß der Sozialismus den eigenen Anspruch nicht einlösen konnte, die Lösung für den Nationalismus darzustellen. Nicht nur, weil der Sozialismus, entgegen der Einschätzung von Fichte, sich nicht von einem Land ausgehend unaufhaltsam auf die ganze Welt ausbreiten konnte, sondern auch weil die kommunistischen Staaten bald angefangen haben, einen eigentümlichen Nationalismus zu entwickeln und sogar unter sich Kriege zu führen (vgl. Bredow 1987, 314).

Im Vormärz gehörte der Sozialismus zwar noch allein der Ideengeschichte, das gilt aber genauso für den deutschen Nationalismus. Vielleicht hätte es sich für Berdahl daher doch gelohnt, da wo er über Fichte zu sprechen kommt, zwischen einer Idee des Sozialen als Erkenntnisinteresse und dem Sozialismus als Ideologie zu unterscheiden. Während die Idee des Sozialen einem eher uneigennützig vorkommt, scheint der Sozialismus selbst die selben Funktionen zu erfüllen als der Nationalismus. Es könnte erklären, warum sie in ihren Endergebnissen so verwandt sind.

Wirtschaftsnation als Geschichte oder Gegenwart

Besonders interessant am funktionalen Ansatz ist die Tatsache, daß hier die Chronologie, anders als bei Meinecke (siehe 2-1), keine entscheidende Rolle spielt. Stattdessen wird beobachtet, daß im Nationalismus kulturelle Werte oder staatliche Institutionen zu wirtschaftlichen Zwecken instrumentalisiert werden. Ausschlaggebend ist also nicht, wer von Kultur oder Staat das «erste Wort» von sich gegeben, sondern höchstens, wer das «letzte Wort» behalten hat, nämlich die Wirtschaft. Die Gewohnheit, alles mit der Vergangenheit, von den Wurzeln aus erklären zu wollen, wird damit durchbrochen.

Problematisch wird es allerdings, wenn nicht mehr versucht wird die Gegenwart, sondern die Vergangenheit selbst zu erklären. Bredow entledigt sich des Problems, indem er vorschlägt, erst ab Ende des achtzehnten Jahrhunderts von «Nationalismus» zu sprechen. Durch diese Namensänderung spart er sich einfach die Untersuchung von, seiner Meinung nach, älteren Phänomenen wie «Vaterlandsliebe» und «Patriotismus» (vgl. Bredow 1987, 312). Wie sieht es aber mit diesem «alten» Nationalismus aus? Da läuft man die Gefahr, ähnlich wie Geiss beim Rassismus (vgl. Geiss 1988), mit der Betonung des Wirtschaftlichen als Ursache des Nationalismus eine Realität unserer Zeit nach hinten zu verewigen, sozusagen die Vergangenheit «mit der Gegenwart» (im Sinne von «so wie die Gegenwart») zu erklären. Vielleicht hat Herder doch Recht mit seiner Betonung der Ideen, der Meinungen als Ursache des Nationalhasses, auch unabhängig von der Habsucht. An der Stelle, wo er darüber spricht, geht es ihm nämlich darum zu erklären, wie die Ursprache sich in verschiedene Sprachen spalten konnte, also um eine Tatsache, die wenn es sie überhaupt gegeben hat, weit in der Vergangenheit zurückliegt (vgl. Herder 1770, 111). Die wirtschaftlichen Beziehungen können sich damals doch gerade nach den kulturellen Beziehungen gerichtet haben, statt wie heute umgekehrt. Was spricht hier gegen einen «zeitlichen Relativismus» wie ihn Herder in vielen Fällen gepflegt hat?

Die meisten Urteile Herders über den Nationalismus treffen eben nicht den neuzeitlichen, sondern zunächst nur den altertümlichen Nationalismus. Dies wird von denen übersehen, die gerne Stellen aus seinem Werk zitieren, wo er versucht dem Nationalismus positive Seiten abzugewinnen. Diese Stellen befinden sich in seinen verschiedenen Versuchen über die Geschichte der Menschheit und beziehen sich auf das Altertum (vgl. Herder 1774a, 35-36+68-69; 1774b, 590-591) . Wenn Herder vom Nationalismus in der Neuzeit spricht, dann nur negativ (vgl. Herder 1795, 314). Er warnt zum Beispiel in einer Antwort auf Realis de Vienna vor jedem Nationalwahn (vgl. Herder 1794, 211-233). Das Problem mit den «Briefen zur Förderung der Humanität» ist, daß man nicht immer leicht sagen kann, wer spricht, nämlich Herder oder ein mehr oder weniger frei erfundener Gegenspieler. Es gibt aber eine eindeutige Stelle in seinem Frühwerk, wo Herder von der Nation sagt, daß sie den Menschen in seiner Entwicklung nur bis zu einem bestimmten Punkt bringen kann. Bleibt er bei ihr stehen, so kommt er zum Stillstand. Weiterbringen kann ihn nur die Überlieferung von Volk zu Volk (vgl. Herder 1770, 119-121). Dasselbe Phänomen (den Nationalismus) bewertet Herder also ganz unterschiedlich, je nachdem in welchem «Alter» die Menschheit davon betroffen ist und nicht etwa, wie Meinecke (vielleicht an sich selbst denkend) gern behauptet, weil er inzwischen älter geworden ist und seine Meinung revidiert hat (vgl. Meinecke 1936, 438-439) .

Dieser «zeitliche Relativismus», wie er bei Herder anzutreffen ist, unterscheidet sich grundlegend von der Art, wie Fichte die «Geschichte» (Vergangenheit) als objektives Element von sich wegschiebt. Fichte bezieht seine Ethik, das heißt seine Moralpredigten ausschließlich auf die Gegenwart und Zukunft, weil nur diese beiden noch subjektiv-aktiv gestaltet werden können: sie sind das Reich der Freiheit. Wenn er die Vergangenheit nicht abkanzelt, dann nur aus Prinzip, aber nicht etwa weil er für sie andere Bewertungskriterien als für die Gegenwart und Zukunft suchen will (vgl. Fichte 1808, 269). Herder dagegen, versucht beweglicher zu sein und für jede Geschichtsepoche die eigenen Bewertungskriterien auszuarbeiten (vgl. Herder 1774a, 83-84; 1785, 333-338). In seiner Suche nach wissenschaftlicher Objektivität geht ihm aber, anders als dem funktionalen Ansatz, der kritische Geist der Gegenwart und ihrem Nationalismus gegenüber nicht aus.

Dritter Ansatz: Einheitsstaat versus soziale Dreigliederung

Der erste Forschungsansatz hat nur die Alternative zwischen zwei Formen des Nationalismus gelassen: damit steckt er selbst voll im Nationalismus. Auch wenn er in seiner vereinfachten Fassung nur noch eine der beiden Formen der Nation befürwortet. Bei dem zweiten Forschungsansatz geht es um die zwei Funktionen eines dritten Nationalismus, der eigentlich hinter jeder Form des Nationalismus stecken soll. Bei einer dieser beiden Funktionen scheint es eine Alternative zum Nationalismus zu geben, aber leider nicht bei der zweiten Funktion. Damit steht dieser Ansatz immer noch mit einem Bein im Nationalismus. Nun kommt ein dritter Forschungsansatz, der (unter anderem) versucht, eine Alternative zum Nationalismus zu bieten. Sie soll darin bestehen, den Einheitsstaat durch eine soziale Dreigliederung zu ersetzen.

Nation als Einheitsstaat

Noch bevor darauf eingegangen wird, was mit «soziale Dreigliederung» gemeint ist, stellt sich die Frage, was Nationalismus überhaupt mit Einheitsstaat zu tun hat.

Bei Steiner und seinen Nachfolgern heißt Einheitsstaat etwas anderes als in der sonstigen wissenschaftspolitischen Literatur. Während sonst unter Einheitsstaat ein zentralistischer Staat im Gegensatz zu einem föderalistischen Staat verstanden wird, geht es Steiner um eine andere Unterscheidung.Bei ihm heißt Einheitsstaat ein Staat, der tendenziell alle Lebensbereiche verwaltet. Dies kann auch bei einem föderalistischen Staat sehr wohl der Fall sein. Die Allmacht bleibt doch auch dann in Staatshänden, wenn sie nur zwischen einem Oberstaat und mehreren Unterstaaten verteilt wird.

Der Gegensatz zum Einheitsstaat in dem Sinne von Steiner ist eher der Rechtsstaat: ein Staat, der sich darauf beschränkt, in das Rechtsleben einzugreifen, und sowohl Kultur wie Wirtschaft sich selbst verwalten läßt. Das Wort Rechststaat ist aber auch stark und zum Teil anders besetzt. Das Losungswort von Steiner, die «soziale Dreigliederung», fällt dagegen völlig aus der traditionnellen Reihe (vgl. Steiner GA 23, 72).

Die Selbstverwaltung von Kultur und Wirtschaft bei einer sozialen Dreigliederung ist durchaus ernst gemeint. Der Widerspruch zum Einheitsstaat soll so weit gehen, daß diese beiden Bereiche ihre eigenen Grenzen selbst setzen, unabhängig vom Verlauf der Staatsgrenzen. Kulturgrenzen, Wirtschaftsgrenzen und Staatsgrenzen können also auseinanderklaffen (vgl. Steiner GA 23, 117-118; GA 24, 24-25).

Allen Formen des Nationalismus ist aber gerade die Überzeugung gemeinsam, daß diese Grenzen zusammengehalten werden müssen. Daher die enge Verwandtschaft zwischen Einheitsstaat und Nationalismus. Da aber die drei Grenzen wirklich nicht zusammenpassen, bekommt der Nationalismus leicht Nuancen, je nachdem welche Grenze richtungsweisend für die beiden anderen werden soll. Diese Nuancen kann man nach der jeweils entscheidenden Grenze nennen, so bekommt man die drei schon bekannten Bezeichnungen: Kulturnationalismus, Staatsnationalismus und Wirtschaftsnationalismus. Nur der Inhalt wird zum Teil anders.

Mischungen sind durchaus möglich, zum Beispiel wenn es einem nur darum geht, das eigene Land zu vergrößern. Dann schwankt er opportunistisch vom Kulturnationalismus zum Wirtschaftsnationalismus, oder warum nicht, wenn es sein muß, zum Staatsnationalismus, um dann bei Gelegenheit zur Ursprungsposition zurückzukehren.

Man kann aber seine Prinzipien haben und eine bestimmte Vorliebe konsequent bekämpfen. Will man sie aber nur durch eine andere Vorliebe ersetzen, dann gerät man selber ins Fahrwasser des Nationalismus. Wer glaubt, er ertrinkt doch nicht, wird selig.

In früheren Arbeiten habe ich den Nationalismusbegriff noch nicht so breit gefaßt wie jetzt. Damals habe ich mich noch enger an Steiner angelehnt, der, wie es mir scheint, nur in Bezug auf das Kulturelle und das Staatliche (vgl. Steiner GA 73, 350) von Nationalismus gesprochen hat, und beim Wirtschaftlichen von Manipulierung des Nationalismus (vgl. Steiner GA 177, 225-226; GA 185a, 22). Zu dieser Erweiterung bin ich durch die ausführlichere Auseinandersetzung mit den beiden hier ausgeführten anderen Forschungsansätzen angeregt worden. Bei Herder wird es nichts an meiner Einschätzung ändern, bei Fichte dagegen schon. Vorher habe ich zum Beispiel bei der Forderung von Fichte nach Zusammenfallen der Wirtschaftsgrenzen mit den Staatsgrenzen nicht von Nationalismus gesprochen. In dieser Arbeit werde ich sie dagegen zu seinen nationalistischen Forderungen rechnen.

Nation und organisches Denken

Es liegt nah der Idee einer sozialen Dreigliederung gegenüber einzuwenden, daß Wirtschaft, Staat und Kultur sich nicht trennen lassen. Es hängt doch alles mit allem zusammen. Es ist einfach unmöglich einen dieser Bereiche aus seinem Zusammenhang herauszunehmen.

Wer da von «Zusammenhang» spricht, könnte stattdessen genauso gut vom «Ganzen» oder vom «Organismus» reden. Er spricht nämlich aus derselben Logik heraus, wie sie auch dem organischen Denken zugrunde liegt. Diese Logik, die Meinecke von seiner subjektiven Kulturnation schwärmen läßt, weil sie die «Totalität des Lebens» ergreift. Eine Logik, die nachdem sie die Menschheit fast zur totalen Zerstörung des Lebens geführt hat, nur umgetauft worden ist, aber weiter in den Köpfen spukt.

Dieses organische Denken wird mit Recht in enge Verbindung mit dem Nationalismus gebracht: beide versuchen alles unter einen Hut beziehungsweise eine Grenze zu kriegen. Es liegt allerdings nicht nur dem Kulturnationalismus zugrunde, was von vielen schon gemerkt wurde, sondern auch dem Staatsnationalismus und Wirtschaftsnationalismus, wie sie beide hier (siehe oben) verstanden werden.

Wie steht es nun um Herder und Fichte, um Herder mit seinem «natürlichen Staat» und Fichte mit seiner deutschen «organischen Staatskunst»? Kann man sie schon allein wegen ihrer Ausdrucksweise zu den Nationalisten rechnen?

Hier berührt man ein bis heute aktuelles Mißverständnis in der deutschen Politikwissenschaft. Herders und Fichtes politische Theorie hat nichts mit demjenigen organischen Denken zu tun, das ich jetzt gerade dargestellt habe, so daß nicht daraus auf ihren Nationalismus geschlossen werden kann. Ihr «lebendiger» Staat ist ein Gegenentwurf zum aufklärerisch allmächtigen Staat ihrer Zeit, der sich damals immer mehr auf mechanistische Denkmuster berief. Diese Allmacht sollte zugunsten des Individuums beschränkt werden (vgl. Fichte 1808, 353-254+362-366; Herder 1774, 58-64;1785, 375-385). Was später von anderen Autoren zunehmend unter organischem Staat verstanden worden ist, ist genau das Gegenteil . Nur beim «natürlichen Staat» von Herder gibt es möglicherweise einen Berührungspunkt mit dem Nationalismus, nämlich dem Kulturnationalismus. Mit der «Totalität des Lebens» hat es aber trozdem nichts zu tun.

Während Herder und Fichte den Organismusbegriff auf den Staat übertragen, spricht Steiner vom sozialen Organismus, der aus Wirtschaft, Staat und Kultur bestehen soll. Sind aber Wirtschaft, Staat und Kultur Bestandteile eines Organismus, so stellt sich die Frage, ob sie wirklich so unabhängig voneinander werden können, wie er es behauptet. Steht der Ausdruck «sozialer Organismus» nicht im Widerspruch zur Idee einer sozialen Dreigliederung? Sind nicht alle Organe voneinander abhängig, unlösbar verbunden? Läßt da nicht wieder das organische Denken grüßen, diesmal in seiner nationalistischen Form?

Hier verwechselt man einfach Mittel und Ergebnisse. Wenn jemand von mir etwas braucht, dann folgt daraus nicht, daß er mir zu sagen hat, wie ich es tun soll. Es gibt eben doch einen Aspekt, wo Wirtschaft, Staat und Kultur voneinander abhängig sind. Jeder dieser Bereiche leidet nämlich darunter, wenn aus den beiden anderen Bereichen zu wenig oder gar nichts mehr kommt. Wie jeder Bereich zu seinen Ergebnissen kommt, bleibt troztdem seine Sache. Er soll selber entscheiden, welche Mittel er dafür einsetzt. Da kann er nicht die beiden anderen Bereiche zum Vorbild nehmen und noch weniger sich von ihnen etwas vorschreiben lassen. Es würde sonst nicht nur auf seine Kosten, sondern sogar auch auf Kosten der anderen Bereiche gehen. Dieser zweite Aspekt ist gemeint, wenn von Selbstverwaltung und Unabhängigkeit die Rede ist. Es schließt aus, daß ein Bereich zur Zentrale wird und die beiden anderen Bereiche lenkt .

Bei Steiner gehören diese beiden Aspekte zum Organischen: Die gegenseitige Abhängigkeit bei den Ergebnissen und die Unabhängigkeit bei den Mitteln. Es sind diese beiden Aspekte, die er 1919 beim Sozialen hervorheben will (vgl. Steiner GA 23, 46-49; GA 192, 47-48), nachdem er sie ab 1917 im menschlichen Organismus aufgezeigt hat (vgl. Steiner GA 21, 150-163).

Nation und soziale Ideale

Selbstverwaltung führt also nicht nur dazu, daß Staat, Wirtschaft und Kultur selbst ihre äußeren Grenzen setzen, sondern hängt auch damit zusammen, daß sie alle drei ganz andere innere Bedingungen brauchen, ganz andere Wege gehen müssen, um ihre eigenen Ziele zu erreichen.

Nimmt man diese Wege oder eigentlich Ideale für sich, ohne sie auf unterschiedliche Bereiche zu beziehen, so widersprechen sie sich. Bleibt man mit solchen sozialen Idealen zu allgemein, so fällt es daher besonders leicht, sie gegeneinander auszuspielen. Es ist auch tatsächlich gemacht worden, nachdem, von Frankreich ausgehend, die Ideale der Freiheit, Gleichheit und später auch Brüderlichkeit, der Menschheit vorgehalten worden sind.

Diese Kritik gilt zum Beispiel noch für die Ausführungen über Freiheit und Gleichheit im Abschnitt über Kulturnation und Staatsnation. Man könnte sie leicht abtun mit dem einfachen Hinweis darauf, daß Gleichheit ohne Verzicht auf Freiheit nicht zu erreichen ist. Damit kann man jedes soziale Ideal relativieren, wenn es nur verschwommen genug ist. Dies wird schon schwieriger, wenn ich spezifischer, «konkreter» werde und ab jetzt von kultureller Freiheit beziehungsweise von rechtlicher Gleichheit spreche. Hinzu kommt noch das dritte Ideal, das in dieser Arbeit bisher nicht einmal erwähnt worden ist, obwohl lang und breit von Wirtschaft die Rede gewesen ist: die wirtschaftliche Brüderlichkeit (vgl. Steiner GA 23, 70-72).

Natürlich heißt die Tatsache, daß diese Ideale sich in dieser Form nicht mehr selbst widersprechen, lange nicht, daß ihnen nicht mehr widersprochen werden kann. Es würde aber zu weit vom Thema abbringen, die Argumente, die für und gegen gerade diese Zuordnung der sozialen Ideale auf diese drei verschiedenen Lebensbereiche sprechen, gegeneinander abzuwiegen. Es soll daher nur noch um folgende Frage gehen:

Wie wirkt sich der für den Nationalismus charakteristische Versuch, wirtschaftliche, staatliche und kulturelle Grenzen zusammenzuhalten, auf die Verwirklichung einer kulturellen Freiheit, einer rechtlichen Gleichheit und einer wirtschaftlichen Brüderlichkeit aus?

Nationalismus: Einheit, Einheit und nochmal Einheit

Es gibt in Deutschland schon lange einen sehr interessanten Spruch: «Einheit oder Freiheit». Er deutet auf eine Gefahr des Nationalismus, die im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts zunehmend in Kauf genommen worden ist. Die deutsche Einheit wurde letztendlich der Freiheit vorgezogen: «Einheit statt Freiheit».

Aber welche Einheit eigentlich? Und welche Freiheit?

Es geht im Grunde um eine Einheit, die sich in drei Schritten ausgeweitet hat, nämlich (in der chronologischen Reihenfolge) auf die Kultur (insbesondere die Sprache), dann, jeweils von Preußen ausgehend, auf die Wirtschaft und zuletzt auf den Staat: Einheit, Einheit und nochmal Einheit. Die jeweiligen Grenzen dieser drei Bereiche sind 1871 mehr oder weniger zusammengefallen, so daß am besten von einer «Einheit der Grenzen» gesprochen werden müßte. So ganz perfekt war sie natürlich nicht, aber schon nicht schlecht.

Die geopferte Freiheit ist nicht nur die kulturelle Freiheit, sondern besonders die sogenannte politische Freiheit gewesen, also etwas, was im folgenden zum Teil zur rechtlichen Gleichheit, zur Demokratie im engeren Sinne zugeordnet wird. Daß noch andere Ideale unter der Einheit leiden konnten ist dagegen nicht so bemerkt worden.

Ist die Unvereinbarkeit der Einheit mit dieser Art von Freiheit aber nicht schon Geschichte? Kann sie ohne weiteres vom neunzehnten Jahrhundert auf die neueste politische Einigung Deutschlands übertragen werden? Kann sie sogar auf andere Länder übertragen werden? Vieles spricht dafür, daß der Spruch «Einheit oder Freiheit» trotz allem Anschein an Bedeutung nur gewonnen hat. Und doch soll hier mit einem anderen Spruch angefangen werden, den es noch nicht gegeben hat: «Einheit (der Grenzen) statt (wirtschaftliche) Brüderlichkeit». Einfach aus Respekt für dieses hier bisher vergessene Ideal.

Einheit der Grenzen statt wirtschaftliche Brüderlichkeit

Vom Nationalismus wird kaum ein Ideal mehr betont als die Solidarität, was eigentlich mehr oder weniger so viel heißt wie Brüderlichkeit. Es ist auch bei weitem nicht immer so, daß diese Brüderlichkeit vor den wirtschaftlichen Fragen Halt machen soll. Die Frage ist also berechtigt, ob das nationalistische Bestreben nach Einheit der Grenzen der wirtschaftlichen Brüderlichkeit unbedingt schadet.

Es geht aber bei den Nationalisten höchstens um eine wirtschaftliche Brüderlichkeit, die sich auf die von ihnen bestimmte Gruppe von Menschen, auf «ihre» Gruppe beschränkt. Ob diese Gruppe staatlich oder kulturell definiert wird, ist dabei egal. Diese Gruppe soll entweder die wirtschaftliche Autarkie anstreben, oder wenigstens den wirtschaftlichen Austausch mit dem Rest der Welt so handhaben, daß sie weniger gibt als sie bekommt. Höchstes Ziel ist die absolute Einbahnstraße.

Die Autarkie geht zwar zugunsten der Weltwirtschaft immer mehr zurück, diese Entwicklung wird aber durch die nationale Manipulierung des wirtschaftlichen Austauschs mehr als wettgemacht. Der Nationalismus verschwindet also nicht mit der Autarkie. Symptomatisch dafür: Man spricht immer von Volkswirtschaft im Gegensatz zur Betriebswirtschaft, als ob das Ganze der Wirtschaft nicht die Welt wäre. Damit zeigt sich nur, daß man es ablehnt, die wirtschaftliche Brüderlichkeit sich mit den wirtschaftlichen Grenzen ausweiten zu lassen. Man sträubt sich dagegen, die Menschheit als wirtschaftliche Einheit anzusehen.

Zur Erinnerung: der erste Ansatz würde darin überhaupt keinen Nationalismus und der zweite Ansatz nur einen unvermeidlichen Nationalismus sehen.

Es kann eingewendet werden, daß Dritte-Welt-Staaten zugrunde gehen würden, sobald sie nicht mehr versuchen würden wenigstens ihren Außenhandel zu ihrem Gunsten zu wenden. Es sei ungerecht bei ihnen von Nationalismus zu reden. Das eigentliche Problem sollte man nicht einmal beim Nationalismus der anderen wirtschaftlich stärkeren Staaten suchen, sondern bei den multinationalen Konzernen.

Auf die multinationalen Konzerne kann hier nicht eingegangen werden. Es dürfte dagegen klar sein, daß ein Nationalismus auch dann Nationalismus bleibt, wenn er im Kampf mit anderen Nationalismen unterliegt. Das gilt eben nicht nur für den deutschen Nationalsozialismus.

Vergleicht man sie mit der heutigen Ausbeutung fremder Länder, so kann man im nachhinein in der alten Autarkie die menschlichere Wirtschaftsform sehen: man arbeitet zwar nur für sich selbst, aber es ist immerhin besser als nicht zu arbeiten und andere Menschen für sich arbeiten zu lassen. Aus genau diesem Grund lobt Fichte die Autarkie in seinem «Geschlossenen Handelsstaat», natürlich auf seine Art, das heißt ohne irgendwelche Berufung auf die gute alte Zeit. Diese alte Zeit ist für ihn das christliche Europa als einheitliches Reich, das inzwischen vielen einzelnen Staaten Platz gemacht hat. Aus ihr soll die Gewohnheit der Europäer herstammen, miteinander Handel zu treiben, eine Gewohnheit, die sich durch Denkfaulheit erhalten hat, nachdem die staatliche Einheit verloren gegangen ist. Er, als wachsamer Denker, fordert, daß die wirtschaftlichen Grenzen sich endlich an die neuen staatlichen Grenzen anpassen. Nachdem die Staaten sich rechtlich geschlossen haben, sollen sie sich auch wirtschaftlich schliessen, «geschlossene Handelsstaaten» werden (vgl. Fichte 1800a, 113-118). Diese Forderung macht Fichte eindeutig zum Nationalisten, auch wenn seine Ablehnung jedweder wirtschaftlichen Ausbeutung das Gegenteil glauben lassen kann (vgl. 122-137).

Fichte sieht zwar selber ein, daß die absolute Autarkie unmöglich ist (vgl. 161). Seine Forderung sieht er daher als erfüllt an, wenn das notwendige Minimum an Außenhandel vom Staat direkt übernommen wird. Für die Frage nach dem Nationalismus ändert es daher nichts: Wirtschaftsgrenzen und Staatsgrenzen sollen trotzdem möglichst zusammenfallen und da wo es gar nicht geht, die Staatsgrenzen wenigstens zu Verwaltungsgrenzen der Wirtschaft werden.

Orientieren sich die Staatsgrenzen und Kulturgrenzen nach den Wirtschaftsgrenzen statt wie hier umgekehrt, so handelt es sich auch um Nationalismus. Nur daß er sich dann nicht mehr unbedingt gegen eine weltweite wirtschaftliche Brüderlichkeit richtet. Negative Folgen hat ein solcher Nationalismus eher auf die zwei anderen sozialen Ideale.

Einheit der Grenzen statt rechtliche Gleichheit

Es kann natürlich alles zum Gegenstand des Rechtes und damit der rechtlichen Gleichheit werden. Bei einer sozialen Dreigliederung soll das Recht dagegen auf das beschränkt werden, was weder wirtschaftlichen noch kulturellen Charakter hat. In diesem Restgebiet sollen Entscheidungen demokratisch getroffen werden. Es ist nur schwierig, die Demokratie zur Selbstbeschränkung zu bewegen. Es ist schon viel leichter, eine Mehrheit dafür zu gewinnen, daß «Einheit der Grenzen» herrschen soll. Diese Überzeugung ist auch keine Eintagsfliege, sie ist vielmehr ein von diesen «plébiscites de tous les jours». Es soll eben das zusammenwachsen, was zusammengehört. Wer dann immer noch behauptet, daß Nationalismus sich nicht gut mit Demokratie im Sinne von rechtlicher Gleichheit verträgt, der muß schon einiges tun, um es zu begründen.

Eine erste Unverträglichkeit gibt es mit dem Kulturnationalismus, wie er oben definiert worden ist. Im Namen kultureller Unterschiede werden dann Menschen zu Fremden abgestempelt und diskriminiert, obwohl sie auch in dem betreffenden Land leben wollen oder schon leben. Sie werden zum Beispiel vom Eigentumsrecht, vom Staatsdienst, vom Wahlrecht oder von der Staatsbürgerschaft ausgeschlossen. Hier setzen sich kulturelle Grenzen auf Kosten der Staatsgrenzen durch, aber auf Kosten der Demokratie. Daneben gibt es natürlich auch das von Renan beliebte Beispiel: Im Namen einer kulturellen Gemeinsamkeit werden die Elsäßer zu deutschen Inländern gemacht, obwohl die Mehrheit von ihnen es gar nicht will (vgl. Renan 1887, 719-720).

Obwohl Fichte so gern als Vertreter der Kulturnation angesehen wird, ist dieser demokratiefeindliche Kulturnationalismus bei ihm nicht zu finden. Dies ist auch der ursprüngliche Anlaß für diese Arbeit gewesen. Was sonst noch alles daraus hervorgegangen ist, nämlich die beiden anderen Formen des Nationalismus bei Fichte und möglicherweise Ansätze des Kulturnationalismus (im oben beschriebenen Sinne ) bei Herder, war für mich eher unerwartet. Was Herder anbelangt, so darf man nur nicht vergessen, daß bei ihm die verdächtige Stelle sich gegen eine Erweiterung der Staatsgrenzen über die kulturellen Grenzen hinaus durch Eroberung richtet (siehe oben). Ich habe keine Stelle gefunden, wo er Eroberungen durch eine kulturelle Gemeinsamkeit legitimiert. Auch keine Stelle, wo er kulturell Fremde von der Staatsbürgerschaft auschließen will, obwohl sie, aus welchem Grund auch immer, auf dem Staatsgebiet leben.

Eine zweite Unverträglichkeit gibt es zwischen der Demokratie und dem Wirtschaftsnationalismus, wie er oben (siehe oben) definiert worden ist. Die Suche nach wirtschaftlichen Grenzen gerät von selbst ins Uferlose, da erst die Welt als Ganzes die beste Zusammenstellung der Ressourcen bietet. Sie wird daher öfter Imperialismus als Nationalismus genannt. Die Bezeichnung als Imperialismus macht natürlich auch Sinn: sie deutet auf den Drang zur Vergrößerung, eine Konstante bei dieser besonderen Form des Nationalismus. Dieser Drang ist es auch, der den wirtschaftlichen Nationalismus in seiner Erscheinungsform so mannigfaltig macht: er kann, je nach der konkreten Situation, sich auch auf den Staatsnationalismus oder auf den Kulturnationalismus berufen, wenn sich nur damit eine Vergrößerung des eigenen Territoriums erwirken läßt. Hier kann dem zweiten Ansatz nur Recht gegeben werden.

Der Wirtschaftsnationalismus wendet sich gegen die Demokratie, wenn zum Beispiel eine solche Vergrößerung von der Mehrheit der annektierten Bevölkerung abgelehnt wird. Dafür ist ziemlich charakteristisch, wie Länder der Dritten-Welt auch von ihren «demokratischen» Eroberern fast systematisch für «unreif für die Demokratie» gehalten worden sind. Man könnte einwenden, daß er sich wenigstens mit der Demokratie der Eroberer mehr als weniger verträgt. Die Mehrheit der erobernden Bevölkerung hat meistens nichts gegen die Eroberung einzuwenden, ganz im Gegenteil. Fällt es ihr aber ein, gegen bestimmte (unmenschliche oder unfaire) Mittel zu dieser Vergrößerung zu sein, dann kann ihre eigene Demokratie darunter leiden: die Außenpolitik wird zum Teil der parlamentarischen Kontrolle entzogen und es wird dafür gesorgt, daß die Öffentlichkeit über die fragwürdigen Mittel nichts erfährt oder eben erst dann, wenn es schon zu spät ist.

Dieser Wirtschaftsnationalismus findet sich schon bei Fichte. Der Geschlossene Handelstaat soll in einer ersten Phase seine «natürlichen» Grenzen suchen, um sich dann feierlich darauf zu verpflichten, keine Eroberungskriege mehr zu führen. Mit den natürlichen Grenzen sind die wirtschaftlichen Grenzen gemeint (vgl. 130+140-143). Da hilft aber die Feierlichkeit überhaupt nichts. Solange sein Geschlossener Handelstaat nicht die ganze Welt erobert hat, wird er sich auf Kosten anderer ausweiten müssen.

Gerade daran kann man sehen, wie der Geschlossene Handelstaat keine Alternative zum Nationalismus darstellt, im Gegenteil, er vereinigt alle Nachteile des Nationalismus. Wie er sich auch noch gegen die kulturelle Freiheit wenden kann, muß aber erst noch gezeigt werden.

Einheit der Grenzen statt kulturelle Freiheit

Ähnlich wie im Recht, so hat man auch in der Kultur einen Begriff, der sehr weit gefaßt werden kann. Steiner spricht nicht von kultureller Freiheit, sondern von geistiger Freiheit. Wenn hier doch «kulturelle Freiheit» steht, dann aus zwei Gründen. Erstens wird unter geistiger Freiheit sehr leicht nur Gedankenfreiheit verstanden. Dann gilt der Spott von Herder über die von Kant so gepriesene «preußische Freiheit»: Diese wunderbare «Freiheit zu denken, (die) immer Sklaverei zu handeln» ist (vgl. Herder 1774a, 106). «Jedes Rad bleibt aus Furcht oder Gewohnheit oder Üppigkeit und Philosophie an der Stelle, und was ist nun so manche große philosophisch-regierte Herde, als ein zusammengezwungner Haufe - Vieh und Holz! Sie denken! man breitet Denken vielleicht unter sie aus - bis auf einen Punkt: damit sie sich von Tage zu Tage mehr als Maschine fühlen, aber nach gegebenen Vorurteilen fühlen, knirschen lernen und fortmüssen - sie knirschen - ei doch, sie können nichts als knirschen: und laben sich mit Freidenken (vgl. Herder 1774a, 63)». Bei Steiner ist es selbstverständlich, daß das, was er (menschlichen) Geist nennt, sich nicht nur im Denken, sondern auch im restlichen Handeln der Menschen verwirklichen soll. Aber die meisten lassen doch lieber den Geist in der Geisterwelt verfaulen. «Kulturelle Freiheit» macht hingegen deutlich, daß es auch um Handlungsfreiheit gehen soll. Zweitens wird hier vornehmlich das Beispiel der für die kulturelle Entwicklung notwendigen Sprachenfreiheit aufgegriffen. Dafür reicht die Bezeichnung «kulturelle Freiheit» völlig aus. Die Gedankenfreiheit bei Fichte und Herder habe ich schon oben behandelt.

Aus dem Abschnitt über die Subjektivität der Kulturnation ist es schon klar geworden, daß Fichte in seinen «Reden an die deutsche Nation» die deutsche kulturelle (das heißt sprachliche) Einheit nicht in eine gesamtdeutsche staatliche Einheit ummünzen will. Dieser Einfall ist seinen späteren Kommentatoren vorbehalten geblieben. Bei Fichte kann aber wirklich nicht von Kulturnationalismus gesprochen werden. Es konnte hingegen gezeigt werden, daß er die beiden anderen Formen des Nationalismus vertritt, nämlich den Staatsnationalismus und den Wirtschaftsnationalismus. Es überrascht daher nicht, wenn er in den «Reden an die deutsche Nation» dem Staat das Recht zuerkannt, seinen Bürgern eine bestimmte Sprache aufzuzwingen (vgl. Fichte 1808, 451-454). Nimmt man seinen «Geschlossenen Handelstaat» hinzu, so stehen nicht nur die Staatsgrenzen, sondern sogar die natürlichen, also wirtschaftlichen Grenzen über die Sprachgrenzen (vgl. Fichte 1800a, 140). Gegen eine solche kulturelle Assimilation hat er überhaupt nichts einzuwenden. Er ist daher ehrlich genug, um Napoleon das Recht zuzugestehen, in Deutschland die französische Sprache durchzusetzen, wenn er nur weiter Herr über die deutschen Staaten bleibt. Es fragt sich nur, was seine ganze Polemik gegen den napoleonischen mechanistischen Staat nützt, wenn sein deutscher organischer Idealstaat bezüglich der Sprache genauso wenig freiheitlich ist. Dies wird noch dadurch verschlimmert, daß sein deutscher Staat noch stärker als der napoleonische Staat die Erziehung seiner Bürger in die Hand nehmen soll (vgl. Fichte 1808, 398+428-437) und dadurch den Gebrauch einer bestimmten Sprache noch massiver bevorzugen kann.

Man wird hier an die frühere Forderung von Fichte erinnert, allen Juden die Köpfe abzuschneiden und andere aufzusetzen (vgl. Fichte 1793, 175-176). Dabei braucht man wirklich nicht an die Guillotine der Französischen Revolution zu denken , sondern nur sich an die Art zu erinnern, wie er Kinder von ihren Eltern trennen will, um sie einer staatlichen Zwangserziehung auszuliefern, die sie zu einem völlig neuen Menschengeschlecht machen soll (vgl. Fichte 1808, 406-407). Napoleon hat bei den Juden eigentlich genau dasselbe Ziel verfolgt wie Fichte, ihnen aber in seiner rein militärischen Art 1807 einfach befohlen, sich schleunigst zu assimilieren (vgl. Geiss 1988, 186-187), ohne auf die Wirkung irgendwelcher Umerziehung warten zu wollen.

In den Abschnitten über Staatsnation und Kulturnation wurde von mir kritisiert, daß Meinecke das Ziel des Fortschrittes nicht in die Entwicklung der Subjektivität und Freiheit beim Einzelmenschen, sondern bei Menschengruppen sieht. Will man eine kulturelle Freiheit verwirklichen, wie es hier am Beispiel der Sprachenfreiheit gefordert wird, dann fragt sich, ob es nicht genauso dazuführt, Freiheit für Menschengruppen, nämlich für Sprachgruppen, einzufordern. Dafür gibt es schlagende Argumente: Sprechen tut kein Mensch allein und wenn es ihm doch einfällt, dann wird er nicht frei gelassen, sondern gleich als Verrückter eingesperrt. Daraus kann leicht gefolgert werden, daß die Rechte sprachlicher Minderheiten keine Individualrechte, sondern nur Gruppenrechte sein können.

Man braucht sich aber nicht geschlagen zu geben. Solche Gruppenrechte sind keine Freiheitsrechte, sondern Rechte, die alle Menschen innerhalb einer Gruppe tendenziell gleich machen. Hält man sich konsequent an die kulturelle Freiheit des Einzelmenschen, so wird es jedem möglich, seine Sprachkombination selber zu wählen und Brücken zwischen Sprachen zu schlagen, die sonst innerhalb geschlossener Gruppen verkommen. Der Einzelne kann dann durch die Individualisierung und zugleich Erweiterung der eigenen kulturellen Subjektivität die kulturelle Subjektivität, den Wahn der bisherigen Sprachgruppen überwinden. Tauscht man damit nicht einfach eine Subjektivität gegen eine andere Subjektivität? Zunächst ja, aber diese andere Subjektivität schlägt leichter in Objektivität um als die Gruppensubjektivität. Einer ist ein Mensch, viele sind Viecher.

Dies führt uns zum zweiten Ansatz mit seinem Versuch der Objektivität. Die wissenschaftliche Überwindung der Subjektivität beschränkt sich nämlich nicht darauf, die zumeist wirtschaftlichen Hintergründe des Nationalismus aufzudecken und seine Berufung auf kulturelle oder staatliche Werte für eine Illusion zu halten. Sie macht auch nötig, die kulturelle Subjektivität der einzelnen Sprachgruppen zu überwinden, sich hier zur individuellen Freiheit durchzuringen (vgl Steiner GA 173, 303-305). Das macht: Wer nach den optimalen kulturellen Grenzen sucht, findet zuletzt das Individuum, das heißt, sich selbst.

Was haben Fichte und Herder gefunden?

Fichte mit seiner deutschen (germanischen) Ursprache plädiert nicht für eine Isolierung vom Ausland (dem romanischen Frankreich). Er geht sogar so weit, Deutschland so zu beschreiben wie ein Weib, das der Befruchtung durch das Ausland bedarf (vgl. Fichte 1808, 337-343). Überheblich wird er aber doch, wenn er behauptet, daß alles ins Deutsche, aber umgekehrt nicht alles Deutsche zu übersetzen ist (vgl. Fichte 1808, 326). Denkt man es zu Ende, dann heißt es, daß die Deutschen, einige Dienstübersetzer ausgenommen, Fremdsprachen gar nicht mehr lernen brauchen. Hier steckt Fichte noch zu stark in seiner Gruppe. Andererseits weist seine ständige Betonung des Individuums schon in die gute Richtung.

Herder wird oft schon allein deswegen zu den Nationalisten gerechnet, weil er versucht hat, die verschiedenen Menschengruppen zu charakterisieren. Man vergißt dabei, mit welcher Vorsicht er vorgegangen ist: Wenn ihm die verschiedenen Nationen wie Apfel und Traube sind, so ist ihm doch auch jede Nation ein «großer ungejäteter Garten voll Kraut und Unkraut (vgl. Herder 1794, 211-213)».

Seine Lobreden auf die Slawen haben trotzdem manche Slawen dazu veranlaßt, überheblich zu werden. Ihm selbst geht es aber eher darum, den Nur-Deutschen zu zeigen, was sie noch von anderen Völkern lernen könnten: In Zukunft die Landwirtschaft, Wissenschaft und Künste nicht mehr zugunsten des Militärischen zu vernachlässigen (vgl. Herder 1791, 273-274+277). Ihm geht es wenigstens auf keinen Fall darum, den Slawen zu zeigen, daß sie den kriegerischen Geist der Deutschen nachahmen sollen.

Vielleicht irrt Herder, wenn er nach Nationalcharakteren, nach Wiederholungen und Lieblingsgängen der Phantasie und Themen bei Nationen sucht (vgl. Herder 1796, 56-59). Aber man nehme einmal an, es gebe sie. Dann fragt sich, wie man sich anders vor dem völligen Aufgehen in der eigenen Gruppe retten kann, als dadurch, daß man sich zuallererst bewußt wird, was sie mit einem tut. Wie soll man es sonst schaffen, selber aus sich selbst etwas zu machen, und auch das wahrzunehmen, was andere Gruppen einem bringen können? Wer die These von Herder ungeprüft ablehnt, läuft die Gefahr sich selbst Allgemein-Menschlichkeit zu bescheinigen, um sich die Überwindung seiner nationalen Einseitigkeiten zu ersparen.

Das Interesse von Herder für andere Menschengruppen ist geradezu verblüffend, so daß er einer der besten Beispiele dafür ist, wie das Individuum, wenn es anfängt, freier zu werden, kulturell nicht kleiner, sondern größer als jede Gruppe wird.

Von Überheblichkeit eines Deutschen kann bei Herder auch nicht die Rede sein. Er meint zwar, daß die deutsche Sprache fremde Idiome besser nachbilden kann als Töchtersprachen des Lateinischen, das sagt er aber auch von den slawischen Sprachen. Und diese Beweglichkeit hat für ihn noch eine andere Folge, die auf das Individuum als die eigentliche kulturelle Grenze deutet. Solche bewegliche Sprachen werden bei jedem eigentümlichen Geist eine neue Sprache (vgl. Herder 1796, 114-115), eine individuelle Sprache, die andere Menschen nach Belieben übernehmen können oder nicht. Den Neulateinern zum Trost: Ansätze dazu gibt es bei allen Sprachen (vgl. Herder 1770, 101-106).

Schlußbetrachtung und Ausblick

Die Untersuchung des Werkes von Fichte und Herder hat vor allem bei Fichte den oft erhobenen Nationalismusvorwurf bestätigt. Sie ist aber nicht deswegen überflüssig gewesen: Wichtiger als dieses äußere Ergebnis sind die Gründe, die zu ihm geführt haben und diese unterscheiden sich erheblich von denen, die sonst angeführt werden. Bei Fichte geht es nicht, wie üblich angenommen, um Kulturnationalismus, sondern um Staatsnationalismus und Wirtschaftsnationalismus. Bei Herder geht es möglicherweise um Kulturnationalismus, aber nicht mit dem Ziel einer territorialen Extension. Die meisten Kritiken, die vom dritten Forschungsansatz her an Fichte oder Herder gerichtet werden, könnten auch an die meisten ihrer Kritiker gerichtet werden.

Eigentlich müßte noch untersucht werden, ob der spätere deutsche Nationalismus wirklich eine Weiterführung dieser beiden Autoren darstellt. Mir scheint aber, daß diese Arbeit eine Grundlage sein kann, um die Unterschiede deutlicher herauszuarbeiten.

Wer auf diese Art die historische Kontinuität in der deutschen Geschichte bestreitet, muß schon angeben können, wie er sich ihren Tiefpunkt erklärt. Warum hat der Nationalismus in Deutschland so extreme Formen angenommen? Dazu eine Anregung, die vom dritten Ansatz her gedacht ist:

Gerade in Deutschland und seinen Nachbarländern haben kulturelle, staatliche und wirtschaftliche Grenzen besonders die Tendenz gehabt, auseinanderzuklaffen. Sie haben es immer noch, unbeachtet der Massendeportationen nach dem Zweiten Weltkrieg. Wer auf diese Tendenz nicht eingehen will, wer so stark in seiner Ideologie steckt, daß er trotzdem auf einheitliche, sozusagen «allgemeingültige» Grenzen besteht, kann sein wirklichkeitsfremdes Ziel nicht anders erreichen, als durch die Anwendung extremster Gewalt.

Literaturverzeichnis

Im laufenden Text habe ich besser gefunden, das «Ursprungsjahr» anzugeben. Die «Briefe zur Förderung der Humanität» von Herder treten daher in diesem Literaturverzeichnis mehrmals auf, da sie über mehrere Jahre geschrieben worden sind. Es war schon wichtig, weil man bei Herder und Fichte Schaffensphasen unterscheidet. Fichte soll mit der Zeit nationalistischer, Herder weniger nationalistisch geworden sein.

Bei Steiner habe ich eine Ausnahme gemacht. Im Text steht die Bandnummer der Gesamtausgabe, das «Ursprungsjahr» findet sich erst in diesem Literaturverzeichnis. Der Grund ist einfach: es geht vor allem um Vorträge aus der Revolutionszeit nach dem Ersten Weltkrieg. Vom «Ursprungsjahr» her sind sie voneinander kaum zu unterscheiden. Die Bandnummer macht es auch leichter, die Stellen nachzuprüfen.

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Sylvain Coiplet