Sozialer Warenbegriff entsteht erst durch assoziatives Urteil

Quelle: GA 322, S. 088-089, 5. Ausgabe 1981, 02.10.1920, Dornach

Und dasjenige, was lebt in der Ware, ist der komplizierteste Begriff, der zunächst gefaßt werden kann. Denn kein einzelner Mensch reicht hin, um die Ware in ihrer Wirklichkeit im Leben zu erfassen. Will man Ware überhaupt definieren, dann weiß man nicht, was Erkenntnis ist. Ware kann man nicht definieren, denn definieren oder in Begriffe fassen kann man in diesem Zusammenhang nur dasjenige, was einen Menschen allein angeht, was ein Mensch allein mit seiner Seele umfassen kann. Ware aber lebt immer in dem Wechselverkehr zwischen mehreren Menschen und mehreren Menschentypen. Ware lebt im Wechselverkehr zwischen Produzenten, Konsumenten und demjenigen, der zwischen beiden vermittelt. Mit den armseligen Begriffen von Tausch und Kauf, die man ausgebildet hat unter einer Wissenschaft, die die Grenzen des Naturerkennens nicht richtig sieht, mit diesen armseligen Begriffen wird man niemals die Ware erfassen. Die Ware, das Arbeitsprodukt, es lebt zwischen mehreren Menschen, und wenn der einzelne Mensch es unterfängt, die Ware zu erkennen als solche, dann ist das falsch. Die Ware muß in ihrer sozialen Funktion von der zusammenorganisierten Mehrheit von Menschen, von der Assoziation erfaßt werden. Sie muß von der Assoziation ergriffen werden, sie muß in der Assoziation leben. Erst wenn sich Assoziationen bilden, welche in sich verarbeiten dasjenige, was von den Produzenten, den Handelnden, den Konsumierenden ausgeht, erst dann wird, jetzt nicht vom einzelnen Menschen aus, sondern durch die Assoziation, durch die Arbeiterassoziationen, derjenige soziale Begriff entstehen, der als der Begriff der Ware in der Menschengruppe leben muß für ein gesundes Wirtschaftsleben.