Körper außen, Seele innen, Geist beides zugleich

Quelle: GA 054, S. 069-071, 2. Ausgabe 1983, 19.10.1905, Berlin

Körper, Seele und Geist sind die drei Glieder der menschlichen Wesenheit. Der Mensch ist zunächst ein leibliches, körperliches Wesen. In seinem Inneren lebt und entwickelt sich das seelische Dasein.

Und in diesem wiederum spiegelt sich und lebt auf als ein Drittes der Geist der ganzen Welt, soweit ihn der Mensch erfassen kann. Von außen in das Innere und von innen wieder hinaus, das ist der Weg, den der Mensch vom Körper durch die Seele zum Geist macht. Was gibt uns nun überhaupt die Möglichkeit, ein solches seelisches Dasein zu haben? Die Möglichkeit verdanken wir der Tatsache, daß wir in der Seele leben können. Wir leben in Lust und Leid, in Schmerz und Freude, wenn wir es zunächst auch noch nicht äußerlich wahrnehmen. Wir leben auch in unserem Körper, aber den nehmen wir auch von außen wahr. Es ist ein Unterschied zwischen diesen zwei Gebieten des Daseins. In der geisteswissenschaftlichen Weltanschauung nennt man dasjenige, was man so um sich herum hat, wie man zunächst das äußere Körperliche um sich herum hat: Dasein völliger Bewußtheit. Unser Bewußtsein verbindet sich zunächst mit dem körperlichen Dasein. Dieses Bewußtsein lebt so nur auf dem physischen Plan und den physischen Plan nennen wir das, was sich um uns herum für die Sinne ausbreitet. Etwas anderes ist das, was in unserer Seele lebt. Das nennt man Leben, und dieses Leben nennt man ein Dasein auf dem sogenannten astralen Plan. Der physische Plan und der astrale Plan sind die beiden Gebiete, in denen der Mensch lebt. Auf dem physischen Plan ist sich der Mensch bewußt, auf dem astralen Plane lebt er nur. Da bildet er sich die Dinge, die außer ihm sind, noch nicht bewußt. Aber er lebt im Seelischen oder Astralen.

Die dritte Art des Daseins ist das geistige Dasein. In ihm leben wir im allgemeinen als gegenwärtige Menschen noch nicht oder höchstens nur teilweise. Indem wir uns aber in den Geist hineinleben, verbindet sich dieser Geist selbst allmählich mit unserer Seele und wir könnten sagen, diese Seele breitet sich über die ganze Umwelt aus, sie wird immer größer und größer.

Wenn der Mensch die Außenwelt ergreift, den Sinn und den Geist der Außenwelt erfaßt, dann ist er nicht mehr bloß in seinem Inneren beschlossen, sondern dann schreitet er kühn aus sich selbst heraus und verbindet sich mit den Dingen um ihn her. Vergleichen Sie in dieser Beziehung das Tier mit dem Menschen. Das Tier lebt sozusagen ganz in der Seele. Es schafft sich nicht Begriffe von der Umwelt. Es erweitert seine Seele nicht über das Geistige der Welt. Dies ist auch der Unterschied des Menschen vom Tier. Das Tier lebt und webt sozusagen in seinem Inneren. Der Mensch aber tritt wieder aus seinem Inneren heraus. Wir könnten das auch mit den Worten benennen: Der Mensch entselbstet sich. Seele, Innenleben hat der Mensch immer. Dieses Innenleben ist da. Aber die Entwickelung des Menschen besteht darinnen, daß er dieses Innenleben ausdehnt über seine Umwelt, über dasjenige, was um ihn her ist, über den Geist, daß es ausfließt und ausströmt über die ganze Welt.