Weltschulverein braucht nicht nur große, sondern unübersehbare Mitgliedschaft

Quelle: GA 337b, S. 251-264, 1. Ausgabe 1999, 08.04.1921, Dornach

Roman Boos: Es soll der heutige Abend dazu dienen, in den Anwesenden das Bewußtsein davon zu stärken und die Vorstellung zu klären, was an konkreten Auswirkungen von dem im Goetheanum Gewollten in näherer oder fernerer Zeit zu erwarten ist. Die Aufgabe soll so sein, daß der Kurs den Teilnehmern etwas mitgeben soll, damit jeder die Möglichkeit hat zu sagen oder zu wissen, wo er mithelfen kann, wo er aktiv an der Mitarbeit sich beteiligen kann.

Was zuallererst in Debatte steht, ist die Idee, daß in der allernächsten Zeit mit der größten Intensität losgelöst werden muß das geistige Leben aus der Verstrickung in die staatlichen Gewalten. Die politischen Staaten sind, im Westen wie im Osten, nicht einmal mehr in der Lage, die von ihnen usurpierten Schulbeaufsichtigungsrechte ökonomisch zu erhalten. Schulen sind zu errichten über die Gebiete hin, die nicht in den ökonomischen Zusammenbruch hineinbezogen wurden und aus dem geistigen Zusammenbruch herauskommen wollen. Die Idee des Weltschulvereins auf internationaler Basis ist ja vor einigen Wochen in Holland in einer großen Anzahl von Versammlungen ausgesprochen und hinausgetragen worden. Und so ist heute von holländischen Freunden in Aussicht gestellt worden, über diesen Weltschulverein noch einiges mitzuteilen. Und auch nach dieser Seite hin möchte ich aufzeigen, daß von den hier Versammelten gehofft werden kann, dem Impuls des Weltschulvereins Verwirklichung zu geben.

Auch die unter Futurum AG und Der Kommende Tag AG gegründeten Unternehmungen wurden darauf angelegt, in vorläufig unbegrenzte Weiten hinauszuwachsen. Was zum Beispiel als ein Stinnes-Konzern heraufwuchs, hat sich verbunden mit den übelsten Existenzen; wenn ein solches Ungeheuer internationale Kredite bekommen würde, wäre es zum Schaden einer gesunden Entwicklung. Es ist deshalb nötig, im wirtschaftlichen Leben Fuß zu fassen, selber wirtschaftliche Assoziationen ins Leben zu rufen, die gerecht werden der Internationalität; es ist nötig, in internationalen Besprechungen selber den Weg suchen. Um etwas international Bedeutsames zu sagen, wird über die Klüfte hinweg, die durch die Valutazustände geschaffen worden sind, vom Futurum und vom Kommenden Tag gesprochen werden müssen.

Man wird ja von allen Seiten angepöbelt. Und da ist es ein unbedingtes Erfordernis für die Fortführung der Arbeit in der Schweiz und über die Schweiz hinaus, daß wir die Möglichkeit bekommen, hier vom Goetheanum aus regelmäßig eine Zeitschrift, zum mindesten eine Wochenschrift, erscheinen zu lassen, in der nun nicht fortwährend polemisiert und diskutiert werden müßte - es wird allerdings manchmal notwendig sein -, aber in der fortwährend hinausgestellt werden könnten skizzenweise Andeutungen, worum es sich hier eigentlich handelt, und in der gerade die internationale Idee eines Weltschulvereins oder einer Weltwirtschaftsvereinigung immer wieder ausgesprochen werden müßte. In gewisser Weise hat man eben hier in der Schweiz doch noch einen Boden unter sich, von dem man in deutlicherer und eindrucksvollerer Weise reden kann als anderswo. Das Goetheanum müßte sonst stumm bleiben, wenn es sich nicht auf diese Weise bekanntmachen kann. An diesen Kurs sind doch eigentlich recht wenig Menschen gekommen. Es ist das Goetheanum selber als Kunstwerk, als Bau, als physische Realität, die dasteht, noch nicht in genügender Intensität durchströmt. Es wird schon notwendig, auch dasjenige hinauszutragen, was geleistet werden soll für die ganze Welt vom Goetheanum aus.

Alle, die die Möglichkeit haben, uns dazu zu verhelfen, die ökonomische Grundlage zu finden für eine solche Zeitung, werden herzlich dazu aufgefordert. Wir müssen 50,000 Franken für ein Jahr rechnen; vorher können wir nicht beginnen. Wir können deshalb nicht vorher beginnen, weil wir sonst in einiger Zeit die Sache wieder unter Umständen einstellen müßten. Wenn jemand unter Ihnen ist, der dazu verhelfen könnte, daß die Zeitung erscheinen kann, der würde sich so verdient machen, wie es in den gegenwärtigen Umständen kaum in anderer Weise möglich sein könnte.

Elisabeth Vreede: Ich möchte noch einiges sagen über den «Weltschulverein». Es handelt sich eigentlich mehr um einen Appell als bereits um eine konkrete Gründung. Die ersten Schritte in der Richtung einer Gründung eines Weltschulvereins sind ja in Holland getan worden, um eine Antwort aus der Welt heraus zu bekommen auf dasjenige, was jetzt zu geschehen hätte, und das ist: das Geistesleben, insbesondere das Unterrichtswesen, zu befreien, auf sich selbst zu stellen. Es ist die besondere Hoffnung ausgesprochen worden, dies in Holland tun zu können. Am 27. Februar hat Dr. Steiner in Den Haag einen hinreißenden Vortrag gehalten über «Erziehungs-, Unterrichts- und praktische Lebensfragen vom Gesichtspunkte anthroposophischer Geisteswissenschaft» und aufmerksam gemacht auf die Notwendigkeit eines freien Geisteslebens und einer Loslassung der Schule von der Staatsgewalt - unter starkem Beifall des Publikums. Anschließend hat unser Mitglied, Herr de Haan, einen Appell an die Anwesenden gerichtet. Darauf ist manches geschehen; Namen von gutem Klang haben sich dafür interessiert, für freie Schulen zu wirken. Vertreter aus der Schweiz, aus Deutschland und England äußerten sich überzeugt von der Notwendigkeit eines Weltschulvereins und versprachen, in ihrem Lande für die Sache zu wirken. Ein ähnliches spielte sich am nächsten Tag in Amsterdam ab. Damals wurde aber der Weltschulverein noch nicht begründet, denn eine solche Gründung hat nur einen Wert, wenn sie sozusagen aus sich selber heraus entsteht. Aber daraus darf man nicht den Schluß ziehen, daß nichts geschehen soll, sondern es ist intensivste Arbeit nötig, damit eine konkrete Gründung sich vollziehen kann.

Das erste, womit man sich jetzt beschäftigt, ist, mit einer Art Prospekt an alle Gebildeten heranzugehen - die sind ja grundsätzlich an einem freien Geistesleben interessiert -; Dr. Steiner hat dazu die Richtlinien gegeben. Es soll ein Appell an alle Gebildeten gerichtet werden, sich zusammenzuschließen mit uns, um unserer Bewegung dasjenige zu verschaffen an Nährboden, an Lebensluft, die sie unbedingt braucht, damit sie weiter gedeihen kann. Da die ganze Sache nun von Holland aus angefangen hat, möchte ich auf die Adresse des Herrn de Haan, Utrecht, aufmerksam machen; er ist bereit, Auskunft zu geben. Aus den Ereignissen der vergangenen Jahre ist genügend hervorgegangen, um zu zeigen, wie wichtig, wie bedeutsam es ist, aber auch, wie viel Arbeit nötig sein wird, wenn so etwas unternommen werden soll. Es soll also ein Appell gerichtet werden, der sozusagen in der ganzen gebildeten Welt ein Echo finden soll.

(Beifall)

Josef van Leer: Meine sehr verehrten Anwesenden, vor einigen Wochen wurde im Haag und in Amsterdam zum erstenmal über den Weltschulverein gesprochen. Es kommt aber nichts dabei heraus, wenn nicht gleich zur Tat geschritten wird. Wir hatten zwar im Haag an dem Abend etwa 150 Namen; mit bloßen Namen tut man aber nichts. Die Freunde in Holland haben zwar den guten Willen, aber sie sind zu schwach. Vor etwas weniger als zehn Jahren waren in Berlin ähnliche Besprechungen, als Baron von Walleen über seine Erfahrungen auf Vortragsreisen in Skandinavien und in England sprach und sagte, es sei so schwierig, die Ideen von Dr. Steiner dort zu vertreten; was heute Anthroposophische Gesellschaft ist, ist von diesen Besprechungen ausgegangen.

Wenn Sie heute in England sprechen über freies Geistesleben, wird jeder sagen: Wir brauchen keines, wir haben eines. - Das ist natürlich eine Abstraktion, aber so ist es; soweit die Leute in England der Bourgeoisie angehören, können sie ihre Kinder erziehen, wie sie wollen, sie brauchen keine diplomierten Lehrer. Wenn man den Weltschulverein in England zu propagieren hat, so hat man es da mit etwas ganz anderem zu tun als in Deutschland oder in Holland oder in der Schweiz. Ich glaube, Skandinavien, Holland, England - wenn es auch nicht neutral ist, aber es spielt keine Rolle -, all die Länder, die nicht zu den Mittelstaaten gehören, sollten sich zusammenschließen. In Holland hat man reichlich Zuversicht bekommen, aber die 25 klingenden Namen helfen nicht viel. Dr. Steiner hat in Holland ungefähr 10 Vorträge gehalten; aber unter all diesen Tausenden, die da waren: keine drei Stimmen, die sich dafür wirklich praktisch einsetzen, und es wird schwer sein, nur diese drei zu kriegen.

Die Frage wurde gestellt: Wie propagieren wir? - Für jedes Land ist es nötig, anders zu arbeiten. Unsere Freunde in Stuttgart wissen am besten, was zu tun ist, weil sie in der Arbeit stehen. Ich möchte deshalb vorschlagen, daß wir Leute aus den verschiedenen Ländern - Amerika, England, Frankreich, Schweiz, Italien -, daß wir etwa 25 Menschen uns zusammensetzen und heute Abend noch sagen: so und so machen wir es! Ich möchte das gleich jetzt auf der Stelle vorschlagen. Wer aus all den Ländern, die hier vertreten sind, ist bereit mitzumachen? Fangen wir an bei Amerika: Mr. Monges? Mr. Wheeler aus England? Miss Wilson aus England? Norwegen, Schweden: Frau Ljungquist? Dänemark: Herr Hohlenberg? Finnland: Herr Donner? Russland? Aus Holland: Herr Ledebour, Herr Zagwijn, Herr Deventer? Aus Frankreich: Mademoiselle Rihouët? Italien: Fräulein Schwarz? Tschechoslowakei und Polen? Ich möchte also vorschlagen, daß die verschiedenen Menschen sich zusammensetzen und überlegen, was für ihre Länder das Richtige ist, wie man es machen muß, an welche Menschen man herantreten muß, welchen Menschen man welches Material geben kann. Es ist möglich, daß die Vertretung eines bestimmten Landes nicht in der Lage ist, das Richtige zu treffen, aber dann wird man vielleicht zusammen etwas Besseres herausfinden können.

Ich möchte zur Diskussion stellen, ob das, was ich angeregt habe, der richtige Ausgangspunkt wäre.

Roman Boos: Es könnte ja sehr wertvoll sein, heute Abend dann noch zu sprechen in kleineren Kreisen für jedes Gebiet. Aber ich möchte nur recht herzlich bitten, daß die Sache bei der Wahl von Persönlichkeiten nicht so zu betrachten ist wie bei den Parlamenten oder bei sonstigen Vereinen: als Auftrag, wie eine Kommission zu arbeiten. Es soll nicht auf den Abend abgeschoben werden, was nachher gearbeitet werden soll: in jeder einzelnen Gruppe die Idee des Weltschulvereins als solche vorwärtszutragen. Man muß eben probieren, wie in den anderen Staaten sich das aussprechen läßt, was von der eigenen Seite aus zu sagen ist.

Johannes Hohlenberg: Ich möchte über die Arbeit in Dänemark in bezug auf den Weltschulverein berichten. Vom Ergebnis her betrachtet ist es zwar nicht sehr viel, leider, aber es kann vielleicht anderen als Erfahrung dienen. Im letzten Herbstkursus wurde besonders stark betont, daß jeder, der in sein Land zurückgeht, mit möglichst vielen Menschen reden und die Idee vom Weltschulverein verbreiten solle. Alle, die hier waren, haben wohl das getan, was in ihren Kräften lag.

Nun, zu meinen persönlichen Erfahrungen: Ich habe in Kopenhagen verschiedene Vorträge gehalten, aber der Zeitpunkt war leider sehr schlecht, da vor einigen Jahren der Staat von den Gemeinschaften fast alle Schulen übernommen hat. Das ist eine neue Tatsache, zwei, drei Jahre alt, noch nicht überall vollständig durchgeführt. Die Lehrerschaft ist im ganzen zufrieden, weil ihre ökonomische, finanzielle Lage sehr viel besser geworden ist und man als Staatsbeamte Aussicht auf eine Pension hat. Die Lehrerschaft ist deshalb sehr abgeneigt, irgendwelche Veränderungen vorzunehmen an diesen Verhältnissen. Aber auf der anderen Seite ist sehr große Unzufriedenheit der Eltern mit dem Schulsystem, das heute in Dänemark besteht; die Eltern wären bereit, etwas Neues zu versuchen. Die hauptsächliche Schwierigkeit ist aber finanzieller Art. Man darf nicht vergessen: die Staatsschulen, die sind ganz gratis; Schulunterricht, Material, Bücher sind gratis.

Der einzig mögliche Weg für die Begründung von staatlich unabhängigen Schulen wäre der wie in Stuttgart, nämlich ein großer Fabrikbetrieb, der das alles in die Hand nimmt. In Dänemark ist es eben hauptsächlich eine finanzielle Frage, ganz einfach! Wenn man einen Weg finden könnte für die Errichtung von solchen Schulen, die nicht teurer würden als die öffentlichen, dann würden ganz entschieden die Kinder kommen und die Eltern sehr zufrieden sein. Ich habe eine Liste von Namen gesammelt - ihre Zahl überschreitet vielleicht kaum 200, das ist ja noch nichts -, und ich bin überzeugt, daß, wenn man wirklich Propaganda macht, man auch wirkliches Verständnis finden kann.

Elisabeth Vreede: Man muß das Richtige tun. Es handelt sich, wie Dr. Steiner in Holland ausgeführt hat, nicht in erster Linie darum, nun einzelne Schulen zu begründen, die wieder so nebenbei bestehen können, die sich ihr Recht zu bestehen nur erschleichen können; es handelt sich um etwas viel Größeres: das freie Geistesleben auch wirklich durchzuführen! Wir haben ja heute ein Geistesleben, das vor allen Dingen frische Luft braucht und das ohne diese frische Luft verkümmert. Aus dieser Stimmung heraus muß in der Öffentlichkeit sich die Forderung bilden: Das Geistesleben muß befreit werden!

Es soll damit selbstverständlich nicht gesagt werden, daß nicht einzelne Schulen zu begründen sind, so wie die Waldorfschule; aber man soll nicht nur hie und da eine Schule oder ein Institut hineinbringen, denn die haben alle nur ein kümmerliches Dasein in rechtlicher Beziehung, sie haben eigentlich immer ein Schwert über ihrem Haupte hängen, ob sie nun erlaubt sind oder nicht; nicht solche Schulen, die nur auf Staates Gnaden bestehen können, sollten errichtet werden.

Unser Goetheanum ist auch eine Schule, eine freie Hochschule. Die Möglichkeit wäre in erster Linie zu schaffen, daß ein Weltschulverein da wäre, der das Bedürfnis mächtig genug fühlen würde, solche Einrichtungen wie die Waldorfschule und das Goetheanum zu unterstützen oder am Leben zu erhalten. Es ist notwendig, daß ein Konkretes dazu schon da ist. Es gibt ja auch Lehrervereinigungen, Künstlerassoziationen; für die wäre es ein positives Ziel, dahin zu wirken, daß wir ein freies Geistesleben brauchen. Das Ziel muß größer gesteckt werden, als bloß einzelne Schulen zu errichten; alles muß in größerem Stil erfaßt werden, so daß man den größeren Zusammenhang auch sieht.

Wir haben gehört, daß in Dänemark die Lehrer sehr zufrieden sind, weil sie «Staatslehrer» geworden sind, weil sie besser bezahlt sind. Nicht an die Lehrerschaft im allgemeinen können wir uns wenden; diejenigen, die in der Sache drinnenstehen, sind oft am meisten vertrocknet und haben nicht den großen Ausblick. Aus einem größeren Umfang heraus, als es die Lehrerschaft ist, als sie es sein kann, muß diese öffentliche Meinung und Stimmung entstehen. Dann werden auch die nationalen Differenzierungen nicht so in Gewicht fallen, wie es sonst sein würde, denn das würde als ein einigendes Band wirken. Die Gesichtspunkte müssen aus dem Großen genommen werden, so daß man all das umfaßt, was man als Mensch in unserem Geistesleben erleben kann, und es heraufhebt auf einen anderen Plan; sonst bleiben wir doch zu sehr im Einzelnen stecken.

Roman Boos: Es wäre gut, wenn man in der Diskussion noch zu der kürzlich vertretenen Behauptung, daß in der Schweiz sich ein freies Geistesleben voll entwickeln könne, Stellung nehmen würde. Zuerst hat Mademoiselle Rihouët das Wort.

Simone Rihouët: Ich möchte nur einen Wunsch für Frankreich ausdrücken, daß hier im Goetheanum dieser internationale Zweck ganz zum Ausdruck komme und nicht wieder das Nationale über das Internationale siege. Es ist auffallend zu sehen, daß wir in Frankreich, was die Schule betrifft, ganz dieselbe Lage haben wie in Deutschland. Aber zum Beispiel die Schweizer Lehrer, die so wenig den Zwang vom Staat fühlen, die sind durch die Verhältnisse in ihren Konföderationen nicht in der gleichen Lage wie die Lehrer in Frankreich und in Deutschland, wo die Tendenz des Staates so stark ist, daß jetzt schon in der Lehrerschaft ein großes Bedürfnis nach Befreiung, nach Selbständigkeit in ihrem Beruf besteht. In Frankreich wird es besonders die Studentenschaft sein, aus der das Verständnis für die freien Geistesimpulse, die hier gegeben worden sind, kommt. Und so möchte ich, was Frankreich betrifft - für Deutschland kann ich nicht sprechen -, so möchte ich aussprechen den Wunsch, daß aus Frankreich eine Studentenschaft herausströme, die mit ihren Kollegen aus den anderen Ländern einen Bund schaffen könnte, einen Bund der Brüderlichkeit.

Roman Boos: Diese Worte aus Frankreich sind uns umso herzlicher willkommen, als sich ja auf der gegnerischen Seite schon eine in einer gewissen Weise intensive Verbrüderung ergeben hat. Ungefähr zu gleicher Zeit, als in Deutschland geschrieben wurde vom «Vaterlandsverrat» durch Rudolf Steiner und die Anthroposophen, ging durch die französischen Zeitungen eine ähnliche Behauptung, nämlich daß in den Kreisen von Dr. Steiner hingearbeitet werde auf einen Revanchekrieg, der drei Jahre lang dauern würde. Und gegenüber diesem «Völkerbund» der gegnerischen Sippschaft wird es schon notwendig sein, daß sich eine Vereinigung von Menschen, die den verschiedenen Völkern angehören, hier bildet und vom Goetheanum aus hinauswirken kann.

Ein deutscher Student erzählt vom Lebensgefühl junger Menschen an den Hochschulen und der Möglichkeit, sie für die anthroposophische Sache zu gewinnen.Fritz Wullschleger: Ich möchte als Schweizer einfach mit ganz kurzen Worten sprechen. Es ist ja bei uns tatsächlich so, daß man als Lehrer selber eine ziemlich große Freiheit ausüben kann, zum Beispiel auf die Regierung, die kantonale wenigstens; aber auch auf die Behörden kann man einen ziemlich großen Einfluß ausüben. Wenn Sie in Ihrer Schule Änderungen einführen wollen, dann können Sie das verlangen, und es wird dem meistens entsprochen werden.

Nun, ich glaube, diese Hochschulkurse machen einen gewaltigen Eindruck in uns lebendig. Und unter diesem gewaltigen Eindruck können wir nun eben versuchen, zunächst einmal an unsere Kollegen in Konferenzen und so weiter heranzutreten und versuchen, ein Verständnis für die Befruchtung der Schule zu erwecken, wenigstens den Anfang damit zu machen, das Geistesleben frei zu gestalten. Ich habe im Frühjahr in Basel die Vorträge von Herrn Dr. Steiner gehört und - ich spreche als Lehrer - da habe ich bis jetzt den Eindruck gehabt, daß es unsere Aufgabe ist, unseren Unterricht möglichst umzugestalten in der Weise, wie es die Anthroposophie verlangt. Heißt das nun, daß wir also unsere gesamten Arbeitskräfte in unsere Schulen hineinverlegen sollen? Nein, wir sollen unserer Zeit und Kraft und Arbeit gerade auch nach aussen richten. Wir müssen versuchen, die Schweizer zu informieren, vielleicht mit Vorträgen; wir müssen versuchen, die Schweizer Lehrerzeitung und vor allem die Kantonslehrer-Zeitung zu gewinnen. Das könnte vielleicht ein Anfang sein, in dieser Richtung etwas zu bewirken.

Roman Boos: Wir danken Herrn Wullschleger für seine Ausführungen, und ich möchte mir gestatten, nur einige Worte an das Gesagte anzufügen. Die Lehrerzeitungen in der Schweiz haben ja in den letzten Jahren verschiedene Artikel und Berichte aus unseren Kreisen, auch die vorzüglichen Aufsätze im Erziehungsheft nachgedruckt. Aber in der Folge war die Arbeit nicht sehr intensiv; von den Schweizer Lehrern sind in diesen Kursen hier nicht viele anwesend. Denken Sie sich einmal, es würde da in der Einladung darunterstehen: «Kantonale Erziehungsdirektion» - meinen Sie dann nicht, der Saal hier wäre voll geworden? Das sind so die kleinen Kriterien, woran man sieht, ob das Geistesleben in der Lehrerschaft bei uns in der Schweiz wirklich frei entfaltet ist.

Vor 1 1/2 Jahren etwa, da wurden einmal eingeladen von der kantonalen Erziehungsdirektion die Lehrer von Basel-Stadt, und die Vorträge über Erziehungsfragen wurden geradezu begeistert aufgenommen; eine Reihe Schulleute haben sich sehr begeistert darüber ausgesprochen. Im Anschluß daran wurde vom Goetheanum aus ein Kurs - nicht von der Erziehungsdirektion aus - ein Kurs eingerichtet, aber da waren schon erheblich weniger Leute dabei, als bei jenem auf Einladung der Erziehungsdirektion veranstalteten Kurs. Und das, was heute aus diesen Kursen herausgewachsen ist, ist sozusagen nichts. Einzelne Lehrer mögen ja sehr Großes und Wertvolles aus dem Kurs mitgenommen haben; aber in sozialer Beziehung ist so gut wie nichts geschehen. Warum? Weil nichts geschehen kann! Weil die Menschen überall durch den Staat gebunden sind. Wie der Kommilitone sagt: Jeden Boden können wir gewinnen, aber nicht den Staatsboden. Das zeigt sich mehr oder weniger deutlich auch in der Schweiz; denn wenn es hier nicht auch der Fall wäre, so würden wir intensiver vorwärtskommen. Vor längerer Zeit war einmal ein Vortrag in St. Gallen; da kam denn auch ein solcher Schweizer Lehrer, der sagte: Bei uns in der Schweiz ist es ganz anders; wir haben nicht diese Untertänigkeit gegenüber den Behörden. Wir sind nicht an die Zensuren und behördlichen Verordnungen gewöhnt worden und so weiter. - Und als man ihn darauf aufmerksam machen mußte, daß dies doch nicht ganz stimme, da meinte der Mann: Ja, da ist ein großer Unterschied, wir haben es nämlich freiwillig getan!

Friedrich Husemann spricht über das ärztliche Bildungswesen in Deutschland.

Roman Boos: Um der ganzen geistigen Bewegung die nötige ökonomische Unterlage zu geben, sind die beiden Aktiengesellschaften in Dornach und in Stuttgart, die «Futurum AG» und die «Der Kommende Tag AG», gegründet worden. Es lag die Absicht vor, heute Abend auch über diese beiden Unternehmen noch weiteres auszuführen und Gelegenheit zur Fragestellung zu geben. Aber ich denke, es wird nun wohl zu spät sein, um noch darauf einzugehen. Prospekte von Futurum liegen in deutscher, französischer und englischer Sprache auf, so daß Sie alle die Möglichkeit haben, durch Zeichnung von Aktien die Dinge in der Weise zu unterstützen, wie es angedeutet worden ist. Man kann auch in der Futurum A. G., bei Herrn Ith, vorsprechen, der einem noch persönlich alle nötigen Aufschlüsse geben kann. Es ist eben in der heutigen Zeit durchaus notwendig, daß wir diese Wirtschaftsunternehmungen mit allen Kräften, die uns zur Verfügung stehen, unterstützen, um sie vorwärtszubringen.

Die Zeit ist schon sehr vorgeschritten, so daß auch über die anderen Fragen, die etwa noch ausstehen, nicht mehr sehr viel debattiert werden kann. Vielleicht hat noch jemand etwas Wesentliches beizutragen? Ich möchte nun Herrn Dr. Steiner das Wort für die Schlußbetrachtung erteilen.

Rudolf Steiner: Ich möchte Sie nicht mehr lange aufhalten, sondern nur ein paar Bemerkungen machen, zunächst in Anknüpfung an dasjenige, was unser Freund van Leer hier vorgeschlagen hat, was gewiß recht anerkennenswert ist beziehungsweise sein wird, wenn es zu dem versprochenen Ziele führen wird. Ich möchte nur bemerken, daß es eine bedenkliche Grundlage wäre, wenn die Sache auf demselben Untergrunde aufgebaut würde wie der «Bund», auf den [von Herrn van Leer] hingewiesen worden ist. Dazumal ist nämlich allerdings mit einem gewissen Eifer so gearbeitet worden, wie Herr van Leer es ungefähr heute skizziert hat: Man hat sich in kleinen Komitees zusammengesetzt, hat alles mögliche beraten, was man tun soll und so weiter - aber dann fiel ein Satz bei Herrn van Leer, der selbstverständlich zunächst ein kleiner Irrtum ist, der aber, wenn er fortwirken würde, einen großen Irrtum hervorbringen könnte. Es wurde nämlich gesagt, aus dieser Arbeit, die dazumal in jener Nacht so rastlos verübt worden ist, sei dann die Anthroposophische Gesellschaft hervorgegangen. - Nein, davon kann gar nicht die Rede sein: aus jener Nacht und aus jener Bundesbegründung ist nämlich gar nichts hervorgegangen! Vor diesem Schicksal möchte ich die [heute] beabsichtigte «rastlose Arbeit dieser Nacht» doch bewahrt wissen. Es wurde zwar dazumal viel geredet, was zu tun sei, aber geworden ist gar nichts daraus. Und der Irrtum, der entstehen könnte, beruht darauf, daß man meinen könnte, es müsse nun etwas getan werden in der Richtung wie das, auf was mit jenem «Bunde» hingedeutet wurde. Das, was dazumal getan worden ist, war, daß diejenigen, die in unserer anthroposophischen Arbeit schon drinnengestanden haben, die also schon bei uns waren, daß die - ganz abgesondert von dieser Bundesgründung - die Anthroposophische Gesellschaft gegründet haben, die sich dann weiterentwickelt hat, während der «Bund» aus einem sanften Schlaf allmählich in den sozialen Tod, sagen wir, übergegangen ist. Also, es wäre ein kleiner Irrtum! Und es muß dies schon durchaus hervorgehoben werden, damit nicht die Fehler jenes Nachtkomitees durch seine zweite Auflage etwa wiederholt werden. Das ist das eine.

Das andere, worauf ich hinweisen möchte und was Fräulein Vreede ja gesagt hat, ist, daß das, was etwa angestrebt werden sollte mit dem Weltschulverein, nun wirklich auf eine breite Basis gestellt und schon mit einem gewissen Mute und mit einem umfassenden Blick von vornherein in Angriff genommen werden müßte. Es ist ganz richtig von unserem Freund van Leer hervorgehoben worden, daß dasjenige, was in bezug auf freies Geistesleben im Zusammenhange mit der Dreigliederung des sozialen Organismus zu vertreten ist, daß das für die verschiedensten Gebiete in verschiedenster Weise behandelt werden muß. Allein, das muß dann auch wirklich so geschehen, daß die Behandlungsweise für die betreffenden Territorien wirklichkeitsgemäß passe auf diese Territorien. Ich selber werde immer darauf hinweisen, daß zum Beispiel für England es notwendig sein wird, die Dinge in der Art vorzutragen, die eben gerade auf die englischen Zivilisationsverhältnisse paßt. Allein, man darf nicht übersehen, daß man gründlich durchschauen muß, was Einbildung ist gegenüber den großen Menschheitsfragen in der Gegenwart und was Wirklichkeit ist. Man darf also nicht etwa die Sache so vertreten, daß man den Glauben hervorruft, daß das englische Geistesleben freier ist als das andere. Und Sie werden sehen, wenn Sie wirklich die «Kernpunkte» durchgehen, daß da ja weniger Wert auf das negative Moment - Befreiung des Geisteslebens vom Staate -, daß viel weniger darauf Wert gelegt wird als auf die Begründung eines freien Geisteslebens überhaupt. Und da wird es immer ein gutes Wort bleiben: daß es auf den Menschen ankommt, daß es wirklich darauf ankommt, aus welchen geistigen Grundlagen der Mensch hervorgeht, welche geistigen Grundlagen zu seiner Bildung geschaffen werden. Nicht so sehr handelt es sich darum, daß man das negative Moment betont, sondern das positive ist zu betonen. Und ich brauche ja nur das zu sagen: Wenn formal das Geistesleben befreit würde von dem staatlichen Zwange und alles bliebe sonst im übrigen beim alten, so würde die Befreiung vom Staate nicht sonderlich viel nützen können.

Es handelt sich darum, daß positiver Geist, so wie er hier in dieser Woche vertreten sein wollte, wie versucht wurde, ihn zu vertreten, daß dieser freie Geist in das Geistesleben international hineingebracht werde. Und dann werden sich die Dinge ergeben, wie sie sich ergeben sollen. Es handelt sich wirklich zum Beispiel bei der Waldorfschule nicht allein darum, daß sie eine wirklich freie Schule ist, daß sie nicht einmal einen Direktor hat, sondern daß das Lehrerkollegium eine wirklich repräsentative Gemeinschaft ist. Es handelt sich nicht darum, daß alle Maßnahmen so getroffen werden, daß «nichts anderes» spricht als dasjenige, was aus dem Lehrerkollegium selber hervorgeht, daß man also hier wirklich «eine unabhängige Geistesgemeinschaft» hat, sondern es handelt sich auch darum, daß in allen Ländern dasjenige Geistesleben fehlt, von dem hier die ganze Woche gesprochen worden ist. Und wenn man irgendwo betonen hört, «daß ja das Geistesleben hierzulande frei ist» - ich meine jetzt nicht die Schweiz, ich spreche von England -, so ist das eben die andere Frage. Und dieses Positive vor allen Dingen ist es, auf das es ankommt. Da muß dann hervorgehoben werden: Das wird es natürlich nur geben, wenn man versucht, tatsächlich auf die konkreten Verhältnisse in den einzelnen Ländern und Territorien einzugehen.

Aber man muß Herz und Sinn haben für das, was das unfreie Geistesleben zuletzt in unserer Zeit gemacht hat. Nicht etwa, um auf das, was gestern hier vorgebracht worden ist, einzugehen, sondern um zu zeigen, welche Blüten menschlicher Denkungsart sowohl in intellektueller wie in moralischer wie in gemütlicher Beziehung unser gegenwärtiges Geistesleben zutagefördert, möchte ich Ihnen einen Satz vorlesen. Ich möchte Sie nicht lange aufhalten und nicht von dem Standpunkt, von dem aus gestern hier eine böse Bekämpfung der Anthroposophie und der Dreigliederung auseinandergesetzt worden ist, will ich wieder sprechen; aber ich möchte doch aus jener Broschüre, über die gestern hier gesprochen werden mußte, einen Satz vorlesen. Herr General von Gleich schreibt über mich: «Als fast Vierzigjähriger wurde Herr Steiner um die Jahrhundertwende, die auch in der übersinnlichen Welt der Anthroposophie einen Einschnitt bildet, durch Winters Vorträge über Mystik allmählich zur Theosophie hinübergeführt.» Nun können Sie fragen, wer dieser «Herr Winter» ist, den hier der Herr von Gleich anführt als denjenigen, durch dessen Vorträge ich in Berlin zur Anthroposophie «bekehrt» worden sei. Man kann nur folgende Hypothese aufstellen: Es gibt in der Vorrede zu jenen Vorträgen, die ich in Berlin im Winter 1900/1901 gehalten habe, einen Satz, worinnen ich sage: «Was ich in dieser Schrift darstelle, bildete vorher den Inhalt von Vorträgen, die ich im verflossenen Winter in der Theosophischen Bibliothek zu Berlin gehalten habe.» Aus diesem «Winter», in dem ich meine Vorträge gehalten habe, wurde jener «Herr Winter», welcher im Jahre 1901/1902 mich zur Theosophie bekehrt habe. Sehen Sie, ich will nicht den Ausdruck gebrauchen, der anwendbar ist auf die intellektualistische Verfassung eines Menschen, der jetzt damit zur Führerschaft der Gegner der anthroposophischen Bewegung berufen ist, ich will den Ausdruck nicht gebrauchen; aber Sie werden ihn ja wohl hinlänglich gebrauchen können. Zu solchen Blüten menschlicher Geistestätigkeit führt [heute] das Geistesleben, durch das man hindurchgehen konnte in der Gegenwart bis zu jener Stufe, wo man ein Generalmajor werden konnte.

Also man muß schon die Sache aus einer etwas größeren Tiefe heraus ins Auge fassen. Dann wird man erst ein Herz und einen Sinn bekommen für dasjenige, was notwendig ist. Und nur weil eben das Geistesleben vor allen Dingen vom Schulwesen aus in Angriff genommen werden muß, deshalb wäre es so wünschenswert, daß dieser Weltschulverein begründet werden könnte, der gar nicht so schwer zu begründen wäre, wenn der Wille für ihn vorhanden ist. Er muß aber nicht ein kleineres oder größeres Komitee sein, sondern er muß so begründet werden, daß seine Mitgliederschaft unübersehbar ist. Erst dann hat er einen Wert. Er darf - ich will dazu keine Ratschläge geben, denn das, was ich darüber zu sagen habe, habe ich hinlänglich gesagt -, er darf selbstverständlich einem einzelnen überhaupt gar keine besonderen Opfer auferlegen. Er muß da sein, um Stimmung zu machen für dasjenige, wofür heute Stimmung so dringend notwendig ist! - Das ist etwas von dem, was ich noch anknüpfen mußte an dasjenige, was heute zutagegetreten ist.

Zum Schluß muß ich etwas sagen, was ich lieber nicht sagen würde, was ich aber eben doch sagen muß, da es sonst heute Abend gar nicht berührt worden ist und es vielleicht für die nächsten Tage, weil da ja schon wahrscheinlich Abreiseschmerzen kommen, vielleicht zu spät sein könnte. Ich muß schon selber auf die Sache hinweisen. Es handelt sich darum, daß es ja eine volle Selbstverständlichkeit ist, daß für alles, wovon heute gesprochen worden ist, gewirkt werde. Allein dieses Wirken hat nur einen Sinn, wenn wir das Goetheanum, wie es hier steht, erhalten können und vor allen Dingen zu Ende führen können.

Nun, wenn es noch so gut geht mit «Futurum AG» und noch so gut geht mit dem «Kommenden Tag» - irgendwelche ökonomische Stützen für dieses Goetheanum werden diese noch lange nicht sein, ganz gewiß nicht sein. Und die größte Sorge - trotz allen anderen Sorgen, die heute auf mir lasten, gestatten Sie, daß ich einmal persönlich spreche -, die größte Sorge ist diese: daß in nicht gar zu ferner Zeit es der Fall sein könnte, daß wir keine ökonomischen Zuflüsse für dieses Goetheanum haben könnten. Und deshalb ist es vor allen Dingen auch notwendig zu betonen, daß ein jeglicher dafür wirke, daß ein jeglicher, der irgend etwas beitragen kann dazu, daß dieser Bau seine Vollendung finden kann, das tun möge! Das ist es, was vor allen Dingen notwendig ist: daß wir durch die Freunde unserer Sache in die Lage versetzt werden, dieses Goetheanum erhalten zu können, dieses Goetheanum vor allen Dingen zu Ende bauen zu können. Und das ist, wie gesagt, meine große Sorge. Ich muß es hier aussprechen, denn schließlich, was würde es helfen, wenn wir noch so viel Propaganda machen könnten und wir dieses Goetheanum vielleicht von heute ab in drei Monaten zusperren müßten ? Das gehört auch zu den sozialen Sorgen, die schon meiner Meinung nach zusammenhängen mit dem allgemeinen sozialen Leben der Gegenwart. Und diese Sorge mußte ich betonen, weil wirklich die ihr zugrundeliegenden Tatsachen nicht vergessen werden sollten; nur das macht es möglich, die Bewegung, die von diesem Goetheanum ausgeht, zu kräftigen.

Wir sehen ja, aus welchen intellektuellen Grundlagen heraus diejenigen kämpfen, die gerade jetzt gegen uns ihre Posten beziehen. Das wird ein Anfang sein. Man muß wachsam sein, sehr wachsam sein, denn diese Leute sind geschickte Leute. Die wissen sich zu organisieren. Was in Stuttgart geschehen ist, ist ein Anfang, ist als ein Anfang beabsichtigt. Und nur dann wird man gegen sie aufkommen, wenn man einen solchen Idealismus entfacht - ich möchte es auch diesmal wiederum sagen -, der nicht sagt: Oh, die Ideale sind so furchtbar hoch, sie sind so erhaben, und meine Tasche ist etwas so Geringes, da greife ich nicht hinein, wenn es sich um die erhabenen Ideale handelt. - Da muß es doch gesagt werden: Der Idealismus erst ist der wahre, der auch einmal für die Ideale in die Taschen greift !