Bericht aus dem Fairventure-Kongress 2012

01.06.2012

Fairventure-Kongress am 7. & 8. Juni 2012 in der Leipziger Waldorfschule
Ein subjektiver Eindruck durch Stefan Böhme

Angesichts der nicht nur europäischen Staatsschuldenkrise einerseits und dem schreiend immer ungerechteren Auseinanderdriften der Gesellschaftsschichten in wenige oft unverdient reiche und immer mehr verarmte Menschen zum Schaden der Realwirtschaft, liegt die Frage nach einer anderen, einer gesunden Geld- und Wirtschaftsordnung auf der Hand. Denn bekannterweise generiert u.a. die automatische Geldvermehrung durch den Zinseszins mechanisch Prozesse in der Gesellschaft und in der Verfassung der Individuen, deren zerstörerische Potenz kaum Herr zu werden ist, solange man nicht erkenntnismäßig an die Wurzel des Übels zu gehen gewillt ist.

Für viele, die meinen die Dinge ausreichend durchschaut zu haben, drängt es, endlich «praktisch» tätig zu werden. Ihre Antwort lautet oft: Lass unser Geld nach unseren eigenen Regeln selbst machen. Vor 10 Jahren startete ein Waldorflehrer mit seinen Schülern z.B. den Chiemgauer, der sich mittlerweile zur größten Regionalwährung Europas entwickelt haben soll. Um die vielen Initiativen, die in diesem Sinne besonders im deutschsprachigen Raum ins Gespräch zu bringen, aber auch Bürger über die Möglichkeit eines anderen Umgangs mit Geld überhaupt zu informieren und nicht zuletzt nach Möglichkeit eine Bewegung loszutreten initiierten Peter Krause, Leander Bindewald und Jens Martignoni von der Coinstatt-Akademie den Fairventure-Kongress in Leipzig. Die Zeit scheint reif, wenn nicht jetzt wann dann? Um sich ein Bild zu machen, kann man sich den Einführungsvortrag von Peter Krause hier anhören. Wer zudem einen Überblick über alle aktiven Teilnehmer mit Bildern und kurzen Charakterisierungen haben möchte, sei an dieser Stelle auf den sorgfältig zusammengestellten Bericht von Veronika Spielbichler, Unterguggenberger Institut Wörgl, hingewiesen.

Alle mit dem Thema befassten waren selbstverständlich unabhängig von ihren unterschiedlichen Zugängen zum Thema eingeladen und so war der Aspekt der sozialen Dreigliederung, vertreten durch Andreas Schurack und erstmals auch durch Clara Steinkellner und mich, nur einer unter vielen. Das erste Mal war auch der von Elisabeth Weber in über zweimonatiger Arbeit entworfene, finanzierte und gebaute Stand, der mehr einem Kunstobjekt gleicht, dabei. Mit letzter Kraftanstrengung war er erst wenige Tage zuvor fertig gestellt worden, bevor Elisabeth für dreieinhalb Monate auf die schweizerische Alm verschwand, um sich für die ehrenamtliche Arbeit im Institut für Dreigliederung für den Rest des Jahres die finanzielle Grundlage zu erarbeiten. Dieser Stand, eine angedeutet spiralförmige, wie vom Wind verdrehte Gitterwand mit einem davor gespannten weißen Segel, war wirklich ein Eyecatcher. Eine große Hilfe und Freude so etwas dabei haben zu dürfen. Der schönste Stand von allen, meinte Johannes Stüttgen.

Wir hatten uns des Morgens also mit guter Laune von Berlin aus aufgemacht und im Auto bestand ein Großteil des Gespräches im besseren Kennenlernen. Claras Fragen an Andreas und seine offenen Antworten waren Ausdruck des gegenseitigen menschlichen Interesses. Es deutet sich überhaupt mit der gemeinsamen Fahrt auch die zunehmende Zusammenarbeit der Freien Bildungsstiftung mit dem Institut an.

Angekommen, nahmen wir motiviert unsren Platz im zweiten Stockwerk neben der GLS Bank in Beschlag und bauten unseren großzügigen Stand gemütlich als kleines Café auf. Beim Hochtragen der Sachen kamen wir ganz schön ins Schwitzen, doch wir sollten belohnt werden. Denn schon bald konnten wir einige Teilnehmer durch ein Hinweisschild auf einen Gratiskaffee nach oben locken, weil Andreas schlau einen Automaten mitgenommen hatte.

Ich bekam das Gefühl, dass nicht ganz so viele Teilnehmer zum Kongress gekommen waren, wie man möglicherweise avisiert hatte. Ein Eintrittspreis von € 160,- für nicht mal zwei Tage ist ein ganz schöner Batzen. Das war sicherlich ein Grund, warum auch nicht sehr viele Leipziger bei den vielleicht 300 (?) Teilnehmern dabei waren. So notwendig und richtig ich es finde, dass Vortragsredner leben können müssen und dass wir eine Wertschätzung gegenüber den -manchmal- in jahrelanger geistiger Lebensarbeit hervor gebrachten Erkenntnissen entwickeln dürfen, hatte ich doch meine Fragen, ob es so im Sinne einer breiten volkspädagogischen Arbeit gehen kann. Ich bleibe unentschlossen, wie man es anders, besser machen könnte. Die Forderung Magret Kennedys, die Arbeit z.B. für Alternativwährungen mit Steuergeldern zu bezahlen, weil wegen Überlastung vieler Ehrenamtlicher, sogar Beziehungen zerbrächen, teile ich jedenfalls absolut nicht. Sie ist zu kurz gegriffen, verbleibt im üblichen abstrakt-staatlichen Denken und verhindert die Frage nach dem Aufbau eigener zivilgesellschaftlicher Organe zur Finanzierung geistiger und administrativer Leistungen, in einer Art, dass individuelle Anerkennung und daraus folgend Zuweisungen möglich bleiben. Auch war, offen gestanden, nicht jeder Vortrag ein Genuss. Fast jeder benutzte PowerPoint Visualisierungen auf einer riesengroßen Leinwand. Scheinbar waren viele der Meinung, damit besonders «weltmännisch» auftreten zu können. Wer von den «Profis» hat noch die Kraft, dem gesprochenen Wort allein zu trauen? Mich lenken diese plakativen Projektionen eher ab. Wenn es dann hinterher wenigstens noch die Möglichkeit gegeben hätte, Fragen zu stellen oder Anmerkungen zum Vorgetragenen zu machen. Doch diese Form der Aussprache nach den Vorträgen war nicht eingeplant.

Allerdings gab es im Laufe der Tagung eine reiche Anzahl von Arbeitsgruppen, in denen in kleinerer Runde der Austausch dann gepflegt werden konnte. Die Planer hatten aber die Teilnahme reglementiert durch eine Art Demokratisierung: Pro Gruppe durften nicht mehr als 10 Interessenten sich anmelden. Doch lag in diesen Arbeitsgruppen m.E. die Stärke des Ganzen und generierte aus diesen Zellen die doch überall zu spürende Gesprächsoffenheit und allgemeine Interesse. Clara Steinkellner und ich nahmen das Angebot von Dr. Richard Everett von der GLS Treuhand an, einem sympathischen US-amerikanischen Germanisten, der in perfektem Deutsch die Einleitung zu seinem, wie sich herausstellte, sehr dankbaren Thema gab: Wie kann durch eine neue Schenkkultur das gesellschaftliche Klima verändert werden? Von hier ausgehendend konnten sowohl sozial-psychologische, wie gesellschaftlich-strukturelle Aspekte angesprochen werden. Besonders erfreulich war z.B. das Gespräch mit Dr. Spehl, der sein Leben lang die Studenten mit der «herrschenden Lehre» der Volkswirtschaft traktiert hatte. Er war dann selbst immer weniger von dem überzeugt, was er da lehrte. Irgendwann lernte er dann die Ideen der sozialen Dreigliederung kennen. Heute arbeitet er am Institut für Sozialforschung bei Christoph Strawe mit. Unsere Differenz bestand in der Frage, wie denn nun zum Beispiel Universitäten zu finanzieren seien und er gab seiner Überzeugung Ausdruck, dass realistischerweise mit Schenkungen allein kein laufender Betrieb zu gewährleisten sei und, -es täte ihm leid-, da sehe er keine andere Möglichkeit, dass eben doch wieder das Gemeinwesen in Form des staatlichen Steuertopfes zur Verfügung stehen müsste. Ich machte ihn auf die, wie mir scheint, selten ins Auge gefasste -zweifache- Gefahr, die einem produktiven und freien Geistesleben entgegen steht, aufmerksam. Allzu oft, wenn auch voll berechtigt, werden die Beschränkungen der Freiheit entweder durch staatlich-administrative Anordnungen oder im Falle nichtstaatlicher Finanzierung durch mögliche Forderungen von Sponsoren oder Mäzene diskutiert. Dabei fällt aber nicht selten das durch abstrakte Finanzierung gegenteilige Problem einer entstehenden Elfenbeinturm-Wissenschaft durch das bewusstseinsmäßige Raster, was bei immer noch gut ausgestatteten Universitäten im Verhältnis zu zivilgesellschaftlichen Bemühungen, zu einer unzureichenden und kritischen Auseinandersetzung mit den «Gegebenheiten» und daraus folgend mangelnden gesellschaftlichen Innovationskraft führt. Es tritt dann eben z.B. das Phänomen einer «herrschenden Lehre» auf, gegen die aufzutreten die Karriere kosten kann.

Es war ein aufmerksamer und vom Willen, den Gedanken des Gegenübers wirklich zu erfassen, getragener Dialog, der in dem, wie mir schien, etwas schmerzlichen Ausspruch meines Gegenübers mündete, warum man denn nicht mehr zusammenarbeite. Mich schmerzte es auch, weil ich nicht wusste, wie ich einer solchen Anfrage verantwortungsvoll gerecht werden könnte, wenngleich ich darauf hinweisen konnte, dass wir ja immerhin einmal Christoph Strawe zu einem sozialwissenschaftlichen Forum eingeladen hatten. Aber es im Sinne menschlicher Begegnung ein schönes Moment im Ganzen.

Am zweiten Tag hatte sich ein gewisser Strom aufgebaut, den auch wir am Stand durch Interessierte Ankömmlinge zu spüren bekamen. Uns beeindruckte besonders eine junge Frau, die nur wenige Tage nach ihrem Abitur sich auf den langen Weg zu der Tagung gemacht hatte. Da sage einer, es gäbe heute keinen Idealismus mehr! Dann war da die Begegnung mit Dan-Felix Müller, der mit ungehemmter Frische Projekte unter dem Namen Ideen3 (www.ideenhochdrei.org) organisiert hatte und weiter vorwärts treibt. Wir empfanden, dass wir den nicht aus den Augen verlieren dürfen. Aber selbstverständlich wurden auch mit «alten Hasen» Adressen ausgetauscht und Andreas verteilte gegen Spende fleißig die fast 200-seitigen Bände von Alexander Caspar: Das neue Geld, von denen ich mir in letzter Minute auch ein Exemplar sicherte, um begrifflich etwas sattelfester zu werden.

Am Nachmittag des zweiten Tages konnte dann jeder eine Arbeitsgruppe anbieten. Clara nutzte das und schrieb sich mit dem Thema «Freie Bildung in der globalisierten Welt und solidarische Ökonomie» auf den Plan. Vielleicht 10 Waldorfschüler der 10. und 11. Klasse erschienen. Zu der ökonomischen Frage kamen wir im Gespräch erst gar nicht, denn es ergab sich die seltsame Situation, dass ein 51-jähriger manchen Schüler von freier Bildung und der Abschaffung des Schulzwanges zu überzeugen suchte, von denen einige schließlich meinten, es bedürfe doch der Vorgaben und Kontrolle, weil der Mensch doch sonst zu faul ist um produktiv zu werden. Ein Schüler war allerdings deutlich anders: Er fiel mir angenehm durch seine jugendliche und dynamische Offenheit auf. Wir erfuhren dann, dass er ein Teil seiner Schulzeit in Australien verbracht hatte. Von der Dreigliederung des sozialen Organismus hatten die Schüler auf Nachfrage noch nie gehört. Worin, so fragt man sich betroffen, unterscheidet sich eigentlich noch in manchen Punkten die Waldorfwelt von dem ganz normalen Wahnsinn? Es war noch ein anderer Erwachsener gekommen, der uns dann hinterher davon berichtete, dass er mit Freunden in Österreich gerade eine freie Schule gründet. Sie wollen aber eine Schule für alle sein, obwohl es dort, im Gegensatz zu Deutschland, kaum staatliche Zuschüsse gibt. Und da viele der Gründer Unternehmer im wortwörtlichen sind und auch übertragenen Sinn zu sein scheinen, sind sie auf die Idee gekommen, einfach in der Wirtschaft im Umfeld der Schule rumzufragen einen Schulplatz zu finanzieren. Die Hälfte von den notwendigen 500 Euro, so das Angebot, könne anschließend von der Steuer wieder abgesetzt werden. Ich bezweifle, ob es in Deutschland aus einer einzigen Waldorfschule, statt ewiger Forderungen an «den Staat», mal zu so eine Initiative gekommen wäre. Fast wäre ich vor dem Mann auf die Knie gefallen, der ohne es zu wissen, an dieser Stelle mehr Dreigliederung im Blut hat, als all die Waldörfler, die ihre Wurzeln vergessen haben. Wir müssen uns schon bequemen zur wirklichen Gesinnung eines Menschen vorzudringen und uns nicht nur auf das Etikett zu verlassen, dass jemand auf der Stirn kleben hat.

Dann kam der Abschlussversammlung des Ganzen. Jetzt waren die Teilnehmer aufgerufen, ihre Schlüsse und Gefühle zu äußern. Es kamen in der großen Überzahl Gefühle über den Aufbruch, der jetzt allendhalben spürbar gewesen sei. Ich sank vor peinlichen Gefühlen immer tiefer in meinen Stuhl. Irgendwie war das an mir vorbei gegangen. Hatten sich die Sprechenden deshalb in eine Stimmung hinein manövriert, die den Boden der Nüchternheit verließ, weil sie ja schließlich auch ganz gut für die Tage bezahlt hatten und nun musste es ja auch etwas ganz Großes gewesen sein? Ich will damit wirklich nicht abfällig sein, aber ich kann mir das Phänomen einfach nicht anders erklären. Ich stehe vor einem Rätsel. Aber vielleicht bin ich ja nur zu dumpf?

Nun, diese «psychologische» Stimmung wurde zuvor an einer Stelle durch Dr. Hildegard Kurt immerhin noch gepuscht und vorzelebriert. In diesem, der ansonsten netten, Auflockerungsintermezzi wurden die Anwesenden aufgefordert, ihren womöglich wildfremden Sitznachbarn mit Milde und Wohlwollen so anzublicken, dass sein Potential in Erscheinung treten könne. Danach sollte dann über die Erlebnisse, die man dabei gehabt hätte, gesprochen werden. Ich empfand das als unzulässigen Übergriff in eine menschliche Intimität, auch wenn die Option angeboten wurde die Augen einfach nur zu schließen. Ich bezweifle sehr, dass man durch wie auch immer geartetes, und auch nur einige über einige Minuten dauerndes Anschauen, zu solch einem Ergebnis kommen kann. Bestenfalls kann man sich in einem Gespräch anfänglich begegnen. Und so mokierten meine Nachbarin und ich uns auch über das, was da von uns verlangt wurde, machten unsere Scherze und kamen darüber in ein Gespräch, dass noch andauerte, als die meisten den Raum schon verlassen hatten. So lernte ich Veronika Spielbichler aus Wörgl kennen, die, wie oben erwähnt den bebilderten Bericht von der Tagung verfasste. Sie war zur Freigeldszene aufgrund ihres Wohnortes gekommen und hatte sich mit anderen aufgemacht, die ganze Geschichte auch für den Tourismus am Ort zu erschließen. Das war dem Heimatmuseum noch nicht aufgegangen, dass auch ein gewissermaßen geistiges Ereignis Menschen anziehen könnte. Später besuchte sie uns am Stand und meinte, sie fände vieles bei Waldorf durchaus gut, aber mit dieser übergroßen Verehrung für Steiner könne sie nichts anfangen.

Sie hielt dann den vorletzten Beitrag, und hatte nach eignen Bekunden etwas Sorge, nicht zuviel von dem zu wiederholen, was Magret Kennedy zu verzinstem Geld schon vorgebracht hatte. Und da sie irgendetwas von der Demokratie gesagt hatte, in der wir leben würden, kassierte sie dann vielleicht den einzigen Publikumskommentar des Kongresses: Er kam von Johannes Stüttgen, der darauf aufmerksam machte, dass wir mitnichten in einer Demokratie, sondern in einer Parteiendiktatur leben. Dafür gab es Applaus. Aber dabei blieb es nicht. Denn dann folgte Johannes Heimrath mit dem letzten Vortrag, der in Teilen einer schauspielerischen Einlage glich und weil er mit starken Vorstellungsbildern arbeitete, natürlich ohne PowerPoint auskam. Wahrscheinlich deshalb habe ich interessanterweise von diesem Vortrag am meisten behalten können: Der Zustand der Welt sei ein unerträglicher. Täglich sterben 12000 Kinder. Gestern, heute und morgen und wieder und wieder und wieder. Gemäß seines Buches «Die Post-Kollaps-Gesellschaft» zeichnete er den Anwesenden dann krass das Bild einer zukünftigen Gesellschaft vors innere Auge, in der man genötigt sein werde, nach einem Zweitagesmarsch seine gelben Rüben in der nächsten Großstadt feilzubieten. Überhaupt: Wer von den Anwesenden ist eigentlich Bergmann und ist bereit unter Einsatz seiner Gesundheit Kobalt aus der Erde zu holen? Niemand? Und wer ist Seemann, um bei unerträglicher Hitze im Maschinenraum dieses Kobalt zu uns zu bringt? Wieder niemand? Ja, wie sollen wir denn die neue Gesellschaft aufbauen, damit wir wieder Computer, Handys und Digitalkameras benutzen wollten? Was müsse denn geschehen, damit man dazu bereit wäre, fragte Heimrath in die Runde. Na, auf jeden Fall käme es darauf an anzufangen und nicht, -und nun kommt ´s-, auf die Demokratie, ja auf die Demokratur zu warten. Er, wolle das jedenfalls nicht, sondern er sehe die Zukunft in den kleinen Einheiten, wo im Konsensprinzip entschieden wird. Ich dachte: Ja, du hast Recht, weil wir bestehende Freiräume überhaupt nicht aktiv und kulturunternehmerisch ausschöpfen, so wir ihr es vorbildlich in Klein Jasedow betreibt. Das ist vollkommen unterentwickelt in unserem Bewusstsein und in unserem Land. Alles soll verrechtet werden. Man wartet auf den Staat. Und ich dachte: Du hast unrecht, weil es in einer modernen Welt auch zukünftig große Einheiten geben wird und man zu wenigstens einigen Rechtsvereinbarungen kommen muss, die ja wohl bei größeren Menschenmengen unmöglich durch Konsens beschlossen werden können und noch weniger durch einzelne, denn dann hätten wir keine Demokratur, sondern eine Diktatur. Kurt Wilhelmi, der seit langem für den Omnibus für direkte Demokratie arbeitet, sagte ihm dann auch hinterher die Meinung… Konträre Ansätze stießen für einen Moment aneinander. Die gegliederte Begrifflichkeit der Dreigliederung hätte da vermitteln können.

An diesem Vorgang zeigte sich, dass das beschworene Einheitsgefühl während des Kongresses nach dem Motto «Wir wollen doch alle das Gleiche» oder «Wir sind der Wandel» sich nicht zu einem solchen Vertrauen und grundsätzlichen Wohlwollen entwickeln konnte, dass eine beherzte und belebende geistige Auseinandersetzung gerade auch über die deutlichen Unterschiede in großer Runde möglich geworden wäre. Das war einfach nicht eingeplant. Ich hätte mir z.B. eine gediegene Podiumsdiskussion gewünscht, bei der natürlich auch der Ansatz der Dreigliederung durch jemanden vertreten worden wäre. Gerade an den Unterschieden wäre aber das Denken angeregt worden. Und darauf kommt es doch an. Das sollten wir uns schon in Zukunft schon gönnen und nicht in falscher, weil erträumter Einheitsharmonie verbleiben. Trotz dieser Kritik wuchs bei uns immer mehr das Gefühl, dass sich die Fahrt nach Leipzig doch aufgrund guter menschlicher Kontakte wirklich gelohnt hatte und bei der Verabschiedung sicherte Peter Krause zu, das Institut für Dreigliederung bei der Tagungsvorbereitung im nächsten Jahr mit einzubeziehen. Was will man mehr? Vielen Dank den Organisatoren! Wir sehen uns im nächsten Jahr.