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Überschüsse müssen ins Geistesleben, bevor sie in den Boden gehen können
Quelle: GA 340, S. 168-169, 5. Ausgabe 1979, 03.08.1922, Dornach
Aber wenn Sie sich nun das gesamte menschliche Leben denken in einem solchen geschlossenen Wirtschaftsgebiet, so muß eben strikte das da sein, was ich Ihnen vor einigen Tagen auseinandergesetzt habe: Es müssen, damit das Kapital nicht stockt, nicht eine Stauung erleidet, an derjenigen Stelle - natürlich ist das im ganzen Wirtschaftsgebiet ausgebreitet -, wo am entwickeltsten ist das geistige Leben in der Kapitalbildung, die erworbenen, erarbeiteten Überschüsse eben nicht hineinfließen in den Grund und Boden - sie würden sich da stauen -, sondern es muß dafür gesorgt werden, daß da Überschüsse nicht mehr vorhanden sind, daß da nichts an Kapital sich staut in Grund und Boden, das heißt, daß schon früher - durch Schenkungen desjenigen, das erarbeitet worden ist, an die geistigen Institutionen - verhindert worden ist, daß eine solche Stauung entstand, mit Ausnahme desjenigen, was ich da als Samen bezeichnet habe. Ja, da tritt uns also der Begriff der Schenkung in seiner vollen Notwendigkeit entgegen. Diese Schenkung muß da sein.
Studieren Sie solche geschlossenen Wirtschaftsgebiete, die in der Geschichte aufgetreten sind, so werden Sie auch sehen: diese Schenkungen sind schon überall da. Im wesentlichen sind es Schenkungen, auf die das geistige Leben angewiesen ist - im wirtschaftlichen Sinn Schenkungen. Sie sind da von dem Einfachen, daß sich Karl der Kahle aus dem, was er verschenken kann, seinen Hofphilosophen sogar hâlt, was sogar unter Umstânden als ein sehr überflüssiges Möbel angesehen werden könnte - Scotus Erigena -, bis hinab zu dem Peterspfennig, wo die Katholiken aller Welt der Kirche ihre Schenkungen in ganz kleinen Dosen verabreichen. Sie haben überall, wo die Wirtschaft, wenn sie auch über gewisse Gebiete hin eine Riesenwirtschaft wird, ein geschlossenes Wirtschaftsgebiet darstellt, das Verwandeln des Kapitals, das erarbeitet worden ist, in Schenkungskapital da, wo es sich handelt um den Unterhalt der geistigen Institutionen.
Mit anderen Worten: Es müßte daran gedacht werden, wenn zwangsmâßig ein geschlossenes Wirtschaftsgebiet da ist, wie es die Weltwirtschaft ist, daß gar nichts anderes geschehen könnte im volkswirtschaftlichen Sinn, als daß alles dasjenige, was sonst sich staut in Grund und Boden, in den geistigen Institutionen verschwindet. Es müßte in den geistigen Institutionen verschwinden, es müßte wirken gleich einer Schenkung. Das heißt wir haben nötig, für die heutige wirkliche Wirtschaftswissenschaft aufzusuchen die Beantwortung der Frage: Wie müssen wir im wirtschaftlichen Sinn kaufen und verkaufen, damit innerhalb des geistigen Gebietes dasjenige an Werten verschwinde, was innerhalb des rein materiellen Gebietes an Ernährungswerten geschaffen wird? - Das ist die große Frage. Ich formuliere sie noch einmal: Welche Art von Zahlung im wirtschaftlichen Verkehr muß erstrebt werden, damit immer innerhalb der geistigen Institutionen dasjenige verschwindet, was geschaffen wird durch die verarbeitete Natur da, wo eben die Produktion arbeitet für die Ernährung der Menschheit? - Das ist die große volkswirtschaftliche Frage, an deren Beantwortung wir dann morgen gehen wollen.