Konferenzen beschließen keine pädagogischen Vorschriften

Quelle: GA 310, S. 103-104, 4. Ausgabe 1989, 21.07.1924, Arnheim

Bei uns aber haben Sie zum Beispiel in der 5.Klasse zwei Parallelklassen, die 5A und 5B. Sie gehen nacheinander in die beiden Klassen hinein. Sie sind erstaunt darüber: ganz etwas anderes findet in der Parallelklasse statt, in nichts etwas Gleiches von dem, was in der andern Klasse gemacht wird. Die 5A und 5B sind ganz der Lehrerindividualität überlassen; jeder kann das machen, was seiner Individualität entspricht, und er tut es auch. Trotzdem in der Lehrerkonferenz absolutester Einklang im Sachlichen vorhanden ist, gibt es keine Verordnung, daß die eine Klasse im Erziehen und Unterrichten ebenso vorgehen muß wie die Parallelklasse. Denn was erreicht werden soll, muß auf die verschiedenste Weise erreicht werden; es handelt sich nie darum, etwas in äußerlicher Weise vorzuschreiben.So finden Sie, daß zum Beispiel schon bei den kleinen Kindern in der 1. Klasse der eine Lehrer mehr dies macht, um das Kind ins malende Zeichnen hineinzuführen: Sie kommen in die Klasse hinein und sehen die Kinder allerlei Bewegungen mit den Händen machen, die dann überführen in die Handhabung des Pinsels oder des Bleistiftes. Oder Sie kommen in die andere Klasse und Sie sehen dort die Kinder herumtanzen, um aus der Bewegung der Beine dasselbe hervorzuholen. Jeder Lehrer macht es, wie er es nach der Individualität der Kinder und nach seiner eigenen für angemessen hält. Dadurch ist aber wirkliches Leben in der Klasse drinnen, und dadurch bildet sich schon das heraus, daß sich die Kinder zugehörig fühlen zur Lehrkraft.