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Dass Wirtschaft angelehnt ist zur Macht bezieht die Befriedigung der Bedürfnisse in die Berufe. Aber auch die eignen Tendenz der Wirtschaft eine Bodenrente zu erzeugen: die Bodenrente tendiert zu steigen, das Kapital zu sinken.
Quelle: GA 340, S. 099-103, . Ausgabe 2002, 30.07.1922, Dornach
Nun, nachdem wir versucht haben, uns klarzumachen, daß wir es im Lohnverhältnis eigentlich mit einem Kauf zu tun haben, wollen wir uns nun einmal fragen, mit was wir es zu tun haben bei der Bodenrente, bei dem Preis für Grund und Boden. Der Preis von Grund und Boden entspringt ja ursprünglich nicht dem Verhältnisse, das in der fertigen Volkswirtschaft da ist. Um, ich möchte sagen, ein sehr radikales Verhältnis anzuführen, braucht man ja nur hinzuweisen darauf, daß Grund und Boden zum Beispiel durch Eroberung, also durch Entfaltung von Macht, in die Verfügung von irgendwelchen Menschen übergegangen ist. Irgend etwas von einem Tausch wird auch da zugrunde liegen. Es wird zum Beispiel derjenige, der Helfer hat bei der Eroberung, einzelne Teile des Bodens an diese Helfer abtreten. Wir haben also da im Ausgangspunkt der Volkswirtschaft nichts eigentlich Wirtschaftliches. Der ganze Prozeß ist nicht eigentlich wirtschaftlich. Der ganze Prozeß, der sich da abspielt, ist so, daß wir nur anwenden können das Wort Macht oder Recht. Durch Macht werden Rechte erworben, Rechte auf Grund und Boden. So daß wir tatsächlich das Volkswirtschaftliche auf der einen Seite anstoßen haben an Rechts-und Machtverhältnisse.
Was geschieht aber unter dem Einfluß von solchen Rechts- und Machtverhältnissen? Nun, unter dem Einfluß von solchen Rechts- und Machtverhältnissen geschieht fortwährend das, daß der Betreffende, der das freie Verfügungsrecht über den Grund und Boden hat, sich selber besser abfindet, als er die anderen abfindet, welche er zur Arbeit heranzieht, welche ihm die Erzeugnisse durch Arbeit liefern. Ich rede jetzt also nicht von der Arbeit, sondern von dem Erzeugnis der Arbeit. Denn diese Erzeugnisse der Arbeit sind es, die in Betracht kommen. Es muß ihm mehr abgeliefert werden — das ist ja nur die Fortsetzung seines Eroberungs-, seines Rechtsverhältnisses —, es muß ihm mehr abgeliefert werden, als er den anderen gibt. Was ist denn dasjenige,was da mehr abgeliefert wird, als er den anderen gibt, was also das Preisverhältnis fälscht, was ist denn das? Ja, das ist ja nichts anderes als eine Zwangsschenkung. Sie haben also hier durchaus das Schenkungsverhältnis eintretend, nur eben, daß der Betreffende, der die Schenkung zu tun hat, sie nicht freiwillig tut, sondern dazu gezwungen wird. Es tritt eine Zwangsschenkung ein. Das ist dasjenige, was hier gegenüber dem Grund und Boden der Fall ist. Durch die Zwangsschenkung wird aber der Preis, den eigentlich die Produkte als Tauschpreis haben sollten, die auf dem Grund und Boden erzeugt werden, im wesentlichen erhöht.
Daher ist der Preis all desjenigen, was der Unterwerfung unter solche Rechtsverhältnisse fähig ist, mit der Tendenz behaftet, über seine Wahrheit hinaus zu steigen. Wenn Forstmenschen, Jäger, mit Landwirten zusammenleben, kommen die Forstmenschen besser weg als die Landwirte. Landwirte unter Forstmenschen müssen nämlich den Forstmenschen für das, was ihnen geliefert ist, höhere Preise bezahlen als die reinen Austauschpreise wären zwischen den Produkten der Forstwirtschaft und denen der Landwirtschaft, aus dem einfachen Grunde, weil die Forstwirtschaft am meisten nur durch das Rechtsverhältnis in die Verfügung desjenigen, der die Preise bedingt, hineingebracht werden kann. Bei der Landwirtschaft muß schon eine wirkliche Arbeit aufgebracht werden; bei der Forstwirtschaft stehen wir noch sehr nahe der arbeitslosen Bewertung, die eben ganz allein aus Rechts- und Machtverhältnissen hervorgeht. Und wenn unter Landwirten Handwerker leben, so haben die Preise wiederum die Tendenz, gegen die Landwirtschaft höher, als die Wahrheit ist, zu steigen, und gegen das Handwerk hin niedriger sich zu senken, als die Wahrheit ist. Handwerker unter Landwirten leben teurer; Landwirte unter Handwerkern, wenn also die Minorität in Betracht kommt, verhältnismäßig billiger. Handwerker unter Landwirten leben verhältnismäßig teurer. So daß also die Stufenfolge dieser Tendenz, daß die Preise über die Wahrheit hinaussteigen oder unter die Wahrheit hinuntersinken, daß die Reihenfolge diese ist : am meisten ist das bei der Forstwirtschaft der Fall, dann kommt die Landwirtschaft, dann kommt das Handwerk und dann die vollständig freie Betätigung. So müssen wir die Preisbildung innerhalb des volkswirtschaftlichen Prozesses aufsuchen.
Nun besteht aber im volkswirtschaftlichen Prozeß eine Tendenz, eine Eigentendenz, Bodenrente zu erzeugen, gewissermaßen von selbst dazu zu neigen, sich diesem Zwang zu unterwerfen, die Landwirtschaft teurer zu bezahlen als das andere.
Diese Tendenz besteht,wenn Arbeitsteilung vorhanden ist; und alle unsere Auseinandersetzungen beziehen sich ja auf den sozialen Organismus, in dem Arbeitsteilung vorhanden ist. Diese Tendenz wird einfach dadurch hervorgerufen, daß bei der Landwirtschaft nicht das eintreten kann, was ich vor einigen Tagen — ich möchte sagen, zur gedanklichen Schwierigkeit von einer größeren Anzahl der verehrten Zuhörer — zweimal sagen mußte:
Der Selbstversorger lebt tatsächlich teurer, also muß er für seine Produkte mehr nehmen, eigentlich muß er sie sich höher berechnen als derjenige, der seine Produkte im freien Verkehr erwirbt von anderen. In bezug auf die Gewerbe hat das einen gewissen Sinn, wenn Sie sich auch durch eine lange Überlegung erst vielleicht vollständig hineinfinden in. diesen Sinn. In bezug auf Landwirtschaft und Forstwirtschaft hat es aber keinen Sinn. Das ist eben gerade das, was man wissen muß gegenüber den Wirklichkeiten, daß die Begriffe immer nur gelten für ein bestimmtes Gebiet und sich für ein anderes Gebiet umändern. Das ist auch sonst in der Wirklichkeit der Fall. Was ein Heilmittel für den Kopf ist, ist ein Verderbnismittel, ein krankmachendes Mittel für den Magen, und umgekehrt. Und so ist es durchaus auch im volkswirtschaftlichen Organismus. Wenn es nämlich überhaupt der Fall sein könnte, daß der Landwirt nicht ein Selbstversorger wäre, dann würden für ihn auch die Regeln gelten, die man sonst vorbringen muß für die Zirkulation der Waren. Aber er kann gar nicht anders, als Selbstversorger sein; denn im volkswirtschaftlichen Prozeß fügt sich von selbst die gesamte Landwirtschaft eines sozialen Organismus zu einer Einheit zusammen, wenn auch einzelne Besitzer da sind. Und unter allen Umständen muß einfach derjenige, der Landwirt ist, das, womit er sich selbst versorgt, aus dem Umfang seiner Produkte zurückhalten. Wenn er es vom andern nimmt, so hält er es auch zurück. In Wirklichkeit ist er ein Selbstversorger, muß also seine Güter teurer bewerten. Und die Folge davon ist, daß sich die Preise nach dieser Seite erhöhen müssen.
Das heißt, im volkswirtschaftlichen Prozeß besteht einfach die Tendenz, Bodenrente zu erzeugen. Es handelt sich nur darum, wie man diese Bodenrente unschädlich macht im volkswirtschaftlichen Prozeß. Aber das ist notwendig, daß man weiß, daß die Tendenz besteht, Bodenrente zu erzeugen. Sie können die Bodenrente abschaffen, sie wird in irgendeiner Form immer wieder erzeugt, aus dem einfachen Grunde, den ich eben jetzt auseinandergesetzt habe.
Aus demselben Grunde, aus dem im volkswirtschaftlichen Prozeß eine Tendenz besteht, Bodenrente zu erzeugen, aus demselben Grunde besteht nach der anderen Seite die Tendenz der Unternehmer, Kapital zu entwerten, immer billiger und billiger zu machen. Diese Tendenz wird man am besten verstehen, wenn man sich darüber klar wird, daß man ja Kapital nicht kaufen kann. Gewiß, es wird Kapital gehandelt. Man kauft Kapital.
Aber jeder Kapitalkauf ist wiederum nur ein kaschiertes Verhältnis. In Wirklichkeit kaufen wir nicht Kapital, sondern in Wirklichkeit wird Kapital nur geliehen; auch dann, wenn scheinbar ein anderes Verhältnis stattfindet, werden Sie immer herausfinden können den Leihcharakter des Unternehmerkapitals. Ausdrücklich sage ich des Unternehmerkapitals; denn wenn Sie den Begriff ausdehnen auf die Bodenrente, so ist das nicht der Fall; aber durchaus bei dem Unternehmerkapital; und zwar aus dem einfachen Grunde ist das der Fall, weil dauernd die Tendenz besteht, dasjenige, was von dem Tafel 6 menschlichen Willen abhängt — Sie sehen hier (siehe Zeichnung 4) das Handwerkliche und die freie Betätigung —, das gegenüber dem anderen zu entwerten. Unternehmerkapital ist ganz eingesponnen in die freie Betätigung. Es wird fortwährend entwertet, so daß wir sagen können : Wir haben nach dieser Seite (siehe Zeichnung 4) die Tendenz im volkswirtschaftlichen Prozeß — während wir die Bodenrente erzeugen —, das Unternehmerkapital herunterzubringen, es immer niedriger und niedriger zu machen, immer niedriger und niedriger zu bewerten. Wie es also nach der einen Seite hin, nach der Bodenrentenseite, immer teurer wird, wird es nach der Kapitalseite immer billiger. Das Kapital hat die Tendenz, fortwährend in seinem volkswirtschaftlichen Werte, oder eigentlich Preise, zu sinken, die Bodenrente hat die Tendenz, fortwährend in ihrem Preise zu steigen.