Schülerfirma Hack - Initiative der FWS Köln

01.06.2007

Eine Aufgabe der Oberstufe ist es, die Arbeitswelt kennen zu lernen, aber auch auf die Arbeitswelt vorzubereiten. Daraus ergibt sich die Frage: Bietet die Arbeitswelt der Schule Lernfelder an, die die Entwicklung der Jugendlichen unterstützen? Wenn man sich aus dieser Fragestellung heraus die Veränderungen in der Arbeitswelt anschaut, fällt einem die folgende Tendenz auf: Die standartisierten Arbeitsabläufe werden zunehmend von Computern übernommen und verlieren für die menschliche Arbeit an Bedeutung. Die Fähigkeit mit offenen, ungeklärten Situationen flexibel und kreativ umgehen zu können, wird dagegen immer wichtiger. Dabei spielen soziale Kompetenzen eine sehr große Rolle. Dies gilt zwar in ganz besonderem Maße für personnahe Dienstleistungen, die immer eine individuelle Problemlösung erfordern (z.B. Arzt oder Therapeut), trifft aber auch für die meisten anderen Berufsbereiche zu. Immer mehr geht es darum, dass Aufgaben, bzw. Probleme im Team situationsgerecht gelöst werden.

Für die Schule ergibt sich daraus die Frage, welche Fähigkeiten dazu notwendig sind. Insbesondere muss hinterfragt werden, ob diese Schlüsselqualifikationen auch Qualitäten sind, die für die Entwicklung der Jugendlichen notwendig sind, unabhängig von den sich wandelnden Anforderungen der Wirtschaft. Im Folgenden möchte ich einige der wichtigsten dieser Fähigkeiten (Schlüsselqualifikationen) aufzählen:

  • Fähigkeit, eigenverantwortlich zu arbeiten, dazu gehört Eigeninitiative und Verantwortungsbereitschaft
  • Situatives Handeln, also der Umgang mit offenen, ungeklärten Situationen (künstlerisches Handeln)
  • Entscheidungsfähigkeit
  • Kreativität

Soziale Kompetenzen:

  • Mit anderen zusammenarbeiten zu können
  • Kommunikationsfähigkeit
  • Konfliktfähigkeit
  • Fähigkeit, sich auf die Bedürfnisse anderer einstellen zu können
  • Einfühlungsvermögen

All diese Fähigkeiten sind Meilensteine auf dem Weg der Ich-Entwicklung und sind gerade im Jugendalter von großer Bedeutung, da es u.a. darum geht sich selbst kennen zu lernen und den eigenen Platz in der Welt zu finden. Man kann also diese Schlüsselqualifikationen als wichtige Lernziele formulieren, ohne sich dadurch kritiklos zum Knecht der Wirtschaft zu machen.

Die Schule ist aufgrund ihrer institutionellen Schranken nur in begrenztem Rahmen in der Lage, diese Fähigkeiten anzulegen. Durch Präferenz der Prüfungsfächer, Frontalunterricht und 45-Minuten-Takt der Fachunterrichte lässt sich eigenverantwortliches, verbindliches und kooperatives Handeln nur sehr bedingt erlernen.

Die Arbeitsform der Projektarbeit bietet zumindest ansatzweise bessere Möglichkeiten. Daraus entstand die Idee der Schülerfirma.

So entschloss ich mich 1999, anstelle der Schreinerepochen der 10. Klasse dieses Projekt zu beginnen. Dabei sollte es darum gehen anfänglich sowohl wirtschaftliche Zusammenhänge kennen zu lernen als auch wirtschaftliches Handeln und kooperative Arbeitsformen zu erproben. Außerdem hatte ich die Hoffnung ein klein wenig Unternehmensgeist bei den SchülerInnen zu entfachen und das Gebiet der unternehmerischen Selbständigkeit zu thematisieren. Die Geschäftsidee war und ist die Herstellung und der Verkauf von Holzprodukten sowie die Übernahme einfacher Aufträge. Dabei sollten wichtige Aufgabenbereiche eines Unternehmens wie Werbung (Marketing), Finanzen (Buchführung), Einkauf, Produktion und Verkauf etc. ebenfalls behandelt werden. Im Ideal wurden und werden die Arbeitsbereiche von Teams übernommen, wobei der Produktionsbereich den Schwerpunkt bildet, da z.B. Werbung ohne Produkte keinen Sinn macht. Außerdem möchte ich versuchen, wirtschaftliche Themen allgemeinerer Art, soweit im Rahmen der knappen Zeit möglich, ebenfalls zu besprechen.

Bisher wurde von mir vorgegeben, dass der Firmengewinn eines Jahres zu 50% einem sozialen Projekt zufließen solle und 50% der Klassenkasse zugute kommen könnten.

Der pädagogische, aber auch der wirtschaftliche Erfolg dieses Unterrichtsprojektes hing in den letzten Jahren stark von dem Engagement der SchülerInnen ab. Unternehmergeist aus Interesse an der Sache heraus zu entwickeln oder der Ehrgeiz ein wirtschaftlich gutes Ergebnis zu erzielen, blieben eher die Ausnahme. Dies hängt sicher auch damit zusammen, dass es schwer möglich ist, für zwei Mal 90 Minuten in der Woche in die Rolle einer Unternehmerin oder eines Unternehmers zu schlüpfen mit allen Konsequenzen. Auch trug die Möglichkeit, durch eine möglichst große Firmenspende beispielsweise ein Straßenkinderprojekt zu unterstützen nicht zur Motivationssteigerung bei.

Es wäre für die Elternschaft und die Schule sicher eine große pädagogische Herausforderung zu erarbeiten, wie auf diese, sicher auch in der Zeit liegenden Tendenz zur Selbstbezogenheit, pädagogisch eingegangen werden kann.

Um die Bedeutung und den Anspruch dieses Firmenprojektes für die SchülerInnen nachvollziehbarer zu machen, sollte das Projekt auf eine breitere Basis gestellt werden. Dazu gehört, dass verschiedene Themen fächerübergreifend behandelt werden. So bietet es sich an, dass das Thema Buchführung z.B. im Mathematikunterricht behandelt wird, Tabellenkalkulation im Computerunterricht und Geschäftskorrespondenz im Deutschunterricht. Weitere Themen wie z.B. Werbung könnten dazukommen. Auf diese Zusammenarbeit ist das Projekt alleine schon aus zeitlichen Gründen angewiesen, da diese Themen im Rahmen des praktischen Unterrichtes nicht alle bewältigt werden können. Aus unterschiedlichen Gründen wird dieser fächerübergreifende Ansatz erst teilweise praktizert.

Darüber hinaus würde ich mir wünschen auch die Elternschaft einzubeziehen. Das könnte auf verschiedenen Ebenen erfolgen. Die Klassenelternschaft könnte im Gespräch mit ihren Kindern Interesse an dem Projekt bekunden und so deren Motivation stärken. Außerdem wären Anregungen für Produkte oder kleinere Aufträge (ohne zu großen Termindruck) eine große Unterstützung. Nicht zuletzt würde ich mir wünschen, auch auf die beruflichen Erfahrungen der Elternschaft zurückgreifen zu können, ohne hierfür bereits konkrete Vorstellungen zu haben.

Aus dem Dargestellten zeigt sich, dass ein solches Unterrichtsprojekt immer eine Notlösung darstellt, da es sich nur um eine Imitation der realen Arbeitswelt handelt und die entsprechenden Konsequenzen fehlen. Dennoch bietet die Schülerfirma mit ihren kooperativen Arbeitsformen Erfahrungsmöglichkeiten an, die sich auf das Arbeitsleben beziehen und die nicht zuletzt für die Berufswahlfähigkeit von Bedeutung sein können.