Geistesleben soll praktischste und geistigste Bedürfnisse befriedigen

Quelle: GA 330, S. 156, 2. Ausgabe 1983, 03.05.1919, Stuttgart

Unsere dem Leben fremden Gymnasien werden wir in einer zukünftigen sozialen Ordnung allerdings nicht mehr brauchen können. Ähnliches auch nicht. Dasjenige aber, was leben wird, das wird etwas sein, was geistige Stoßkraft hat, was die menschliche Seele zu tragen vermag in all ihren geistigsten Bedürfnissen für das Leben. Gerade wenn man das ausbildet, was heute noch so viele Menschen als ein fernliegendes Geistesleben ansehen, dann kommt man dazu, jenen Weg zu finden, der nicht gefunden werden kann von unserer an den Staat geschmiedeten Erziehung, jenen Weg, der den Menschen als ganzen Menschen ausbildet, der den Menschen so ausbildet, daß irgendeine Geisteskultur nicht mehr möglich sein wird, ohne zugleich eine Geschicklichkeit für praktische Dinge zu sein, eine Möglichkeit, in praktische Dinge hineinzuschauen. Der Materialismus der neueren Zeit hat die Menschen unpraktisch gemacht. Ein wahres Geistesleben, das nicht Staatsknechtsleben auf dem Gebiete des Geistes sein wird, das wird die Menschen wieder praktisch machen, das wird nicht auf dem Gebiete der höchsten Kultur Menschen erzeugen, die glauben, Weltanschauungen zu haben, aber die nicht wissen, was eine Bank, was Kredit, was Hypotheken und so weiter sind, und wie diese im wirtschaftlichen Leben wirken.